Die Tote im Badehaus
entgegen. Es trug die Aufschrift: LOVE CATS FRIENDSHIP, QUALITY CLOTHING SINCE 1981 WE MAKE FOR YOU.
»Sie haben dafür gesorgt, daß sie alles zurückgeben konnte, was sie gekauft hat, nicht wahr?« Ich lächelte dabei, weil ich sie nicht einschüchtern wollte.
»Ich weiß schon, daß das keine gute Idee war, aber jetzt ist es vorbei. Bitte verraten Sie mich nicht.« Miss Yokoyama sah aus, als wäre sie am liebsten im Erdboden versunken. »Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß.« Mit dem T-Shirt und meiner Kreditkarte eilte sie zu der Kasse in der Nähe ihrer Kollegin. Als ich ein paar Minuten später nach unten ging, wurde mir klar, daß der Preis für die Information satte dreitausendzweihundert Yen plus Steuer betragen hatte. Aber ich konnte es ja zurückgeben. Genau wie Setsuko.
Taro und Yuki Ikeda standen als nächstes auf meiner Liste. Ich kam etwas verfrüht bei unserem Treffpunkt in Omotesandō an und beschloß, mich ein wenig umzusehen. Genau wie in Roppongi waren die Läden voller importierter Luxusgüter, die sich nur wohlhabende Japaner und Ausländer mit hohem Spesenkonto leisten konnten.
In der Tokyo Union Church wurde sonntags immer eine überkonfessionelle englischsprachige Messe gelesen. Ein silberhaariger Mann in langem Mantel und eine auffällige ältere Frau auf dem Weg in die Kirche erregten meine Aufmerksamkeit. Joe Roncolotta und Mrs. Chapman. Joe war bei dem Essen im Trader Vic’s einigermaßen höflich zu Mrs. Chapman gewesen. Deshalb war ich völlig verblüfft, daß die beiden sich verabredet hatten. Ich eilte auf sie zu.
Joe tat so, als müsse er zweimal hingucken, während Mrs. Chapman kicherte und eine Plastiktüte in die Höhe hielt. »Rei, Sie hätten heute morgen dabeisein sollen! Ganz in der Nähe war ein Antiquitätenflohmarkt.«
»Beim Togo-Schrein, ich weiß. Er ist großartig.«
»Die Polizei hat mich neulich mitten in der Nacht angerufen, Ihretwegen.« Joe sah mich prüfend an. »Wir sollten uns einmal darüber unterhalten. Was haben Sie jetzt vor?«
»Ich bin auf dem Weg zu Freunden. Taro und Yuki, Sie erinnern sich doch, Mrs. Chapman.« Ich hätte Yuki Ikeda, die so gerne andere verkuppelte, nichts mehr gegönnt, als Mrs. Chapmans Begleiter zu sehen.
»Kuchen ist absolut das letzte, was ich jetzt gebrauchen kann«, gurrte Mrs. Chapman. Sie war also auf Diät. Es war unglaublich, was die Liebe mit der Frau anstellte, die mir einmal erzählt hatte, daß alle Männer Mistkerle seien.
»Hätten Sie vielleicht Lust, morgen mitzukommen?« fragte Joe. »Ich wollte Marcelle nachmittags die Börse von Tokio zeigen, und anschließend gehen wir zu einer verfrühten Happy Hour in den TAC.«
Aus den Ausgangswinkeln heraus warf ich einen Blick auf Mrs. Chapman und sah, daß sie merkwürdig das Gesicht verzog. Wahrscheinlich signalisierte sie mir, ich solle ablehnen.
»Am Montag muß ich immer sehr lang unterrichten, tut mir leid«, sagte ich. »Ich möchte Sie natürlich wiedersehen, Sie beide. Wie lange bleiben Sie denn noch?«
»Ich stehe auf der Warteliste für einen Flug Ende der Woche. Es ist unglaublich, wie schlecht dieser Flughafen organisiert ist!«
»Rufen Sie mich an, wenn Sie noch einmal Schwierigkeiten mit der Fluggesellschaft bekommen sollten.« Solange mit Joe alles glattging, stellte sie ihre Abreisepläne wahrscheinlich sowieso hintan. »Sollten Sie nachmittags anrufen, wenn ich nicht da bin, geht vielleicht Mariko ans Telefon. Sie versteht Englisch, aber Sie müssen langsam sprechen.«
»Noch eine Mitbewohnerin? Herrje, ich dachte, Sie wohnen nur mit diesem warmen Bruder zusammen. Für mich war ja kein Platz dort, wissen Sie noch?« In ihrer Stimme lag ein gekränkter Unterton, und ich ärgerte mich, daß ich so unachtsam gewesen war.
»Es ist nur vorübergehend. Sie ist eine Freundin, die grade in Schwierigkeiten steckt und von zu Hause ausziehen mußte … Ich helfe ihr, etwas zu finden.«
»Das ist nett von Ihnen. Lassen Sie es mich wissen, wenn ich helfen kann – ist sie zweisprachig?« fragte Joe.
»Einigermaßen.« Leider war das, was Mariko zur Zeit von sich gab, hauptsächlich das obszöne Englisch, das Richard ihr beigebracht hatte. Das erwähnte ich aber nicht.
Etwa neun Minuten zu spät kam ich am Hanae-Mori-Building an. Yuki blickte schon suchend durch das Fenster und winkte, als ich auf sie zueilte.
»Es tut mir leid, daß Sie warten mußten«, keuchte ich. »Aber Sie erraten nie, wen ich getroffen habe.«
»Sie
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