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Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Titel: Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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beschützt ihn und …
    »Warum sollte der Herr Wittgen das tun?«, bellte der Metzger, der mit wedelnden Armbewegungen versuchte, die Umstehenden zum Schweigen zu bringen. »Der schützt doch niemanden, der ihm Frau und Tochter umgebracht hat!«
    »Wo stehen Sie eigentlich?«, keifte ein anderer, ein dürrer Schneider mit schütterndem Haar, der die Arme verschränkt hielt. »Wie können Sie diese Hexe in Schutz nehmen und einen Mann wie Doktor Wittgen beschuldigen?«
    Julius holte tief Luft. Das anhaltende Gemurmel hatte den drohenden Unterton eines Bienenstocks angenommen, in dem man mit einem Ast herumstocherte. Das Stochern musste ein Ende haben, bevor die Bienen über ihn her fielen und alles vergeblich war.
    »Weil ich weiß, dass ich recht habe«, sagte er bestimmt. »Es gibt Beweise, und ich werde … « Er hielt inne, als sein Blick auf eine kleine Gruppe fiel, die im Eilschritt den Berg hinaufkam. Sein Herz stockte, im ersten Moment dachte er, es sei Sophie, die über Hugos Schulter hing, aber dann erkannte er sie, wie sie die Röcke gerafft voranlief und ihm wild zuwinkte. Grenzenlose Erleichterung erfasste ihn. Sie waren erfolgreich gewesen.
    »Dreht euch um!«, rief er und deutete über die Köpfe der Menge hinweg auf die Neuankömmlinge. »Dreht euch um, wenn ihr mir nicht glaubt! Die Hexe ist unschuldig! Und wir können es auch beweisen!«

XV
    »Es ist freundlich, dass Sie mich begleiten.« Julius verzog die Lippen zu einem schiefen Lächeln, während er die Hand an den Türklopfer legte. Noch einmal atmete er durch, dann ließ er das schwere Stück auf das Holz schlagen.
    Wachtmeister Schmitt grinste. »Na, kommen Sie. Das ist jetzt das Mindeste. Wenn Sie mit Ihrer Sturheit nicht gewesen wären, hätte sich niemand an Wittgen herangewagt.« Aufmunternd drückte er Julius’ Schulter, eine Geste, die merkwürdig vertraulich schien, aber dennoch nicht falsch. »Für jemanden, der einmal der Brunnenmaid eine Unterhose über den Kopf gezogen hat, ist aus Ihnen was Feines geworden.«
    »Ich habe Ihnen damals schon gesagt, dass ich das nicht gewesen bin«, brummelte Julius, verstummte aber, als die Tür geöffnet wurde.
    Hermann war es, der sie hereinließ. Sein Bruder ließ mit keiner Regung erkennen, was er dachte. Still bedeutete er ihnen, hinauf zur Bibliothek zu gehen, wo das Tribunal wohl schon tagte. Julius erwartete ohnehin nicht viel. Sein Vater hatte sich noch nie damit hervorgetan, dass er zu großen Dankesbekundungen neigte. Im besten Fall kam er wohl ohne Rüge aus der Sache heraus – wenn man nicht schon längst beschlossen hatte, beim Kurfürsten um die Berufung eines anderen Adjunkts zu ersuchen. Julius stellte verwundert fest, dass er es bedauern würde, wieder gehen zu müssen. Obwohl er sich anfangs schwer getan hatte, sich an das beschauliche Leben in Marburg zu gewöhnen, mochte er die Stadt und ihrer Bewohner doch irgendwie.
    Sein Vater erwartete sie bereits. Ratsherr Laumann stand am Fenster, im Mundwinkel eine Pfeife, an der er kaute, wie er es immer tat, wenn er nachdachte. Es war wieder Markttag, und geschäftiger Lärm drang zu ihnen hinauf, als hätten die Ereignisse der letzten Wochen niemals stattgefunden.
    Julius blieb neben der Tür stehen, wartete, bis auch Schmitt und sein Bruder eingetreten waren. Dann räusperte er sich. »Vater?«
    Laumann knurrte leise, ohne sich umzudrehen. »Ich habe euch wohl gehört. Du bist spät.«
    »Ich musste Adams Bein noch versorgen. Er hält seinen Verband nicht sauber.«
    »Und du weißt es besser, wie?«
    »Es ist meine Aufgabe als Arzt, es besser zu wissen.«
    Laumann schwieg, sog einen Moment an seiner Pfeife, ehe er sie aus dem Mund nahm und weißlichen Rauch in die Luft blies. Dann drehte er sich endlich um. Aus verengten Augen musterte er Julius. »Nicht nur als Arzt.«
    Julius antwortete nicht, sondern erwiderte den Blick nur mühsam gelassen. Schon früher hatte sein Vater ihm vorgeworfen, altklug daherzureden, aber das war ein Vorwurf, den man einem Zehnjährigen machen konnte, nicht einem erwachsenen Mann. »In diesem wie in jenem Fall habe ich recht behalten, oder?«
    Laumann nickte langsam. »Du hattest recht, und ich hatte unrecht. Dazu muss ich dir wohl gratulieren.«
    »Meinen aufrichtigen Dank, Vater.« Julius neigte den Kopf ein wenig steif. »Ich bin mir sicher, es fällt Ihnen nicht leicht, es auszusprechen.«
    Er spürte neben sich die entgeisterten Blicke, die Schmitt und Herman tauschten, aber zu seiner

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