Die Tote im Maar - Eifel Krimi
geholt.
»Ich erkläre kurz, worum es geht«, begann Vincent. »Eine Frau wird im Weinfelder Maar bei Schalkenmehren vermisst. Die Umstände sind etwas merkwürdig, aber das ist jetzt nicht von Belang.« Das würde er noch klären. Momentan ging es nur darum, die Frau zu finden.
»Wir sind grade erst trocken«, sagte eine atemlos klingende Stimme. Lori Senser war die einzige Frau in ihrer Taucheinheit, und sie bestand seit dem ersten Tag darauf, wie ein Mann behandelt zu werden. Was Vincent nicht schwerfiel, denn Lori verfügte nicht gerade über die typisch weiblichen Attribute. Sie trug ihr dunkles Haar sehr kurz, was ihr Gesicht breit wirken ließ. Sie war flachbrüstig und ziemlich muskulös, allein ihre Stimme klang asthmatisch, als würde sie nicht genug Luft bekommen, und das ließ einen diesen ersten Eindruck noch einmal überdenken. Doch sie hatte auch noch keinen Tag anders geklungen.
Die Erklärung wurde von Lori sogleich nachgereicht. »Wir haben nach einem Pkw gesucht, der – warum auch immer – in der Mosel gelandet ist. Die Fahrerin konnte sich aus dem Wagen retten, war aber stark unterkühlt und konnte nicht befragt werden. Dann tauchte ein Zeuge auf, der gesehen haben wollte, dass da noch jemand mit im Wagen gesessen hatte. Nur dass wir da unten nicht ein Auto, sondern zwei entdeckt haben. Und einen Beifahrer, wie auch immer, gab es nicht. Aber es gab einen Fahrer in dem anderen Auto. Wenig Haut und viel Knochen. Die Person parkte nicht erst seit gestern dort.«
Vincent kannte solche Szenen, und sie waren immer gruselig, was prompt auch einer der Kollegen bestätigte.
»Schätze, der Anblick wird mich noch einige Zeit verfolgen – und ich die Zeitungsmeldungen zu dem Fall.«
Das taten sie alle auf die eine oder andere Weise. Es war eine Art Krankheit. Es konnte ein Selbstmord gewesen sein, doch Mord war häufiger. Vincent Klee gehörte zu denen, die eine Lösung brauchten, alles Unaufgeklärte lagerte irgendwo im Zwischenbereich, und der war für die schlechten Träume verantwortlich.
»Du musst nicht mit, aber meine Wahl wärst du, Senser«, sagte er.
»Gut«, gab die Angesprochene zurück. »Ich überleg’s mir. Wird Zeit, dass du uns was zum Fall erzählst.«
»Bist du nicht schon im Urlaub?«, wurde er dann gefragt.
»Doch, seit …«, Klee sah auf die Uhr, »ungefähr zehn Minuten. Aber das interessiert die verschwundene Frau nicht.« Den Urlaub konnte er im Anschluss immer noch nehmen.
»Eine junge Frau?«, fragte Manne Halske, ein Hüne, der Ähnlichkeit mit Bud Spencer hatte.
»Eine ältere Dame, so um die siebzig.« Vincent konnte sich denken, warum Halske nach einer jungen Frau fragte. Er sah die Blicke seiner Kollegin und der Kollegen. Es war jedes Mal das Gleiche, sorgenvolle Blicke. Wenn es eine junge Frau war, könnte Vincent ja wieder an seine Schwester erinnert werden. Doch so funktionierte die Erinnerung nicht. Und das Szenario damals war ein völlig anderes gewesen.
»Die Situation ist die …« Vincent fasste zusammen, was er wusste und worüber er sich zuvor informiert hatte. »Die Eifellandschaft wirkt friedlich, aber die unterirdischen Vulkane sind noch aktiv, und Geologen gehen davon aus, dass ein Vulkanausbruch durchaus im Bereich des Möglichen liegt, wenn auch nicht in der nächsten Zeit. Sie dürften damit richtigliegen. Das Institut in Bensberg hat nur das Übliche aufgezeichnet. Aber etwas hat den Untergrund erschüttert, und es könnten sich Hohlräume gebildet haben.«
»Das ist nicht unbedingt nach meinem Geschmack«, sagte Halske und stellte den dampfenden Kaffee auf den Tisch vor sich. Vincent warf ihm einen Blick zu, der besagte, den Unsinn könne er sich schenken.
»Wir haben nicht die Zeit herauszufinden, womit wir es zu tun haben.« Vincent dachte an profunde schriftliche Berichte über die Gegebenheiten, sie hatten überhaupt nichts.
»Wir brauchen kein Papier mit ein paar Zeichnungen und Daten drauf«, meinte Lori Senser.
»Besser wäre es aber. Der herausgesprengte Trichter des alten Explosionskraters kann einige hundert Meter groß sein. Es wird Kanäle und Spalten geben.«
»Heißt, wir könnten eine Überraschung erleben.« So klang die Vernunft. Leo Berger.
»Heißt, es könnte richtig heiß werden. Ich komme grade aus der Kälte, da wärme ich mich doch gern ein bisschen auf.« Lori Senser lachte.
Vincent wusste, das war nur Gerede. Sie brauchte das, vielleicht um sich Mut zu machen, vielleicht um ihre Angst beherrschbar zu
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