Die Tote im Keller - Roman
er gönne sich ein gutes Auto und jedes Jahr eine Reise ins Ausland. Im Jahr zuvor war er in Thailand gewesen.«
»Nicht zu fassen!«
Kein besonders intelligenter Kommentar, dachte Irene, aber das drückte in etwa aus, was sie spontan empfand.
»Das kann man wirklich sagen. Jetzt habe ich eine Immobilie in Thailand am Hals. Das ist ein unerwartetes Problem. Apropos Problem: Haben Sie möglicherweise Torleifs Handy gefunden? «
»Nein. Er hatte kein Handy dabei, nur den Schlüsselbund mit den Wohnungsschlüsseln. Und neben ihm lag noch eine Taschenlampe«, sagte Irene.
»Merkwürdig. Es kam nämlich eine Rechnung für einen ganz neuen Telefonvertrag mit einem Nokia-Handy. Ich habe die ganze Wohnung durchsucht. Das Handy ist nirgends.«
Konnte das für die Aufklärung von Torleifs Tod von Bedeutung sein? Irene bezweifelte es.
»Ich frage die Kriminaltechniker, ob sie ein Nokia-Handy im Auto gefunden haben«, meinte Irene.
»Gut. Ich muss dann noch den Vertrag kündigen. Vielleicht wollen die ja das Handy zurück. Keine Ahnung, wie die Handhabe bei unerwarteten Todesfällen ist.«
»Ich auch nicht«, erwiderte Irene.
»Sie haben meine Handynummer, falls Sie mich in Umeå erreichen wollen«, sagte Stefan Sandberg.
Plötzlich kam Irene ein Gedanke.
»Steht auf den Papieren nicht auch irgendwo die Nummer von Torleif?«
»Ja klar. Sowohl die Nummer als auch seine PIN. Und die Nummer des Handys. Hier…«
Er gab Irene die Zahlen durch, und diese notierte.
Als sie das Gespräch mit Stefan Sandberg beendet hatte, wählte sie die Durchwahl von Svante Malm. Aber er war dienstlich unterwegs. Irene schickte ihm eine E-Mail und fragte, ob ein Nokia-Handy in dem Wagen von Torleif Sandberg gefunden worden war. Dann schrieb sie ihm alle Nummern auf, die zu diesem Handy gehörten.
Anschließend packte sie ihren Laptop und die Ermittlungsunterlagen zusammen und verabschiedete sich von ihren Kollegen. Begleitet von den mehr oder weniger herzlichen Abschiedsscherzen verließ sie das Dezernat und drückte auf den Fahrstuhlknopf. Sie wollte nach Hause, um zu packen.
I rene war in ihrem Leben nicht sonderlich viel gereist. Früher hatten sie weder Zeit noch Geld für längere Reisen gehabt. Das Reihenhaus, das Krister und sie gekauft hatten, als die Zwillinge noch klein waren, war eine schwere finanzielle Belastung gewesen. Sie fanden jedoch, dass es das wert gewesen war. Die Mädchen hatten am Meer und im Grünen aufwachsen können. In den letzten Jahren hatten sie sich zwei Pauschalreisen zu zweit gegönnt, und im Spätsommer planten sie eine weitere Reise nach Griechenland. Bis dahin war es noch ein halbes Jahr. So lange musste sie noch durchhalten.
An Ostern waren sie zuletzt im Ausland gewesen. Sie hatten in London Irenes Kollegen Glen Thomsen und seine lebhafte Familie besucht. Bei dieser Gelegenheit hatte sie auch erfahren, dass die Romanze von Kommissar Andersson und Donna vorüber war. Donna war Glens brasilianische Mutter, die sich jedoch für Andersson als zu heißblütig erwiesen hatte. Sie hatte sich einen neuen Mann in ihrer Nähe zugelegt. Aber – wie Irene von Glen erfahren hatte – Andersson und sie telefonierten immer noch miteinander und schrieben sich Briefe. Andersson hatte sich der Illusion hingegeben, dass niemand von seiner kleinen Affäre in London gewusst hatte. Aber Irene hatte nicht den Eindruck, dass ihm jetzt etwas zu fehlen schien.
Glen und Irene hatten sich vor ein paar Jahren bei ihrer zweiten Dienstreise ins Ausland angefreundet. Die erste Reise hatte sie nach Kopenhagen geführt. Irene schauderte immer noch, wenn sie an den Fall mit den verstümmelten Leichen dachte,
ein Fall, den sie geflissentlich zu verdrängen suchte. Aber die fürchterlichen Bilder, die sie in manchen Nächten heimsuchten, ließen sich nicht ausmerzen.
Der Wochenendtrip nach Teneriffa war für sie vor allem eine Dienstreise, aber auch ein kurzzeitiges Entkommen aus der Winterkälte. Der Winterkönig Boreas hielt den Norden mit eisernem Griff umklammert, und so würde es wohl auch noch einige Wochen bleiben, denn diese Nacht war die Temperatur wieder um ein paar Grade gefallen. Jetzt war es ein paar Grad unter Null. Das gesamte Schmelzwasser, das Westschweden beim Tauwetter der vergangenen Tage überschwemmt hatte, hatte sich in Eis verwandelt.
Als das Taxi kurz nach fünf vorfuhr, um Irene abzuholen, steckte ganz Göteborg in einem Eispanzer. Deswegen war es nicht bloß die Müdigkeit, die sie die wenigen
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