Die Tote im Keller - Roman
fröhlicher aus.
Alle hatten sich Kaffee geholt, und Fredrik hatte die Zimtschnecken auf einen Teller gelegt. Er reichte ihn herum. Jeder nahm sich eine, außer Andersson.
Es dauerte eine Weile, bis Irene realisierte, dass der Teller am Kommissar vorbeigewandert war, ohne dass dieser sich bedient hatte. Er aß sonst immer Süßes. Jetzt schaute er auf den Teller, nahm aber nichts. Auch Jonny war das aufgefallen.
»Bist du auf Diät?«, fragte er grinsend.
»Das geht dich einen Scheißdreck an!«, fauchte Andersson.
Jonnys Grinsen verschwand. Er sah erstaunt aus. Die beiden frotzelten eigentlich immer und waren dabei nicht gerade zimperlich. Aber jetzt war Jonny offenbar wirklich in ein Fettnäpfchen getreten. Selbst er begriff das. Während sich betretenes Schweigen breitmachte, erhob sich Andersson, nahm seine Kaffeetasse und verließ den Raum.
»Der ist heute aber empfindlich!«, sagte Jonny, nachdem sich die Tür hinter dem breiten Rücken des Kommissars geschlossen hatte.
»Er war heute Morgen bei einer Vorsorgeuntersuchung. Der Arzt hat ihm sicher geraten abzunehmen«, vermutete Irene.
»Wahrscheinlich. Und das wird ihm nicht leichtfallen«, pflichtete ihr Tommy bei.
Schweigend aßen sie ihre Zimtschnecken. Als sich Irene erhob, um sich noch eine Tasse Kaffee zu holen, wandte sie sich an Fredrik:
»Rufst du diesen Kommandant auf Teneriffa an?«
»Sí! Sí!«, sagte Fredrik fröhlich.
»Und suchst du weiter nach dem Indianer?«
»Noch einmal Sí!«
»Und Tommy …«
Sie ließ die Frage zögernd in der Luft hängen.
»Ich rufe in der Pathologie an. Sie haben versprochen, den Bericht über die kleine Russin zu schicken. Aber nichts ist gekommen. Ich werde denen mal Feuer unterm Hintern machen«, erwiderte Tommy rasch.
»Gut. Frag sie, ob sie schon Gelegenheit hatten, sich auch Torleif anzusehen«, sagte Irene.
»Jesper und ich suchen immer noch nach den Typen, die Kruska-Toto niedergemäht haben«, kam Jonny Irene zuvor.
Er hatte keine Lust, Anweisungen von einem Frauenzimmer zu erhalten. Es dauerte ein paar Sekunden, bis sich Irene den Namen des neuen Mannes, der Jonny helfen sollte, wieder in Erinnerung gerufen hatte. Jesper Tobiasson.
»Und Andersson kümmert sich um die Nachforschungen in der Umgebung der Töpelsgatan. Hat die Suche nach diesem Paar, das zum Zeitpunkt des Mordes die Straße entlangraste, etwas ergeben?«, fragte Irene.
Jonny und Tommy schüttelten den Kopf.
»Seltsam. Wir haben sie doch durch die Presse aufgefordert, sich mit uns in Verbindung zu setzen. Das kann ihnen doch wohl kaum entgangen sein«, dachte Irene laut nach.
»Und wie willst du dir deine Zeit heute vertreiben?«, fragte Jonny provokativ.
»Ich konzentriere mich auf Heinz Becker und seinen Kumpan. Ich will zusehen, dass wir endlich die Pässe aus Varberg bekommen. Ich habe das übrigens gestern telefonisch veranlasst. Ich will herausfinden, ob Andres und Leili Tamm ihre richtigen Namen sind. Vielleicht gibt es ja doch eine Möglichkeit, an den richtigen Namen der kleinen Russin zu kommen. Und dann will ich noch überprüfen, ob die Suche nach Torleifs Auto etwas ergeben hat. Und…«
Irene wurde unterbrochen. Die Gegensprechanlage knackte:
»Hier liegt eine Botensendung aus Varberg für Irene Huss.«
»Ich komme runter.«
Dass der Pass von Heinz Becker echt war, wusste sie bereits. Die anderen beiden musste sie jedoch überprüfen. Irene schickte eine Anfrage an die estnische Polizei. Mit etwas Glück kam noch am selben Tag eine Antwort.
Vor ihr auf dem Schreibtisch lagen die drei Pässe. Heinz Beckers aufgedunsenes Gesicht kannte sie bereits. Daher wandte sie ihre Aufmerksamkeit den beiden anderen zu.
Andres Tamm war laut den Angaben im Pass 42 Jahre alt und 177 cm groß. Er hatte sehr helle, blaue Augen und blondes Haar. Auf dem Foto trug er eine moderne randlose Brille. Sein Haar war recht lang und sorgfältig geföhnt. Ein weißer Hemdkragen und der glänzende Knoten einer Seidenkrawatte waren ebenfalls zu erkennen. Über dem Hemd trug er ein dunkles Sakko. Auf dem Foto sah man auch, dass er sonnengebräunt
war. Hätte er sich bei seinem Tod nicht in dieser Gesellschaft befunden, hätte ihn Irene für einen erfolgreichen Geschäftsmann gehalten.
Leili Tamm hätte man wahrscheinlich wirklich für seine Tochter halten können. Laut Pass war sie achtzehn, 163 cm groß und blond, und ihre Augenfarbe wurde mit »mixed colour« angegeben. Auf dem Foto wirkte sie trotz des starken Make-ups
Weitere Kostenlose Bücher