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Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Titel: Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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mehrere Ansätze«, schloss Wilhelm. »Es gibt diesen Studenten, der anscheinend ein Techtelmechtel mit Katharina Wittgen hatte. Es gibt die Hexe, die vielleicht auch etwas mit der Sache zu tun hat. Jedenfalls hat Katharina Wittgen sie aufgesucht.«
    »Ich glaube ja, dass Helene herausgefunden hat, dass ihre Stiefmutter ihren Vater betrügt«, warf Sophie ein. Ihr war inzwischen leicht schwindelig, weil sie nur sehr flach atmete. Es wurde Zeit, dass sie hier herauskam. »Deshalb hat Katharina die Hexe aufgesucht und das Gift besorgt, mit dem sie Helene umgebracht hat.«
    »Zumindest scheint es so auf den ersten Blick.« Julius verzog einen Mundwinkel, während er die Ärmel wieder zurückkrempelte. »Allerdings sind Vermutungen zu wenig, um meinen Vater und die Polizey zu überzeugen. Wir müssen den Studenten finden. Habt ihr schon einen Namen?«
    Wilhelm schüttelte den Kopf. »Paul und Caspar waren zu betrunken, um ihn sich zu merken, und ich konnte bislang nicht herausfinden, um wen es sich handelt.«
    »Und das Dienstmädchen habe ich bislang nicht angetroffen«, ergänzte Sophie.
    Julius brummte leise. »Dann müssen wir ihn eben dort suchen, wo er sich bevorzugt aufhalten soll. Wirtshaus an der Lahn sagtet ihr?«
    »Das kann ich übernehmen«, meldete sich Wilhelm. »Paul kommt sicher mit, und ich … «
    »Du gehst nirgendwohin«, schüttelte Julius den Kopf. »Du gehörst ins Bett und hältst Ruhe. Das Wirtshaus schaue ich mir an.«
    »Dann besuche ich die Hexe.« Sophie nahm das Tuch vom Gesicht, bemüht, entschlossen zu wirken. »Und nun sag nicht, das sei zu gefährlich. Wenn Katharina Wittgen dorthin gegangen ist, kann ich das auch.«
    Julius musterte sie einen Moment schweigend und wandte sich dann ab, um seinen Rock von einem Haken an der Wand zu nehmen. »Was erzähle ich deiner Mutter, wenn dich die Hexe gefressen hat?«
    »Dass an den alten Märchen mehr Wahres ist, als man denken mag.« Sophies Mundwinkel formten ein schwaches Grinsen. »Wer soll es sonst machen? Die Zeit drängt, das sagst du selbst, und ich verwette meine Hand, dass sie dir nicht halb so viel sagen würde wie mir.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Gefühl.« Das Grinsen würde eine Spur breiter. »Etwas, was dir bisweilen abgeht.«
    Sie konnte sehen, wie es in Julius’ Gesicht arbeitete, und für einen Moment frohlockte sie, ihn überzeugt zu haben. Doch dann schüttelte er den Kopf.
    »Du gehst nicht«, entschied er.
    »Aber ich könnte … «, begann Wilhelm, verstummte jedoch gleich wieder, als Julius ihm mit einer ärgerlichen Geste über den Mund fuhr.
    »Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt?«
    Wilhelm schüttelte trotzig den Kopf. »Sie können mir nichts vorschreiben. Ich gehe an Sophies Stelle.«
    »Ich bin dein Arzt, und als solcher spreche ich gerne mit deinem Bruder, dass er dich festketten soll, wenn du albern wirst.«
    »Das wagen Sie nicht.«
    »Verwettest du deine rechte Hand darauf?«
    Wilhelms Kiefer mahlten sichtbar. Stur hielt er Julius’ Blick stand, die Lippen fest aufeinander gepresst, bis er schließlich den Kopf zur Seite wandte. »Sie sind ein Tyrann«, murmelte er und erhob sich. »Sind Sie deshalb Arzt geworden, damit man Ihnen nicht widerspricht?«
    »Das ist sicher einer der Vorteile«, sagte Julius nüchtern. »Und nun geht, ich habe noch einiges zu erledigen. Sophie, wo kann man diese Dienstmagd der Wittgens am besten abpassen?«
    »Was weiß ich? Auf dem Markt vielleicht? Wenn du mehr Glück hast als ich«, blaffte Sophie. »Warum fragst du?«
    »Weil ich sie suchen und ein paar Münzen investieren werde.«
    *
    Es schien, als wollte sich der Spätherbst nach dem Regen der letzten Tage noch einmal ins Zeug legen. Am Morgen hatte das Lahntal noch in dichtem Nebel gelegen, der sich im Laufe des Vormittags aufgelöst hatte. Ein tiefblauer Himmel, wie man ihn sonst nur an goldenen Oktobertagen erlebte, wölbte sich über das Land, sodass Julius in seinem Wollrock fast schon schwitzte, während er am Brunnen stand und suchend den Hals reckte.
    Es war Markttag und der Platz vor dem Rathaus dicht gepflastert mit Ständen der Bauern aus den umliegenden Dörfern. Die Marburger waren aus ihren Häusern geströmt, eilten, hasteten und schlenderten umher, Ratsherren in ein Gespräch vertieft, hier ein Bursche, der schnaufend einen Sack auf die Schulter wuchtete und mit klappernden Holzpantinen davontrug, dort Handwerkerfrauen mit ihren Körben, die schnatternd den neuesten Tratsch austauschten. Ein

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