Die Tote im roten Cadillac
passablen Stimme. »Geoffrey, ich finde das empörend!«
Der Kerl murmelte etwas, verbeugte sich einige Male tief und verschwand. Ich schloß die Tür wieder und kam lachend auf sie zu.
»Routine, gnädige Frau, nichts als Routine... Wo waren wir stehengeblieben? Ach ja, ich sagte, daß Olivia nicht der Ansicht war, Webster könne ein Dieb sein.«
»Liebe macht blind, Mister Rodney, total blind! Es ist mir unbegreiflich, wie mein Mann mit diesem Subjekt auskommen kann. Ich habe es Cecil — ich meine Mister Anderson — schon so oft gesagt, aber in dieser Beziehung hört er nicht auf mich.«
Ich dachte, daß Cecil B. Anderson vermutlich längst im Irrenhaus sitzen würde, wenn er auf diese Frau hörte.
»Was haben Sie denn gegen Webster?« fragte ich.
»Lloyd ist ein Mitgiftjäger. Er liebte Olivia nicht. Und außerdem ist er ein Spieler. Ich kann Spieler nicht ausstehen. Sie verlieren nur das Geld, das andere Leute mühsam verdient haben.«
Ich hätte sie zu gern gefragt, wann und wo sie selber schon einmal den Versuch gemacht hatte, auch nur einen einzigen Cent zu verdienen — aber das kleine Wort »Spieler« machte mich plötzlich hellhörig. Ich erinnerte mich an die Silbermünze, den Nevada-DolIar, der auch aus Las Vegas stammen konnte.
»So?« sagte ich erstaunt. »Er ist ein Spieler? Das ist allerdings schändlich. Aber ich finde, man sieht ihm das nicht an.«
»Ich weiß aber, daß er spielt, und ich hätte ihn ohne Federlesens der Polizei gemeldet, wenn Cecil — ich meine Mister Anderson — hier gewesen wäre. Ich wollte das eigentlich alles ruhen lassen, bis er von seinem Ausflug zurückkommt. Stellen Sie sich vor, er ist mit einem Zelt unterwegs zum Angeln. Und wir können ihn nun nicht einmal erreichen. Er ist, glaube ich, irgendwo am Großen Bärensee.«
»Nein«, sagte ich lächelnd. »Am Mojave-Fluß.«
Ihre Augen blinzelten mich überrascht an.
»Woher wissen Sie denn das?«
»Wir sprachen gestern abend ausführlich über dieses Thema, gnädige Frau.«
»So? Das weiß ich gar nicht mehr. Aber wo er auch sei, wir können ihm nicht einmal die Nachricht von dem Unglück übermitteln. Wie finden Sie das?«
»Sehr vernünftig«, murmelte ich.
»Wie bitte?«
»Ich meine, er wird im Urlaub seine Ruhe haben wollen.«
»Ach so, ja, natürlich.«
»Wie war das nun mit dem Zaster?«
»Zaster? Wer ist Zaster?«
»Ich meine die fünftausend Dollar. Wie war’s damit?«
Sie zeigte auf ein Möbelstück, das aussah wie eine Kreuzung zwischen einem Kleiderschrank und einem Schubkarren, und sagte:
»Da drin hatte ich es. Ich habe es am Vormittag von der Bank geholt, nachdem ich mir einen entzückenden Hut gekauft hatte — ganz zartes Violett mit einem Schleierchen und winzigen weißen Blüten. Jasminblüten, glaube ich...«
»Lassen wir vorerst den Hut. Da drin war also das Geld.«
»Ja«, sagte sie pikiert. »Da hinein legte ich es, als ich es von der Bank geholt hatte. Cecil — ich meine Mister Anderson — hatte mir nicht genug hiergelassen. Er hatte es sicherlich vergessen. Es war in einem Umschlag, noch gebündelt, wie ich es von der Bank bekommen hatte. Als ich es dann wieder herausnehmen wollte, war es verschwunden. Bitte schön — wer anders als Lloyd kann das gewesen sein?«
»Tja«, sagte ich, »wer anders? Schließlich ist Lloyd ja der einzige Mensch, der in Ihrem Haus herumläuft.«
Sie schaute mich verständnislos an.
»Wieso?« fragte sie. »Wieso ist Lloyd der einzige Mensch?«
»Wieso?« fragte ich zurück. »Wieso muß es ausgerechnet Lloyd gewesen sein?«
»Weil sonst niemand anders in Frage kommt«, sagte sie überzeugt. »Und weil er wahrscheinlich beim Spielen Geld verloren hat.«
»Wo spielt er denn?«
»Ich glaube in Malibu — oder in Venice. Vielleicht auch in Long Beach — ich weiß das nicht so genau.«
»Woher wissen Sie es überhaupt?«
»Mein Sohn sagte es mir. Robby ist ein sehr kluger Junge, er bringt alles heraus, und...«
»Ach ja«, unterbrach ich sie, »dann muß es ja unbedingt stimmen.«
»Ja, nicht wahr?« rief sie erfreut. »Das denke ich mir auch. Was wollen Sie nun tun, Mister Rodney?«
»Ich heiße immer noch nicht Rodney, sondern Scott — Randy Scott —, und bin Detektiv von Beruf. Nur Detektiv und sonst gar nichts. Olivia hat mich beauftragt, festzustellen, daß Lloyd Webster kein Dieb ist, verstehen Sie — daß er an dem Diebstahl unschuldig ist. Ich werde diesen Auftrag zu Ende führen.«
»Er ist ein Dieb!« trumpfte sie
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