Die Tote im Keller - Roman
unserer Liste streichen. Jetzt bleiben nur noch Björn Kjellgren, alias Billy, und Niklas Ström«, meinte Irene aufmunternd.
Der Blick, den ihr Jonny zuwarf, war vernichtend. Offensichtlich fand er es ungeheuer frustrierend, wieder von vorne anfangen zu müssen.
»Irene hat Recht. Auch wenn sie sich nicht zu kennen scheinen, spricht doch einiges für diese beiden Burschen. Beide sind aus Gräskärr abgehauen«, meinte Tommy.
»Billy Kjellgren ist ein Einzelgänger und Niklas Ström ein verrückter Schwuler, der eine Vergewaltigung auf dem Gewissen hat. Es hieß, dass sich beide absonderten und mit keinem der anderen Insassen Umgang pflegten. Nicht weiter verwunderlich,
was Niklas Ström angeht. Schließlich hoffen alle, dass der Arsch nach dem Duschen noch intakt ist«, meinte Jonny und lachte wiehernd über seinen eigenen Scherz.
Jesper stimmte in das Lachen ein, hörte aber abrupt auf, als er merkte, dass sonst niemand lachte.
»Es könnte ja auch sein, dass nur einer der beiden in diese Fahrerfluchtsache verwickelt ist. Oder keiner. Es gibt immer noch das alptraumhafte Szenario, dass es sich nur um zwei Typen handelt, die uns vollkommen unbekannt sind, obwohl das unwahrscheinlich wirkt. Deswegen müssen wir uns jetzt auf die beiden letzten Namen konzentrieren«, sagte Tommy, ohne auf Jonnys letzten Kommentar einzugehen.
»Genau. Du arbeitest mit dieser Gruppe, damit es endlich weitergeht«, entschied Andersson.
Tommy bedeutete mit einem Nicken, dass er einverstanden sei.
»Störe ich?«, war eine Frauenstimme von der Tür zu vernehmen.
Alle im Raum erkannten die Stimme und blickten zur Tür. Dort stand die stellvertretende Provinzpolizeichefin Marianne Wärme. Eine mollige Dame um die fünfzig mit graumeliertem Kurzhaarschnitt und Brille. Hinter den dicken Gläsern funkelten ihre munteren, pfefferkornbraunen Augen. Sie pflegte ihr Gegenüber stets freundlich anzulächeln. Wenn sie gerade nicht ihre Polizeiuniform anhatte, dann trug sie für gewöhnlich Kostüm, Pumps sowie eine farblich passende Handtasche. Wer es nicht besser wusste, konnte sie für eine harmlose ältere Dame halten, aber sie machte ihrem Spitznamen »Iron Lady« alle Ehre. Ihrer Unbestechlichkeit und Ehrlichkeit, aber auch ihrer zupackenden Art, ihrer Unnachgiebigkeit und ihrem unbeugsamen Willen hatte sie es zu verdanken, dass sie stetig die Karriereleiter hochgeklettert war. Was sie sich einmal vorgenommen hatte, das zog sie durch. Niemand zweifelte an ihrer Kompetenz und ihren Führungsqualitäten. Die meisten schätzten sie, da sie klare, eindeutige Anweisungen erteilte. Gleichzeitig hatten alle großen Respekt vor ihr. Frauen mit Macht und Charisma
flößten ihrer Umgebung in der Regel mehr Angst ein als Männer mit denselben Eigenschaften. Insbesondere Frauen, die sich um ihre Position verdient machten. Und eine solche Frau war die stellvertretende Provinzpolizeichefin Marianne Wärme.
Resolut und auf hohen Absätzen betrat sie den Raum und lehnte die angebotene Tasse Kaffee dankend ab.
»Ich bin in Eile und fasse mich deswegen kurz. Der oberste Chef der Policía Nacional in Spanien hat mich angerufen. Ihm liegt eine Anfrage des Polizeikommandeurs auf Teneriffa vor, in der er im Zuge einer Mordermittlung um die Mithilfe eines Kollegen des Dezernats für Gewaltverbrechen in Göteborg ersucht. Insgesamt wurden dort vier Menschen ermordet. Und offenbar gibt es eine direkte Verbindung zu dem Mord an dem russischen Mädchen, das am Delsjö gefunden wurde.«
Sie legte eine Pause ein und ließ ihren scharfen Blick über ihre Zuhörer wandern. Niemand wirkte sonderlich begeistert. Zu guter Letzt gab sich Andersson einen Ruck:
»Ich glaube nicht, dass wir ihnen helfen können, indem wir dorthinfahren. Einige unserer Inspektoren sind krank. Es handelt sich um einen komplizierten Fall und…«
»Ja, er wirkt zweifellos sehr kompliziert. Ebendeswegen finde ich, dass es eine gute Idee ist, einen von euch dorthinzuschicken. Fünf, sechs Stunden Flug, und man ist in der Wärme. Das ist auch nicht länger als mit dem Auto nach Stockholm. Und die Spanier zahlen dafür, wie gesagt. Es handelt sich um zwei Tage mit einer Übernachtung. Das müsste beiden Seiten reichen, um Informationen auszutauschen. Es könnte auch unsere Ermittlung voranbringen. Möglicherweise verfügen die Spanier über Informationen, die wichtig sind für uns.«
Damit hatte sie zweifellos Recht. Es gab bei dieser Ermittlung immer noch unzählige offene Fragen.
»Es
Weitere Kostenlose Bücher