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Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Titel: Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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vielleicht holte er längst Hilfe oder versuchte schon, ins Haus zu kommen. Sie musste nur lang genug reden, damit sie Zeit gewann.
    »Warum haben Sie Katharina umgebracht und nicht ihren Liebhaber?«, fragte sie schnell, ehe das Schweigen zwischen ihnen zu schwer wurde. »Vielleicht war Katharina unschuldig, und der Student … «
    »Es gibt keine unschuldigen Frauen!«, fuhr Wittgen herum. Ein irres Funkeln brannte in seinen Augen, den Mund hatte er vor Hass zu einer grotesken Grimasse verzerrt. »Katharina war eine falsche Schlange! Wie alle anderen auch! Sie musste sterben!«
    Wie alle anderen auch … Sophie fiel es plötzlich wie Schuppen von den Augen. Lisbeths Brief, Wittgen als bedauernswerter Witwer … Katharina war nicht die erste, die Wittgens Eifersucht zum Opfer fiel. Wahrscheinlich hatte er auch seine anderen Frauen umgebracht. Hatten sie auch Liebhaber gehabt, oder gab es andere Gründe?
    »Aber warum musste Emilie Breuer sterben?«, fragte sie hilflos. »Frau Breuer war doch nicht mit Ihnen verheiratet. Oder hat Sie sie auch betrogen? Bringen Sie alle Frauen um, von denen Sie meinen, sie hätten Sie hintergangen?«
    Der Schlag kam ohne Vorwarnung, und trotz der Fessel wurde Sophies Kopf zur Seite geschleudert. Lichter tanzten für einen Moment vor ihren Augen, und ihre Wange brannte, als sei sie in heißes Pech getaucht worden.
    »Rede nicht von etwas, wovon du nichts verstehst«, zischte Wittgen, so dicht, dass sie seinen Atem auf ihrem Gesicht spürte. »Wenn jemand Schuld am Tod der Breuer trägt, dann Katharina. Schließlich war sie es, die sich zu fein war, meine Geschenke zu würdigen. Warum verschenkt sie sie auch?«
    »Dann war die Wurst gar nicht für Frau Breuer, sondern für Ihre Gemahlin?«, brachte Sophie mühsam hervor. Ihre Lippe schmerzte, und sie schmeckte Blut auf der Zunge. »Es war ein Unfall?«
    »Ein Unfall wäre es, wenn es eine Unschuldige träfe.« Doktor Wittgen richtete sich auf, seine Augen blickten kalt auf Sophie herab. »Gott weiß, dass kein Weib jemals unschuldig sein kann! Es ist gerecht zu töten, um Schuld zu sühnen.«
    »Das ist krank!« Hilflos zerrte Sophie an ihren Fesseln. »Sie sind krank im Geist. Gott, lassen Sie mich gehen!«
    Mit einem Ruck löste sich ein Riemen um ihren Unterarm. Sophie ruderte durch die Luft, der Schwung brachte den Stuhl zum Kippen. Sophie kniff die Augen zusammen, als sie mitsamt dem Möbel schwer auf die Dielen krachte.
    »Hiergeblieben!«, hörte sie Doktor Wittgen brüllen. Er packte ihre freie Hand, ehe sie an den zweiten Riemen gelangen konnte, bog das Gelenk zurück, sodass Sophie hell aufschrie.
    »Lassen Sie mich los!«, kreischte sie verzweifelt und versuchte zu strampeln, doch die Fesseln an den Fußgelenken hielten stand. Eine Faust traf ihre Wange, für einen Moment verschob sich die Welt vor ihren Augen und drohte in gnädiger Dunkelheit zu versinken. Losreißen!, schrie eine Stimme in ihrem Kopf, aber sie spürte bereits, wie ihr Widerstand erlahmte. Ihr Körper erschien ihr mit einem Mal unendlich schwer, ihre Glieder seltsam matt, als würden sie ihr nicht mehr gehorchen. Eine Hand packte ihr Kinn, Wittgens Finger drückten sich zwischen die Kiefer, sodass sie den Mund öffnen musste. Sophie wollte beißen, versuchte den Kopf wegzudrehen, aber die Finger hielten sie wie eiserne Klauen.
    »Schlaf gut, süße Sophie«, hörte sie Wittgens Stimme wieder nah an ihrem Ohr, absurd sanft. »Gleich hast du es überstanden.«
    Überstanden … Sophie keuchte und versuchte die Zunge gegen das Fläschchen zu schieben. Sie wollte schreien, sich losreißen, ihn fortschieben, doch Wittgen hielt sie mit eisernem Griff. Tränen schossen ihr in die Augen. Das konnte nicht das Ende sein, nicht jetzt! Sie hatte doch kaum gelebt, was sollte aus den Jahren werden, die ihr zustanden?
    Ein Rumpeln, dann tat es einen Knall, und plötzlich war die eiserne Hand fort. Sophie spuckte aus, griff sich mit den freien Fingern in den Mund, als könnte sie das Gift herauskratzen. Nichts schlucken!, schrie es in ihr, während sie spuckte und spuckte, bis ihr Mund schließlich ausgetrocknet war und sie erschöpft nach Luft rang.
    »Sophie!«
    Sophie blinzelte orientierungslos in das Gesicht, das sich vor ihre Augen geschoben hatte. Einen Wimpernschlag lang meinte sie, Wilhelm vor sich zu haben, doch dann erkannte sie das struppige blonde Haar und die sommersprossige Nase.
    »Hans!« Sie hätte niemals geglaubt, beim Anblick des Jungen eine solche

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