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Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Titel: Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Gesellschaft.«
    Lottes Mundwinkel zuckten freudlos. »Sie durchschauen mich.«
    »Heute muss man kein Hellseher sein, um zu erkennen, dass Sie Seelenqualen plagen. Hier«, er zog einen zusammengefalteten und verschnürten Packen Papier aus der Rocktasche, »die Zukünftige meines lieben Brentano bat mich, es Ihnen zu geben.«
    »Von Sophie Mereau?« Lotte hob überrascht den Kopf. »Für mich?«
    Savigny lächelte sacht. »Ihre Gedichte haben ihr gefallen. Sie sendet Ihnen nun ihre eigenen und lässt entschuldigen, dass sie nicht selbst vorbeikommt, aber sie wird zurzeit von heftigem Unwohlsein geplagt.«
    Lotte nickte stumm. Die Lippen fest aufeinander gepresst, starrte sie auf das Bündel in ihrer Hand, ehe sie es hastig zur Seite legte. »Ich sollte aufhören.«
    »Aufhören womit?«
    »Zu schreiben.« Lotte holte Luft, aber die Beklemmung in ihrer Brust, dieses Gefühl der Beengung blieb. »Ich sollte nicht so vermessen sein, es der Mereau gleichtun zu wollen.«
    Savigny blähte die Nasenflügel, wie er es immer tat, wenn ihn etwas unerwartet überraschte. »Darf ich erfahren, was Sie dazu bewegt? Ich hoffe, es ist nur eine vorübergehende Melancholie, die mit der ersten Wintersonne auf schneebedeckten Dächern schwindet.«
    Lotte lachte leise. »Jetzt sind Sie der Poet.«
    »Ein unwürdiger, verglichen mit Ihnen.«
    »Vielleicht sind meine Verse gelungen, aber es lebt keine Seele in ihnen. Es kann keine in ihnen leben.« Lottes Blick glitt zu dem Papierbündel, Bitterkeit kroch gallig den Rachen empor. »Ich schreibe von Liebe und Freiheit, von Gefühlen und Sehnsüchten, aber im Leben kauere ich mich in meinem Käfig zusammen und wage es kaum, mich zu rühren, aus Angst, die Hand, die mich füttert, könnte sich zurückziehen.«
    »Sie sprechen von Ihrem Bruder.«
    Lotte nickte kaum merklich. Mehr als einmal Mal hatte sie sich an diesem Abend gewünscht, sie hätte Käthe längst schon in den Keller geschickt, um die Flasche mit dem Wein zu holen, doch nun war sie froh, es nicht getan zu haben. Wein nahm dem Zweifel seine Härte, aber er vernebelte auch den Verstand, der nach einem Ausweg suchen sollte. »Ich hatte heute Abend Streit mit Sophie«, erklärte sie freimütig. Ihr Blick wanderte hinaus über die abendliche Stadt und weiter zu den Gärten, wo vereinzelt ein einsames Licht die Dunkelheit durchbrach. »Sie wirft mir vor, die Ideen und Grundsätze meines verstorbenen Gatten zu verleugnen. Und ich fürchte, sie hat recht.« Sie neigte den Kopf ein wenig, um einen Blick auf Savigny zu erhaschen, aber der saß nur stumm da und sah sie aufmerksam an. »Sie kannten meinen Conrad ja. Er war ein treuer Untertan, aber seine Gedanken und Ideen sprengten die Grenzen unseres beschaulichen Staates. Er hat Voltaire ebenso gelesen wie Kant und all die Schriften, die man während der großen Revolution in Paris verfasst hat. Und was er las und für gut befand, lebte er – in dem Rahmen, der ihm als Untertan unseres Herrn Kurfürsten blieb.«
    Savigny nickte. »Ich weiß. Der Revolutionär im Geist, aber der brave Bürger in der Tat.«
    »Seien Sie froh, dass er Sie nicht mehr hört. Auch wenn Sie natürlich wie immer richtig liegen.« Lotte musste schmunzeln. »Er förderte meine Liebe zur Poesie und erzog unsere Töchter dazu, ihren Kopf zu gebrauchen, anstatt ihn nur zur Schau zu tragen. Doch genau dazu muss ich Sophie nun zwingen.«
    »Wenn es wegen Wilhelm Grimm ist, so kann ich Sie wirklich beruhigen. Der junge Mann ist … «
    »Wilhelm Grimm ist nur eins der Probleme.« Lotte verschränkte die Finger vor sich auf dem Schoß. »Mein Bruder sieht es nicht gerne, wie sie sich gibt – die französische Frisur, dass sie liest und sich mit Studenten sehen lässt … und jetzt hat sie sich auch noch in den Kopf gesetzt, Helene Wittgens Tod zu untersuchen. Mein Bruder war gestern nach der Beerdigung bei mir, um mich anzuweisen, meine Tochter im Zaum zu halten. Ich soll ihr die Zügel anlegen, die ich selbst nicht tragen will und doch muss.«
    »Warum müssen Sie das?«
    »Mein Bruder ist der Vormund meiner Töchter. Und er ist es, der uns das Geld zum Leben gewährt. Mein verstorbener Gatte war nie sehr sparsam. Sobald er ein Buch fand, dass ihn interessierte, kaufte er es, ohne sich darum zu scheren, ob Geld dafür da war.«
    »Das Ergebnis ist eine wundervoll eingerichtete Bibliothek.«
    »Wertloser Tand in den Augen meines Bruders. Und gefährlich, weil dazu geeignet, junge Mädchen auf dumme Gedanken zu

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