Die Tote im Maar - Eifel Krimi
Codebuch gesucht. Das war die ganze Zeit vor seiner Nase gewesen, und Galen kannte die meisten von Roman Friedrichs Aufzeichnungen. Immerhin hatten sie diese Toten gemeinsam hergerichtet und aufgebahrt. Auf die Notiz über die Tätowierung von Zelda Kriegers bester Freundin war er zufällig gestoßen, doch es hatte gepasst.
Galen war nicht sicher, ob Roman die alten Briefe und Dokumente vernichtet hatte. Vielleicht hatte er es nicht getan, weil es zu Katharinas Vergangenheit gehörte und Isabel eines Tages danach fragen würde.
Er würde noch einmal herkommen müssen, um in Ruhe zu suchen; und wenn etwas da war, dann würde er es finden.
Galen konnte sich denken, dass die Taucher im Maar etwas entdecken würden. Und er hatte versprochen, Isabel zu beschützen. Ein Mensch konnte sich ändern, nur brauchte er einen Grund dazu. Roman und Isabel Friedrich waren Galens Grund gewesen. Roman hatte ihm auf Leben und Tod vertraut, als er selbst vor sich nur noch hatte ausspucken können. Er würde den verstorbenen Freund nicht enttäuschen und auch Isabel nicht.
Er fasste sich an den Oberschenkel. Dort konnte er das kleine Stück Metall immer noch fühlen. Innerlich gelang ihm ein dünnes Lachen. Es hatte ihn nicht umgebracht, aber etwas anderes würde ihn umbringen.
Auf dem Rückweg vom Friedhof war Galen der einzig Nichtoffizielle in der Umgebung des Totenmaares; er sah das Absperrband und eine Plane.
Ihm schien es, als hätte sich seine Ahnung verselbstständigt. Sie hatten die Leiche entdeckt.
* * *
Er war froh, dem Weinfelder Maar entkommen zu sein. Die tote Frau war ihm unter die Haut gegangen.
Vincent Klee schälte sich aus dem Neoprenanzug und hängte ihn zu den anderen. Ihr Wagen war geräumig, beherbergte alles, was bei einem Einsatz gebraucht wurde, und war gleichzeitig auch die improvisierte Einsatzzentrale.
Der Fernsehreporter hatte ihnen wiederholt Fragen zugeschrien, die nicht beantwortet wurden, die Metzgerei Sterntal – so hatte sich derjenige vorgestellt – hatte gefragt, ob sie ein paar Extrawürste braten solle, was Vincent allerdings für einen Witz hielt.
Die Absperrung war zwar weiträumig erfolgt, doch es war unwahrscheinlich, dass sie genügte, um alle Blicke fernzuhalten.
Er hatte die Kollegen gebeten, eine Meldung an die Medien zu geben: kein Erdbeben und auch keine sonstigen seismologisch zu definierenden Aktivitäten. Bestätigen würde es das Institut in Bensberg.
Aber er konnte davon ausgehen, dass trotzdem einige Leute panisch reagieren würden. Und davon, dass sich die Nachricht längst wie ein Lauffeuer verbreitet hatte. Im Augenblick gab es aber nicht mehr zu sagen, Vincent musste sich erst Klarheit darüber verschaffen, was hier vor sich ging.
Ich habe eigentlich Urlaub, fiel ihm wieder ein. Lori Senser hatte sich als Erste umgezogen und angekündigt, sie würde jetzt zurückfahren. Vincent hatte eigentlich gedacht, sie wäre schon weg, bis die Tür des Einsatzwagens aufging und ihre atemlose Stimme verkündete: »Ich glaube, das da draußen könnte unsere Vermisste sein. Ihr Alter ist schwer zu schätzen, in keinem Fall mehr jung, und pitschnass. Mit Hund.«
Das könnte passen, dachte Vincent und sagte ihr, er würde sich kümmern.
Pitschnass war nicht zu viel gesagt, die Frau sah aus, als hätte sie ein Bad im See genommen, und obendrein wirkte sie, als wäre sie nicht ganz bei sich. Dann sah er auch den kleinen Hund.
Es war die Frau, nach der sie gesucht hatten.
»Sophia Schäfer?«, erkundigte er sich, und sie nickte. »Wo waren Sie?«, fragte er. Aber wenn er sie betrachtete, dann war die Antwort klar. Sie war in den See gefallen. Drum herum wuchs überall Bergginster. Leuchtend golden. Einige der kleinen Blüten befanden sich an ihrer Kleidung.
»Ich hörte es brüllen«, sagte sie und schüttelte den Kopf, wohl um das Wasser aus den Ohren zu bekommen. Tropfen flogen aus ihren braunen Haaren. Der Hund tat es ihr gleich.
Das kann jetzt kein Jux sein wie die Würste des Metzgers, dachte Vincent. Er legte ihr seine Jacke um die Schultern und nahm sie und den Hund mit in den Wagen. »Was brüllte?«, wollte er wissen.
»Das Totenmaar«, sagte sie. »Spannungen entladen sich krachend, und um ein Vielfaches verstärkt dringt der Knall aus den Tiefen des Maarbodens nach oben. Dort unten bewegt sich etwas. Und wenn sich im Untergrund etwas rührt, dann überträgt es sich aufs Wasser. Der See schäumte, ich habe es gesehen.«
»Sie müssen etwas Trockenes anziehen,
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