Die Tote im Keller - Roman
nichts auf ein Verbrechen schließen. Die Obduktion muss nähere Aufschlüsse darüber liefern. Aber bis dahin werden wohl einige Tage verstreichen. «
»Bestimmt. In der Gerichtsmedizin herrscht ja übelste Personalknappheit«, schnaubte Andersson verächtlich.
Er trommelte mit den Fingern ein schnelles Solo auf die Tischplatte und schob die Unterlippe vor. Was darauf schließen ließ, dass er nachdachte. Schließlich meinte er:
»Fredrik soll alle älteren Männer überprüfen, die letztes Jahr hier in der Gegend vermisst gemeldet wurden. Im Übrigen lassen wir über die Leiche in Brudaremossen nichts verlauten, bis wir Näheres von der Gerichtsmedizin wissen. Außerdem kann ich noch berichten, dass die Befragungen in der Nachbarschaft in den Häusern in der Töpelsgatan bisher nichts ergeben haben.«
Er rieb sich energisch die Hände und wandte sich dann an Birgitta:
»Neuigkeiten, was dieses Mädchen betrifft?«, fragte er.
»Eigentlich nicht. Ich habe die Kollegen in Norwegen, Dänemark und Finnland verständigt. Es gibt keine Vermisstenmeldungen von Mädchen dieses Alters und mit dieser Beschreibung. Ich will mich heute mit Linda Holm vom Dezernat für Menschenhandel unterhalten.«
»Ach! Blondie. Das ist doch die, die zu begabt für uns war und die sie gleich zur Chefin einer eigenen Abteilung machen mussten!«, sagte Jonny und lachte vielsagend.
»Wie meinst du das, zur Chefin machen mussten?«, fragte Birgitta.
»Als sie Blondie damals mit einem Ermittlungsauftrag nach Rosenlund schickten, brach dort regelrecht das Chaos aus. Alle Zuhälter wollten die Blondine, die in dem Auto saß, in ihren Stall nehmen. Die anderen Huren hätten sie aus Eifersucht fast verprügelt.«
Jonny lachte zufrieden über seine kleine Anekdote. Ein Blick auf Birgitta genügte jedoch, um zu erkennen, dass sie die Geschichte anscheinend überhaupt nicht zu schätzen wusste. Sie biss die Zähne so fest zusammen, dass die Adern an den Schläfen hervortraten. Vom Hals her stieg ihr eine wütende Röte ins Gesicht.
»Hörst du dir eigentlich selbst zu? ›Die anderen Huren.‹ Kommissarin Linda Holm ist also eine der Huren in Rosenlund!«
»Ach was. Das war doch nicht ernst gemeint.«
»Nicht ernst gemeint! Du bezeichnest eine Kommissarin als Hure! Du sagst, sie hat ihren Job nur bekommen, weil sie im Einsatz nicht zu gebrauchen war! Und du nennst sie abwertend Blondie!«
Birgitta war so wütend, dass sie fast keine Luft mehr bekam. Sie musste einige Male tief einatmen.
»Bist du jetzt in die Feministische Initiative eingetreten oder was?«, fragte Jonny höhnisch.
Er ließ nie die Gelegenheit aus, Auseinandersetzungen auf die Spitze zu treiben. Birgitta sprang von ihrem Stuhl auf und beugte sich über den Tisch. Ihre Augen funkelten wütend.
»Halt die Schnauze, Jonny! Kommissarin Linda Holm hat Jura studiert und ist eine gute Polizistin. Sie hat Qualifikationen, von denen du nur träumen kannst! Deswegen musst du an ihr herumkritisieren. Deswegen bezeichnest du sie als Hure. Weshalb? Weil das Einzige, was du ihr vorwerfen kannst, ist, dass sie eine Frau ist!«
»Jetzt hört beide auf!«
Andersson stand die Zornesröte im Gesicht, und er schlug wütend mit der Faust auf den Tisch.
»Nehmt euch zusammen!«, sagte er barsch.
Birgitta setzte sich wieder hin. Sie presste die Lippen zusammen und starrte wütend auf eine verblichene Lithographie an der Wand: ein paar Kräne am Hafen vor graublauem Himmel.
»… überempfindlich … Haarspaltereien … kein Humor …«, murmelte Jonny halblaut.
Irene versuchte, die schlechte Stimmung zu heben, und erzählte den Neuankömmlingen, dass einer der Schlüssel des Schlüsselbunds zu Torleif Sandbergs Wohnungstür passte.
»Es deutet also sehr viel darauf hin, dass es tatsächlich Torleif Sandberg ist, der im Leichenschauhaus liegt«, stellte Andersson fest.
»Ja. Wir haben auch damit angefangen, alle flüchtigen jungen Männer zu überprüfen. Das sind nicht besonders viele. Aber auf drei könnte die Täterbeschreibung passen.«
»Versuch, diese Kerle ausfindig zu machen, selbst wenn es nur dazu gut sein sollte, ihre Täterschaft auszuschließen«, sagte der Kommissar zu Irene.
Diese nickte und fing dabei Tommys Blick auf. Also auf ein Neues, was Daniel Lindgren, Niklas Ström und Billy Kjellgren anging.
Andersson wandte sich Birgitta zu.
»Wieso willst du dich eigentlich mit Linda Holm vom Dezernat für Menschenhandel unterhalten?«, fragte er.
»Ein so junges
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