Die Tote im Keller - Roman
sie seiner Aufforderung nachgekommen war, sagte er:
»Hannu hat angerufen. Birgitta liegt in der Klinik. Sie hatte beinahe eine Fehlgeburt.«
»Mein Gott! Sie hat mir erst letzten Freitag erzählt, dass sie wieder schwanger ist …«
Die Nachricht passt zu den Vorfällen der letzten Zeit, dachte sie pessimistisch. Erst Sammies Knoten, jetzt fast eine Fehlgeburt. Und über all die tragischen Ereignisse legte sich der Nebel wie eine dicke graue Decke.
»Laut Hannu sind die Ärzte aber hoffnungsvoll, dass es doch noch gutgeht. Sie wird jetzt aber erst einmal ziemlich lange krankgeschrieben sein, zwei Wochen fürs Erste.«
»Zwei Wochen! Ich brauche einen Kaffee«, seufzte Irene.
»Na klar«, erwiderte Tommy mit der Andeutung eines Lächelns.
Auf dem Gang begegneten sie Linda Holm. Ihre Miene hellte sich auf, als sie sie erblickte.
»Hallo! Zu euch wollte ich gerade. Die Kollegen auf Teneriffa haben geantwortet. Irgendein Commandante von der Policía Nacional. Sie …«
Tommy fiel ihr ins Wort:
»Nimm dir einen Kaffee und komm mit«, meinte er.
Mit einer gewissen Zufriedenheit nahm Irene zur Kenntnis, dass seine Stimme ausnahmsweise einmal müde klang.
»Dieser Kommendante wollte wissen, ob ich ihn mit dem Chef des Dezernats für Menschenhandel verbinden könnte. Als ich sagte, dass ich das sei, wurde es am anderen Ende vollkommen still.«
Linda konnte ihre Genugtuung kaum verbergen, ehe sie fortfuhr:
»Und der Typ sprach auch noch miserables Englisch. Immerhin habe ich rausbekommen, dass meine Anfrage hinsichtlich eines Sergej bei ihnen eingetroffen ist. Sie haben sofort reagiert. Es gibt nämlich Probleme mit einem Sergej. Er ist verschwunden. Sergej Petrov. Dann allerdings wurde es kompliziert. Irgendjemand sei erschossen worden, weil dieser Sergej verschwunden sei. Der Kommendante wurde auch nicht glücklicher, als ich ihm erzählte, dass wir nur den Vornamen kennen und dass dieser Sergej mit einem jungen Mädchen von Schweden nach Teneriffa gefahren sein soll. Ich erzählte ihm, dass dieses Mädchen ermordet aufgefunden worden sei und dass wir keine Ahnung hätten, wer dieser Sergej sei. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob er überhaupt verstanden hat, was ich ihm da erzählt habe. Er wollte sich mit der Person unterhalten, die den Zeugen verhört hat, der euch den Namen Sergej nannte.«
»Das war Fredrik. Er ist im Moment allerdings nicht so sonderlich guter Dinge. Der Staranwalt des Indianers, dieser Svanér, hat heute Morgen die Freilassung seines Klienten erwirkt. Fredrik hat sich daraufhin bei der Staatsanwaltschaft beschwert und einen neuen Haftbefehl beantragt«, sagte Irene.
Sie stand auf, um nachzusehen, ob er in seinem Zimmer war. Als sie die Tür öffnete, sah es dort aus wie immer: als sei ein Tornado durch das Büro gefegt. Fredrik behauptete steif und fest, er wisse immer, wo sich in dem Durcheinander welche Papiere befänden. Niemand anderem war es bislang gelungen, sein System zu durchschauen.
»Er ist bereits aufgebrochen. Wahrscheinlich ist er hinter dem Indianer her«, sagte Irene den beiden anderen, als sie wieder zurückkam.
»Ich schreibe ihm die Telefonnummer des Commandante auf einen Zettel und lege ihn auf seinen Schreibtisch. Dann kann er anrufen, wenn er zurückkommt«, sagte Linda und erhob sich, um in ihr Büro zurückzukehren.
Irene dachte an die Papierberge auf Fredriks Schreibtisch. Ein Zettel mehr oder weniger fiel gar nicht auf und würde wochenlang dort liegen bleiben. Oder monatelang.
»Es ist besser, wenn du ihm eine E-Mail schreibst«, meinte sie.
»Eine Mail? Okay.«
Die Kommissarin wirkte erstaunt, fragte aber nicht weiter. Wahrscheinlich hatte sie schon seltsamere Dinge erlebt.
Kurz nach zehn kam Kommissar Andersson, dann Fredrik, der eine große Tüte aus einer Bäckerei dabeihatte, die er auf den Kaffeetisch warf. Der wunderbare Duft von frischen Zimtschnecken verriet ihren Inhalt.
»Um diesen fürchterlichen Dienstag etwas aufzuhellen«, erklärte er.
Irene hatte ihn auf seinem Handy erreicht und ihn informiert, dass ihnen in den nächsten Tagen zwei Inspektoren fehlen würden.
Ausnahmsweise hatte Fredrik einmal richtig mutlos geklungen. Der Indianer hatte sich nicht bei der Adresse blicken lassen, wo er gemeldet war, und wurde auch sonst nirgends gesehen.
»Hm. Riecht gut! Ein Glück, dass es an so einem Tag wenigstens etwas Positives gibt«, meinte Tommy und sah beim Gedanken an die frischgebackenen Zimtschnecken zum Kaffee gleich etwas
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