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Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Titel: Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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weniger Mut brauchte. Nach vorne schauen und nicht an das denken, was geschehen konnte.
    Sophie vergewisserte sich, dass die Kapuze ihres Mantels saß. Dann schlüpfte sie hinaus.
    Das Haus lag still, ihre Mutter schlief noch, und das Gesinde hatte sich vermutlich in der Küche eingefunden, um den Tag gemächlich zu beginnen. Blieb nur Onkel Hugo, aber der klebte nicht mehr an ihren Fersen, seit ihre Mutter dieses Abkommen mit Julius getroffen hatte.
    Der Nebel umfing Sophie wie ein feuchter Schleier, kaum dass sie die Haustür hinter sich zugezogen hatte. Das Straßenpflaster glänzte von Nässe, verlor sich bereits nach wenigen Schritten im Nichts. Sophie fröstelte unwillkürlich und zog den Mantel ein wenig enger, als ihr die Geschichten der Großmutter durch den Kopf gingen. Nebel verbarg, was die Menschen nicht sehen sollten, daher kamen sie nur an solch nebligen Tagen hervor, die Feen und Ungetüme und Zauberwesen, und wehe den Menschen, die ihren Weg kreuzten. Was, wenn Julius sich irrte, und der Wolf doch ein Wolf war? Ein schwarzfelliges Wesen mit glühenden Augen, das darauf lauerte, dass sich jemand hinaus in den Wald wagte?
    Unsinn, schalt sie sich und versuchte das Zittern zu unterdrücken. Das waren Geschichten, nichts weiter. Es gab keinen Grund, sich vor Märchen zu fürchten.
    Sophie schloss die Augen, atmete tief durch, einmal, zweimal, während sie darauf wartete, dass ihr klopfendes Herz zu Ruhe kam. Es gab keine bösen Wölfe dort draußen vor der Stadt, nur Nebel und ein paar verängstigte Rehe. Wenn nur die Sonne bald durchbräche.
    Sophie beschleunigte ihre Schritte und eilte die Gasse hinab. Um sie herum herrschte gespenstige Stille, selbst ihre eigenen Schritte klangen gedämpft auf dem Straßenpflaster. Das Barfüßertor war bereits geöffnet, vereinzelt huschten Gestalten durch die Barfüßerstraße, Dienstleute und Handwerksburschen, dazwischen eine Gänsemagd, die eine Herde schnatterndes Federvieh zum Tor trieb.
    Sophie zog den Kopf tief zwischen die Schultern und beeilte sich, an dem verschlafenden Torwächter vorbei aus der Stadt zu kommen. Sie hatte ein altes, abgewetztes Kleid gewählt und einen erdfarbenen Mantel, sodass sie auf den ersten Blick wie ein Dienstmädchen erscheinen mochte. Die Verkleidung war notwendig, denn sie setzte sich dieses Mal sowohl über ihre Mutter als auch über Julius’ Willen hinweg. Sie machte sich keine Illusionen. Wenn man sie erwischte, würde sie sich schneller im Kloster wiederfinden als sie ihren Namen nennen konnte.
    Ein schwerer Ochsenkarren rumpelte ihr entgegen, wie zwei urzeitliche Monstren schälten sich die wuchtigen Zugtiere aus dem Nebel. Der Knecht, der das Joch führte, nickte Sophie kurz zu, ohne genauer von ihr Notiz zu nehmen.
    Sophie eilte weiter, sie rannte nun den Weg, der gemächlich hinab ins Tal führte. Sie konnte langsamer werden, wenn sie ein Stück von der Stadt entfernt war, der Marsch hinauf zum Frauenberg war noch lang genug. Einmal war sie dort oben gewesen mit ihrem Vater, vor zwei Jahren, als die Krankheit seinen Körper noch nicht so angegriffen hatte. Ihr Vater hatte es geliebt, in der Natur unterwegs zu sein, er hatte ihr Geschichten erzählt aus grauer Vorzeit, und gemeinsam hatten sie die Burgruine erkundet und Aufzeichnungen gemacht. Es gäbe viele unentdeckte Schätze in diesem Land, hatte ihr Vater ihr damals augenzwinkernd erklärt, als sie ihn fragte, warum er das tue. Schätze, die man nur finden konnte, wenn man sie finden wollte. Dann war er mit ihr auf die Mauern gestiegen, halsbrecherisch, aber für Sophie keine Schwierigkeit. Oben hatte er sie gefragt, ob sie es spüren könnte, wie Sophie von Brabant hier oben gestanden hatte, die gleichen Hügel und Täler vor Augen. Der Geist der eigenen Vergangenheit, der durch diese Steine kroch, der Ursprung der eigenen Geschichte. Sophie hatte es nicht gespürt, aber sie hatte sich damals gescheut zu fragen. Und jetzt war es zu spät.
    »Sophie!«
    Sie zuckte zusammen, warf hektisch einen Blick über die Schulter. Hinter ihr nur Nebel, dicke, graue Wände, und dahinter …
    Sophies Herz machte einen Sprung, als sich eine Gestalt aus dem Nebel schälte.
    »Sophie!«
    Sie drehte sich um und rannte los. Ihr Rock klatschte nass gegen ihre Waden, die Kapuze rutschte ihr vom Kopf, sie blieb hängen, strauchelte. Mit einem erstickten Aufschrei fiel sie nach vorne, kam schmerzhaft auf, kalter Schlamm umschloss ihre Hände. Aufstehen, aufstehen!, schrie es in ihr, doch

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