Die Tote im Badehaus
tsuya berichten zu lassen, und ich fragte sofort, ob es etwas Neues von Hugh gebe.
»Es geht voran. Als ich dort war, hat der britische Konsul dem Gefängnis einen Besuch abgestattet, um sich davon zu überzeugen, daß er ordentlich untergebracht ist. Wir hatten Gelegenheit, uns zu unterhalten.«
»Glauben Sie, sie lassen ihn frei? Die Zweitagesfrist ist heute abgelaufen.«
»Der Polizeichef von Shiroyama läßt ihn noch nicht frei. Es gibt eine Lücke im Gesetz, auf die er sich beruft, während er noch nach Beweisen sucht.«
»Kann der Konsul nichts machen?«
»Das britische Konsulat kann nicht an die Stelle der japanischen Polizei treten. Übrigens, weshalb halten Sie eigentlich das Adreßbuch zurück? Miss Yasui hätte es innerhalb weniger Stunden übersetzen können.«
»Ich brauche es für meine Recherchen«, sagte ich, obwohl ich bis jetzt erst die Hälfte der Namen entziffert hatte.
»Wenn Sie wollen, daß ich es zurückgebe, dann lassen Sie das bitte von Hugh bestätigen. Vorher gebe ich es nicht heraus.«
»Ich dachte, ich hätte Ihnen gesagt, daß er nicht telefonieren darf. Nur eine Diskette hat er mir gegeben, mit Nachrichten an halb Tokio. Ein riesiger Berg Arbeit für mich.«
»Ist auch eine Nachricht für mich dabei?«
»Ja«, sagte er mürrisch. »Ich faxe sie Ihnen.«
»Wann?« Ich konnte es gar nicht fassen, daß er nicht schon längst damit herausgerückt war.
»Vielleicht heute nachmittag.«
»Hören Sie, ich habe nur bei Nichiyu ein Fax zur Verfügung. Wenn Sie die Nachricht zu einer vereinbarten Zeit abschicken könnten, würde ich sie bekommen, ohne daß es jemand bemerkt. Wie wäre es um fünf Minuten nach drei?«
»Drei Uhr fünf, ist gut, Miss Shimura, und vergessen Sie bitte nicht, mir bald das Adreßbuch zu bringen.«
Mrs. Bun sah mir zu, wie ich zum Fax rannte, als es vier Minuten nach drei plötzlich zu stottern anfing. Es war nur ein Bericht für Mr. Katoh.
»Reis Arzt schickt ihr das Untersuchungsergebnis, und sie hat Angst, wir stecken unsere Nasen hinein«, log Richard. Ich wurde rot, was seine Notlüge nur glaubwürdiger machte. Um 3:08 ging das Gerät wieder los und spuckte ein Deckblatt mit Mr. Otas Briefkopf aus. Eine zweite Seite mit undeutlicher Maschinenschrift folgte. Ich drückte sie fest an die Brust und floh aus dem Zimmer. Richard folgte mir auf den Fersen.
»Ach komm schon, Rei. Ich habe doch auch damit zu tun!«
»Tut mir leid, Kleiner.« Ich schlug ihm die Tür der Damentoilette vor der Nase zu, setzte mich auf den angeknacksten Vinylstuhl neben dem Waschtisch und las. Die Nachricht war feinsäuberlich in ein Mitteilungsformular getippt worden, adressiert An Rei Shimura, von HG, betr. die Inhaftierung. Ich lächelte kurz, doch dann las ich schnell weiter.
Gesund und munter in einem ungeheizten Gefängnis ohne das Privileg, ein Telefon benutzen zu dürfen, und das ist noch zurückhaltend ausgedrückt. Aus Sicherheitsgründen kann ich die Grundlagen meiner Verteidigung hier nicht erläutern, aber Mr. Ota und ich arbeiten beide hart. Ich bin mir nicht sicher, ob die Antwort auf Setsukos Tod hier oder in Tokio liegt, und deshalb habe ich dich um Hilfe gebeten.
Alle, die mit Dir gesprochen haben, sagen mir, daß Du den Anruf bei der Polizei bereust. Am Anfang war ich ziemlich verärgert; ich müßte lügen, wenn ich das nicht zugeben würde. Aber ich habe inzwischen viel nachgedacht und bin zu dem Schluß gekommen, daß du das ohne böse Absicht getan hast. Ich hoffe, Mr. Ota hat Dir mitgeteilt, wie ich darüber denke und daß ich dankbar bin für alles, was Du tun kannst. Du bist eine Frau mit beträchtlichen Fähigkeiten. Trotzdem bitte ich Dich, alles was Du herausfindest, einzig meinem Rechtsanwalt mitzuteilen, der die Nachrichten wiederum an mich weitergibt.
Das war nicht die Art, wie er sonst redete, diese bevormundende, gefühllose Aneinanderreihung von Anweisungen. Trotzdem hatte ich keinen Zweifel daran, daß er das geschrieben hatte. Ich las es noch ein paarmal durch und ging dann langsam hinaus in den Gang, wo Richard wartete. Ohne weiteren Kommentar reichte ich ihm den Brief.
»Er klingt schwerfällig. Wie ein alter Mann«, befand Richard.
»Wahrscheinlich lernt man als Anwalt, so zu schreiben.« Merkwürdigerweise ärgerte ich mich über seine Kritik. Vielleicht hatte Richard recht; das war ganz sicher kein Brief, den man jemandem schreiben würde, an dem man ein romantisches Interesse hatte.
»Mmm, ich weiß nicht. Er
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