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Die Tote im Badehaus

Die Tote im Badehaus

Titel: Die Tote im Badehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata Massey
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Vielleicht hatte es etwas mit ihrem geheimen Baby zu tun. Grübelnd fuhr ich mit der Rolltreppe hinauf ins Land von Baby-Moschino und ging auf zwei Verkäuferinnen zu, die gerade die kleinsten Pullover zusammenlegten, die ich je gesehen hatte.
    »Arbeitet hier jemand namens Yokoyama?« Ohne viel Hoffnung sah ich die beiden an.
    »Mein Name ist Yokoyama. Womit kann ich dienen?« Die kleinere von beiden mit dem ordentlichen Zopf lächelte mich mit leicht vorstehenden Zähnen an. Sie war definitiv zu wenig extravagant, um eine Freundin von Setsuko gewesen zu sein.
    »Ich suche etwas … ein hübsches Sweatshirt.« Ich hoffte, sie von ihrer Kollegin weg auf die andere Seite der Abteilung locken zu können. »Etwas für ein älteres Mädchen.«
    »Wissen Sie die Größe?« Miss Yokoyama führte mich zwischen die Regale mit rosafarbenen und roten Sachen.
    »Ich bin eigentlich gekommen, um Sie etwas über Setsuko Nakamura zu fragen. Sie wissen vielleicht nicht, daß sie verstorben ist?«
    »Oh, doch. Es war tragisch.« Miss Yokoyama blickte über die Schulter zu der anderen Verkäuferin, dann wandte sie sich wieder mir zu. »Waren Sie auf der tsuya? Was hatte sie an?«
    »Der Sarg war geschlossen, wegen der Obduktion.« Ihre Frage überraschte mich, bis mir einfiel, daß Kleider verkaufen ja ihr Beruf war. »Ich habe ein paar Fragen wegen ihrer Einkaufsgewohnheiten. Ich regle die Finanzen der Familie.«
    »Oh?« Miss Yokoyama sog Luft zwischen den Zähnen ein. »Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz.«
    »Sie haben sie bedient, wenn sie hierherkam, nicht wahr? Ich weiß, daß sie immer viel ausgegeben hat.«
    »Darüber weiß ich nichts.« Miss Yokoyama antwortete bereits, bevor ich fertiggesprochen hatte.
    »Das wird vertraulich behandelt, also machen Sie sich bitte keine Sorgen.« Ich nahm ein Sweatshirt in die Hand und staunte darüber, was ein Kleidungsstück aus hundert Prozent Acryl kostete. Antike Seidenkimonos wurden auf den Schreinflohmärkten für weniger verkauft.
    »Es tut mir leid, aber ich glaube wirklich nicht, daß ich Ihnen weiterhelfen kann.«
    »Können wir uns vielleicht in der Damentoilette oder so treffen?«
    »Vor ein Uhr haben wir keine Pause.«
    »Ich warte auf Sie!«
    »Wollen Sie etwas von mir kaufen?« fragte sie plötzlich. »Wenn jemand fragt, was wir beide so lange gemacht haben, kann ich sagen, Sie konnten sich nicht entscheiden.«
    »Okay.« Meine Visakartenrechnung würde diesen Monat horrend ausfallen, aber sei’s drum.
    »Kaufen Sie ein T-Shirt«, riet sie mir. »Das ist billiger, und ich denke, ich kann etwas finden, das Ihnen paßt. Sie sind klein genug.«
    »Was soll das heißen?« So flach war ich nun auch wieder nicht.
    »Das ist modisch! Ganz, ganz winzige T-Shirts betonen die Brust. Sie sind doch Ausländerin, nicht?« Miss Yokoyama winkte mir, ihr in die Teenagerabteilung zu folgen. »Kein Wunder, daß Setsuko-san mit Ihnen befreundet war. Sie mochte Ausländer.«
    »Haben Sie Mr. Glendinning kennengelernt?«
    Sie nickte und errötete leicht.
    »Was haben sie gekauft?« fragte ich.
    »Ach, alles mögliche. Ein Kleid, wenn sie auf eine Gesellschaft mußte. Spanische Porzellanfiguren. Sie mochte auch englisches Geschirr.«
    »Aber das verstehe ich nicht. Wenn Sie nur Kinderkleidung verkaufen …«
    »Ich war vorher bei der Kundenbetreuung.«
    »Ach so. Das hat Mariko nicht gesagt.«
    »Sie kennen Mariko-san?« Miss Yokoyama lächelte kurz. »Dieses verrückte Mädchen. So anders als Setsuko-san.«
    »Hat Setsuko Nakamura versucht, ihr Chanel schmackhaft zu machen?«
    »Oh, ja. Aber Mariko-san wollte immer lieber bodikon, Sie wissen schon, Kleider, die so eng sitzen wie Handschuhe.«
    »Und wer hat gewonnen?« Ich schüttelte den Kopf, als sie mir eine Elle T-Shirt entgegenhielt.
    »Mariko-san.« Miss Yokoyama zeigte beim Lächeln ihre Zähne. »Sie hat nie etwas zurückgegeben.«
    »Zurückgegeben?« Ich war verwirrt.
    »Setsuko-san hat es sich oft anders überlegt.« Ein Schleier schien sich über Miss Yokoyamas Gesicht zu legen.
    Setsuko hat es sich oft anders überlegt. Auch wenn man etwas mit Kreditkarte bezahlt hatte, bekam man in einem japanischen Kaufhaus üblicherweise Bargeld zurückerstattet. Setsuko hätte also mit der Rückgabe von Hughs Geschenken so etwas wie ein eigenes Einkommen haben können.
    »Ich muß wieder an die Arbeit. Nehmen Sie einfach das hier, das ist ein Sonderangebot.« Miss Yokoyama streckte mir ein weißes Top mit zwei sich küssenden Katzen darauf

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