Die Tote im Keller - Roman
glaube, dass wir fast eine Stunde lang dort standen. Jedenfalls etwas mehr als eine Dreiviertelstunde. Dann mussten wir fahren, weil es spät wurde. Wir hatten immer noch keinen endgültigen Beschluss gefasst. Wir haben beide Kinder. Ihre sind noch jünger als meine … es ist keine leichte Entscheidung, so etwas aufs Spiel zu setzen.«
Zum ersten Mal wich er Irene mit dem Blick aus. Er schaute aus dem Fenster, an dem die Regentropfen hinunterflossen. Dann schluckte er ein paarmal.
»Was ich sagen wollte, ist, dass die ganze Zeit, die wir im Auto saßen, ein anderer Wagen ein Stück weit von uns entfernt geparkt stand. Etwas näher am Schlagbaum.«
Und etwas näher am Erdkeller, dachte Irene.
»Saß in diesem Auto jemand?«
»Nein. Es war leer. Glaube ich. Es war schließlich sehr dunkel. Einige Straßenlaternen waren kaputt, aber mir fiel nichts auf, was darauf hingedeutet hätte, dass sich jemand in der Nähe befand.«
»Um was für eine Automarke handelte es sich denn?«
»Weiß nicht. Ich glaube, dass die Farbe recht hell war. Ein etwas größeres Modell, aber den Hersteller weiß ich nicht. Es parkte mit der Kühlerhaube in unserer Richtung. Wir standen ganz am Anfang der Abzweigung, vielleicht zwanzig Meter vom Schlagbaum entfernt.«
Martin Wallström schwieg und sah Irene fast trotzig an. Als er keine Anstalten machte weiterzuerzählen, fragte sie:
»Warum sind Sie nicht schon früher gekommen?«
Er rutschte verlegen auf dem Stuhl hin und her.
»Das liegt doch auf der Hand«, erwiderte er schroff.
»Nein. Erzählen Sie«, ermahnte ihn Irene freundlich.
»Wir hatten uns noch nicht entschlossen, wie unsere Zukunft aussehen sollte und… überhaupt alles. Aber jetzt hat meine Frau von der Sache mit uns erfahren. Von einer ihrer Freundinnen, die uns gesehen hat. Jetzt gibt es also kein Zurück
mehr. Wir lassen uns beide scheiden und versuchen uns ein neues gemeinsames Leben aufzubauen.«
»Ihnen muss aber doch klargewesen sein, dass diese Beobachtungen wichtig sind?«, sagte Irene.
»Ja. Aber aus den ebengenannten Gründen wollte ich nicht mit Ihnen reden. Es bestand das Risiko, dass unsere Ehepartner erfahren hätten … Sie verstehen schon.«
Irene beschloss, die Sache auf sich beruhen zu lassen, obwohl sie sich ärgerte, dass er sich nicht früher gemeldet hatte.
»Sie haben also niemanden in der Nähe dieses anderen Autos gesehen?«, fragte sie.
»Nein. Aber als wir den Delsjövägen entlangfuhren, hörten wir in der Ferne Sirenen eines Polizeiautos. Und zwar von der Stadt her. Wir konnten auch das Blaulicht sehen. Da wir uns nicht aufhalten lassen wollten, bogen wir in die Bögatan ein und fuhren über die Sankt Sigfridsgatan direkt nach Hause«, sagte Wallström.
Das Martinshorn, das sie gehört hatten, war wahrscheinlich das des Streifenwagens gewesen, der den gestohlenen BMW verfolgte. Wallström und seine Geliebte hatten den Unfall, bei dem Torleif Sandberg zu Tode gekommen war, nur um wenige Sekunden verpasst. Oder sie hatten ihn nicht bemerkt.
»Sie haben kein Auto gesehen, das den Delsjövägen in entgegengesetzter Richtung entlangfuhr? Ich meine das Fahrzeug, das von dem Streifenwagen verfolgt wurde«, sagte Irene.
»Nein. Ich habe mir darüber auch den Kopf zerbrochen, kann mich aber an kein entgegenkommendes Fahrzeug erinnern. Ich war natürlich sehr erregt … wir hatten schließlich ungemein wichtige Fragen besprochen … wahrscheinlich war ich nicht besonders aufmerksam. Mein einziger Gedanke, als ich das Blaulicht sah und die Sirenen hörte, war, dass ich nicht in irgendeinen Unfallstau geraten wollte. Wir wollten nach Hause, ehe es zu spät wurde.«
Irene nickte.
»Ich müsste auch mit Ihrer Begleiterin sprechen«, sagte sie.
Sein Blick wanderte wieder Richtung Fenster.
»Das ist nicht so leicht. Ihr Mann ist … vollkommen außer sich. Sie ist zu ihren Eltern gezogen. Vorübergehend. Bis wir in das neue Haus einziehen können, das ich gekauft habe. Die Kinder wohnen noch bei ihm, aber das ist vermutlich nicht so gut …«
Er verstummte gequält.
»Hat sie auch einen Namen?«
Das klang unhöflicher, als es Irene beabsichtigt hatte.
»Bitte? Wer? Ach so … natürlich. Marika. Marika Lager.«
Er zog eine Visitenkarte aus der Tasche und schrieb rasch etwas auf die Rückseite. Dann reichte er Irene die Karte.
»Das ist ihre Handynummer. Im Augenblick ist sie krankgeschrieben. Meine Nummer steht auf der Visitenkarte. Am einfachsten erreichen Sie mich auf dem
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