Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman
und drückte es fest auf die Wunde. »Halt das. Damit es aufhört.«
»Mich würde das auch interessieren«, bemerkte Schmitt und zwirbelte seinen Bart. »Wo haben Sie so gut kämpfen gelernt?«
»In Köln. Sehen Sie das?« Julius strich sich die Stirnhaare zurück, damit Schmitt einen Blick auf die inzwischen fast verblasste Narbe werfen konnte, die sich knapp unterhalb des Haaransatzes fast auf Handlänge über die Stirn zog. »Mich hat einer beinahe erschlagen. Daraufhin habe ich es gelernt, damit mir das nicht noch einmal geschieht.«
Schmitt brummte. »Sie erstaunen mich immer wieder«, bemerkte er und wandte sich an den Studenten. »So, und nun zu Ihnen. Name? Herkunft?«
Julius lauschte Schmitts Befragung aufmerksam, während er damit begann, mithilfe des eilig herbei gebrachten Wassers die Wunden auszuwaschen und anschließend zu verbinden. Keine der beiden Verletzungen war gefährlich, oberflächliche Wunden, die er besser nähen sollte, aber dazu musste man den jungen Mann zu Doktor Hirschner bringen.
Der Student stellte sich als Friedrich Sebastian Wagner vor, aus der Nähe von Weimar. Seit einem Jahr studierte er in Marburg und wohnte zur Untermiete bei einem älteren Ehepaar am Hirschberg. »Ich war oft bei Katharina«, gab er widerwillig zu, als Schmitt die Sprache auf die junge Frau Wittgen brachte. Das hübsche Gesicht war schmerzverzogen, aber dennoch gelang ihm ein kurzes, süffisantes Grinsen. »Sie ist ein wollüstiges Weib. Ihr Mann lässt sie viel allein, und sie mag es nicht, allein zu sein.«
»Wie haben Sie sich kennengelernt?«
»Zufällig. Ich … Au!« Er zuckte zusammen, als Julius damit begann, die Wundränder zu reinigen.
»Weiter.« Wachtmeister Schmitt schien die Ruhe in Person, offensichtlich hatte er zu seiner Routine zurückgefunden. »Also, wie?«
»Ich habe sie beim Gottesdienst gesehen«, presste Friedrich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Und irgendwann haben wir uns getroffen.«
Julius blickte von seiner Arbeit auf. »Und was war mit Helene Wittgen? Haben Sie die auch getroffen ?«
»Nein, natürlich nicht!« Der Student schüttelte den Kopf. »Die Katharina, die wollte das. Sie hat mich regelrecht gedrängt zu ihr zu kommen, sobald ihr Mann auf Reisen war. Aber die kleine Helene, nein.«
»Wusste Helene von Ihren Treffen mit Katharina?«, übernahm Schmitt wieder. Breitbeinig stand er vor Friedrich, die Arme vor dem Bauch verschränkt. »War sie eifersüchtig?«
Dieses Mal überlegte der junge Mann einen Moment. »Ich glaube, sie wusste davon«, sagte er schließlich. »Sie müsste blind und taub gewesen sein, wenn nicht. Zu Gesicht bekommen habe ich sie allerdings nie. Wir waren ja vorsichtig.«
»Ihre Besuche sind dennoch nicht so geheim geblieben, wie Sie vielleicht gewünscht hätten. Wusste Doktor Wittgen davon?«
»Gott behüte, nein!« Friedrich schüttelte den Kopf, sodass die schwarzen Locken flogen. »Wenn der etwas geahnt hätte, säße ich heute Abend sicher nicht hier.«
»Und dennoch sind Sie das Risiko eingegangen?«, hakte Schmitt nach. »Immer wieder?«
»Es gibt Frauen, für die will man sterben. Und es gibt welche, für die tut man es.« Friedrichs Mundwinkel zuckten. »Katharina zählt zu Letzteren.«
»Womit wieder bewiesen wäre, was man seit Trojas Zerstörung weiß – ein schönes Weib führt einen Mann sicherer in den Untergang als alle Schwerter der Welt«, murmelte Julius und stand auf, um sich die Hände abzuspülen. Die Verletzungen waren nun notdürftig gereinigt und verbunden – rudimentär, aber mehr war hier draußen im Schein zweier Funzeln nicht möglich. »Friedrich Wagner, holen Sie bitte Ihre Jacke und Ihre Mütze, und dann begleiten Sie mich. Sie müssen genäht werden.«
»Vor allem müssen Sie sich auf etwas gefasst machen«, brummte Schmitt. »Ehebruch, noch dazu mit einer ehrenwerten Bürgersfrau.«
»Wollen Sie mich festnehmen?« Friedrich hatte sich inzwischen wieder etwas gefangen und reckte herausfordernd das Kinn.
Julius schüttelte den Kopf, ehe der Wachtmeister antworten konnte, und wies zur Tür, von wo Stimmengewirr und lautes Lachen davon zeugten, dass man den Vorfall bereits wieder vergessen hatte. »Werten Sie es als dummen Fehltritt, den man im jugendlichen Leichtsinn allzu schnell tut. Und nun beeilen Sie sich, ich will nicht die ganze Nacht hier draußen herumstehen.«
Friedrich ließ sich das nicht zweimal sagen. Im nächsten Moment war er im Wirtshaus verschwunden.
»Sie
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