Die Tote im Keller - Roman
begonnen. Es lag kein Schnee.«
Dass sich der geizige Kruska-Toto ein so teures Handy geleistet hatte. Irene betrachtete das praktische kleine Telefon, das angenehm in der Hand lag. Sie klappte seinen Deckel auf und bewunderte das gelungene Design. Es war wirklich an der Zeit, dass sie ihren eigenen Ziegelstein ersetzte. Warum nicht durch so ein schmuckes Handy mit eingebauter Kamera?
»Ich dachte, es könnte dich interessieren, was für Fotos gespeichert sind«, sagte Svante, als könnte er ihre Gedanken lesen.
»Weißt du, wie man das macht? Kann man nicht einfach das Handy an einen Computer anschließen …«
»Ich bin Chemiker und habe von Computern keine Ahnung. Das hier ist eines der neuesten Modelle. Das Einfachste wäre gewesen, den Fotochip, oder wie die Dinger heißen, rauszunehmen. Aber ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie man das macht oder ob das bei so einem Handy überhaupt möglich ist. Kennst du dich da aus?«
»Ich habe nicht den leisesten Schimmer.«
Svante lächelte sie erleichtert an, froh, nicht der Einzige zu sein, der moderner Technik ratlos gegenüberstand.
»Den Memorychip aus einer Digitalkamera zu nehmen ist kein Problem. Aber wie das bei diesem Telefon funktioniert … ich habe Angst, dass ich was kaputtmache. Und Jens, der so was kann, ist diese Woche im Fjäll. Er kommt Montag wieder. Ich
lade den Akku erst mal auf. Dann können wir die gespeicherten Fotos vielleicht so anschauen. Aber ich muss erst ein Ladegerät besorgen. Die neuen Handys haben andere Ladegeräte. Das schaffe ich bis morgen«, sagte Svante.
Typisch, dass das Computergenie gerade diese Woche im Urlaub sein musste. Er sah aus wie ein sechzehnjähriger Skateboardfahrer, wenn er die Korridore entlangschlurfte, war aber fast schon dreißig. Was Bildbearbeitung am Computer anging, besaß er die Fähigkeiten eines Zauberkünstlers. Ihm war es zu verdanken gewesen, dass sie einen schwierigen Fall gelöst hatten, bei dem die einzigen Spuren ein paar Fotos von großen Bränden gewesen waren. Die Menschen darauf waren nur als schwarze Silhouetten vor den Flammen zu erkennen gewesen. Ihm war es aber gelungen, ihre Gesichtszüge und andere wichtige Details sichtbar zu machen. Das wäre ohne seine Spezialbearbeitung der Fotos unmöglich gewesen.
»Was ergab die Auswertung von Torleifs SIM-Karte?«, fragte Irene neugierig.
»Es war nur eine Nummer gespeichert, und zwar die seines Kundenberaters bei der Bank. Tätigte Torleif so komplizierte Geschäfte, dass er einen persönlichen Kundenberater brauchte?«
»Ja … er hatte sich ein Haus in Thailand gekauft, hatte jahrelang Geld dafür gespart. Seinen Sohn hat das total überrascht. Er hatte keine Ahnung davon. Ein richtig schickes Haus mit Pool und allem Drum und Dran.«
»Was du nicht sagst. Und nicht mal sein Sohn wusste davon? «
Irene wollte nicht weitertragen, was ihr Stefan Sandberg über das Verhältnis zu seinem Vater erzählt hatte.
»Torleif und er hatten in den letzten Jahren nicht sonderlich viel Kontakt. Er ist Arzt in Norrland«, antwortete sie.
Es gelang ihr, den Anschein zu erwecken, als sei der Sohn Arzt bei den Lappen nördlich des Polarkreises, dort wo man sich nur noch mit dem Rentierschlitten fortbewegen konnte. Weder Telefon noch Internet hatten diesen letzten Vorposten der Zivilisation erreicht.
Es sah aus, als würde sich Svante mit dieser Erklärung zufriedengeben, jedenfalls ließ er das Thema auf sich beruhen.
»Willst du einen Kaffee?«, fragte er.
»Nein danke, ich muss an meinen Schreibtisch zurück.«
Der Kaffee der Spurensicherung war der schlechteste im ganzen Präsidium, zumindest wenn Svante ihn kochte.
»Okay. Dann rufe ich dich an, wenn wir die Fotos anschauen können«, sagte er lächelnd.
Eine bleiche Februarsonne hing über der Stadt und verschwand nur gelegentlich hinter ein paar dünnen Wolkenschleiern. Die Menschen auf den Straßen blinzelten wie eben erwachte Murmeltiere ins ungewohnte Licht. Sie ließen sich jedoch nicht täuschen, vor dem Frühling würde noch einiges an Niederschlägen in Form von Schnee und Regen herunterkommen. Aber die Sonne ließ darauf hoffen, dass es auch dieses Jahr wieder einen Frühling geben würde. Dieser Winter war ungewöhnlich trostlos gewesen. Es windete immer noch stark und böig, aber das war gut so, denn dann trocknete das Schmelzwasser auf den Straßen schneller. Die Erde war immer noch gefroren und konnte kein Wasser aufnehmen.
Irene stapfte energisch durch den Schneematsch
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