Die Tote im Maar - Eifel Krimi
gut. Fünf Minuten, nicht länger«, gestand ihnen Simon Berger zu.
Vincent hatte sich auf dem Weg hierher überlegt, wie er seine Fragen formulieren wollte, doch als sie jetzt im Zimmer des alten Mannes waren, glaubte er nicht mehr daran, dass ihm die zurechtgelegte Strategie großartig helfen würde.
Das Fenster war offen, und Rufus Dissen stand davor, die Arme zu beiden Seiten weit ausgestreckt. Er führte Selbstgespräche.
»Du bist tot. Endlich bist du tot.«
Vincent sah Höllrath an und hob fragend die Handflächen. Er musste den alten Mann ansprechen, er hatte sie nicht ins Zimmer kommen gehört.
»Herr Dissen«, sagte er möglichst leise, um ihn nicht zu erschrecken. Er drehte sich um, was Vincent dazu bewegte, weiterzusprechen. »Ich bin Vincent Klee, und das ist Konstantin Höllrath, wir sind …«
»Polizei«, führte Rufus Dissen die Vorstellung fort.
»Ja«, bestätigte Vincent und beobachtete genau die Reaktion seines Gegenübers.
»Wo ist Katharina?«, wurde er gefragt.
Bevor er darauf antworten konnte, bedeutete ihm Konstantin Höllrath, er würde gern übernehmen.
»Sie ist fortgegangen«, sagte er.
»Das gute Kind«, murmelte Dissen. »Katharina ist das gute Kind.«
»Und das andere Kind?«
Dissens Blick wurde leer. »Sie wird töten.«
»Sie kann niemanden mehr töten. Jemand hat das böse Kind ermordet. Wer?«, wollte Vincent wissen und ignorierte Höllraths Blick. Die fünf Minuten waren gleich um.
Rufus Dissen schüttelte vehement den Kopf, bevor die Tür aufging und der Stationsarzt auf die Uhr deutete und zugleich Rufus Dissens Stimmung beurteilte.
Er hatte keine Ahnung, ob er jetzt mehr wusste, und Vincent fragte sich, ob Rufus Dissen wohl noch irgendetwas von Bedeutung gesagt hätte. Er bedankte sich bei Konstantin Höllrath für dessen Begleitung und war froh, dem Haus Diamand und seinen Gästen den Rücken kehren zu dürfen.
»Alt werden ist unschön«, sagte Vincent. Rufus Dissens Gesundheits- und Geisteszustand hätten schlimmer sein können, das war ihm vollkommen klar. Der Mann hatte sie sogar als Polizisten erkannt. »Ich hätte ihn fragen sollen, warum er mit der Polizei gerechnet hat.«
Höllrath gab ihm keine Antwort.
Vincent fuhr zurück zum Landgut Sonnenschein und in das gemütliche Spanische Zimmer. Diesmal sperrte er die Tür ab. Zur Sicherheit, sagte er sich. Es gab jemanden, der sich bedroht fühlte und ein sehr starkes Interesse hatte, einen Polizisten loszuwerden. Er würde die Augen offen halten. Möglich, dass er Isabel zu Unrecht verdächtigte.
Sie hatte ihn aus dem See gezogen, vielleicht war es Zufall gewesen, dass sie gerade zu der Zeit dort gewesen war. Womöglich war es Neugierde gewesen. Auch etwas anderes wäre ihm genehm – sie könnte ihn ja attraktiv finden und deshalb seine Nähe suchen.
Natürlich, darum flüchtet sie wahrscheinlich auch bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Vincent Klee, du bist ein Ochse.
Als das Handy in seiner Tasche klingelte, hatte er noch immer Isabel im Sinn.
»Die bin ich nicht«, sagte eine ihm bekannte Stimme. Er hatte Isabels Namen fragend an sein Telefon weitergegeben. Prima.
»Was gibt’s?«, fragte Vincent und brachte es fertig, verlegen zu hüsteln. Er hörte Lori Sensers leises Lachen, und natürlich, ganz wie es ihre Art war, hatte sie einen Kommentar dazu.
»Bei dir ist ja einiges los, wie man liest … und jetzt auch noch eine Frau? Vincent, ich wundere mich.«
»Senser, es ist spät, und Rätsel nicht gelöst hab ich heute schon einige.« Er klang genervt. Das sollte er nicht, weil sie schließlich nichts dafürkonnte, dass er sich verplappert hatte.
»Du hast eine interessante Rundmail geschrieben. Ein richtiges Geständnis«, sagte sie.
Vincent verstand überhaupt nichts. Er mochte Geständnisse, aber ihr Ton hatte so gar nichts Zufriedenes.
» Dein Geständnis«, sagte Lori Senser. »Sehr aufschlussreich – und so was von fehlerhaft. Also wirklich, Herr Kriminalhauptkommissar. Dein Vater hat die Mail auch bekommen. Darin beschreibst du die Entführung eines gewissen Caramello. Schon der Name sagt alles. Sizilien, wahrscheinlich ein Mafioso.«
»Er ist eine Ratte«, sagte Vincent.
»Sind sie das nicht alle?«, wurde er gefragt.
»Ja. Nein. Caramello ist ein Nager.« Jetzt war er auch noch genötigt, eine Erklärung abzugeben. Außerdem musste er sich die Frage gefallen lassen, wie jemand Unautorisiertes an sein Notebook kam. Er hatte auf eine aufwendige Verschlüsselung verzichtet,
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