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Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Titel: Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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sag ihn, dass er kommen muss. Sofort!« Er wollte schon davon stürzen, als Hans ihn am Arm zurückhielt.
    »Auf den ist kein Verlass. Ich weiß jemanden.«
    »Wen?« Wilhelm versuchte, sich loszureißen. »Hans, wir haben keine Zeit!«
    »Ich brauche dich. Hilfst du mir? Sonst hören sie nicht auf mich.«
    Verdutzt hielt Wilhelm inne. »Was soll ich machen?«
    »Du musst mit mir kommen, damit sie mich nicht wegjagen«, wiederholte Hans eilig. »Jetzt, schnell. Sonst ist es zu spät.«
    Wilhelm zögerte, noch einmal erschienen all die Bilder von dem hässlichen Zwischenfall auf der Brücke vor seinem geistigen Auge, aber er wischte sie beiseite. Sophie war in Gefahr.
    »Bring mich hin«, nickte er entschlossen.
    *
    Sophie war übel, aber sie wagte es nicht, Wittgen zu bitten, sie loszubinden. Wahrscheinlich spielte es ohnehin keine Rolle mehr. Aufgerichtet saß sie auf dem Lehnstuhl, die Unterarme mit breiten Riemen an die Lehnen gefesselt, ein Strick hielt ihre Körpermitte. Ihre Stirn wurde mithilfe eines breiten Bands zurückgedrückt, sodass sie nicht einmal den Kopf zur Seite wenden konnte. Wittgen schien etwas zu suchen. Ihre Hände waren feucht und kalt, und am liebsten hätte sie darum gebeten, ein Fenster zu öffnen, um atmen zu können. Die Angst wurde ihr bewusst, und dieses Mal war es berechtigt, Angst zu haben. Doktor Wittgen hatte die ganze Zeit über kein Wort gesagt, sondern sie nur gepackt und auf den Stuhl gezwungen, um sie zu fesseln. Wie gelähmt saß sie da, unfähig, auch nur einen Finger zu rühren. Erst jetzt, da er sich abgewandt hatte und sie einen Moment allein mit sich und ihren Gedanken war, verstand sie, was gerade geschah.
    »Was werden Sie mit mir tun?«, fragte sie und schluckte, als ihre Stimme schwach und piepsig in ihren Ohren widerklang. »Sie können mich nicht töten! Man weiß, dass ich hier bin.«
    Sophie konnte sein Schmunzeln förmlich hören. »Ich werde bezeugen, dass du mein Haus wohlbehalten verlassen hast.«
    »Dann lassen Sie mich gehen?« Sophies Herz machte einen Sprung, aber die jäh aufkeimende Hoffnung wurde schon im nächsten Moment wieder zunichte gemacht.
    »Halt mich nicht für naiv, Kind.« Endlich schien er gefunden zu haben, wonach er gesucht hatte. Etwas klappte zu, und im nächsten Moment trat Wittgen wieder in Sophies Sichtbereich. Bedauern lag in den ernsten Zügen – und eine Kälte, die Sophie frösteln ließ. »Du wirst gleich schlafen. Tief genug, dass dich das Wasser der Lahn nicht wecken wird. Du wirst mit dem Gesicht nach unten treiben, und jeder wird denken, es sei ein Unfall gewesen. Vielleicht erzähle ich, dass dir nicht gut war, wenn man mich befragt. Du warst nicht recht bei Sinnen, wolltest hinab zum Fluss. Ich habe dich noch gewarnt, dass du vorsichtig sein sollst, der Strom ist schnell und reißend zu dieser Jahreszeit, aber du wolltest nicht auf mich hören. Bedauerlich, es schmerzt, ein Leben so jung verblühen zu sehen.«
    Eine eisige Klaue griff nach Sophies Hals. Das sollte also ihr Ende sein, ersäuft wie eine junge Katze. Und wahrscheinlich würde man Wittgen wieder glauben, wenn er behauptete, von nichts zu wissen. Man hatte ihm ja immer geglaubt.
    »Musste deshalb auch Helene sterben?« Ihr Mund war trocken und rau. »Warum? Was hat sie herausgefunden?«
    Ein Schatten schien sich für einen kurzen Moment über Wittgens Gesicht zu legen. Er wandte sich ab. »Helene war deine Freundin, nicht wahr?«
    Sophie wollte nicken, aber das Band um ihre Stirn verhinderte jede Bewegung. »Ja«, sagte sie daher leise. »Und ich hätte nie geglaubt, dass Sie Ihre eigene Tochter umbringen.«
    Wittgens Schultern hoben sich, er atmete tief durch. »Helene war ein wenig wie du. Sie verstand es nicht. Sie verstand nicht, dass es notwendig war. Sie wollte zur Polizey gehen. Zur Polizey, meine Tochter. Mein eigen Fleisch und Blut!« Wittgen lachte heiser. »Du glaubst nicht, wie es schmerzt, das eigene Kind zu verlieren. Aber sie hat es einfach nicht verstanden.«
    »Was hat sie nicht verstanden? Dass Sie Ihr Eheweib umbringen wollten? Sie wollten doch Katharina umbringen. Sie wussten von ihrem Verhältnis, nicht wahr?«
    Einen Moment glaubte Sophie, Wittgen würde gar nicht mehr antworten. Stocksteif stand er am Fenster, die Hände auf dem Rücken verschränkt und den Blick hinaus gewandt. Leise Hoffnung keimte in ihr auf. Wenn er sie nicht gleich betäubte, blieb ihr noch Zeit. Vielleicht fragte sich Wilhelm inzwischen, wo sie geblieben war,

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