Die Tote im roten Cadillac
auf. »Er hat das Geld gestohlen!«
»Um so besser«, meinte ich. »Aber ich brauche Beweise, und die werde ich finden.«
Sie tupfte sich mit einem Taschentuch ein wenig an der Nase herum, und ich sah, daß die Spuren von Hirn, die sie besitzen mochte, auf höchsten Touren arbeiteten. Da kam es auch schon:
»Hören Sie mal, Mister... äh... hören Sie mal: ich bin überzeugt davon, daß Lloyd das Geld gestohlen hat. Aber ich denke mir, es würde auf Cecil — Mister Anderson — wesentlich mehr Eindruck machen, wenn man einen Beweis dafür hätte. Könnten Sie mir diesen Beweis beschaffen?«
»Warum nicht?« sagte ich, »Wenn Mister Webster das Geld genommen hat, kann ich den Beweis vermutlich erbringen.«
Sie nickte eifrig.
»Das wäre großartig. Cecil ist nämlich immer so gutgläubig. Man muß ihn vor solchen Menschen schützen. Ich würde Ihnen ein gutes Honorar bezahlen — für den Beweis, meine ich.«
»Was verstehen Sie unter einem guten Honorar?« fragte ich.
»Nun — sagen wir fünfhundert Dollar?«
Ich zauberte mein Grinsen Nummer eins aufs Gesicht, das ich sonst nur in Hafenkneipen zu zeigen pflege, und sagte:
»Ich weiß nicht, was Sie sich unter einem Detektiv bisher vorgestellt haben — aber jedenfalls war es falsch. Für solche krummen Sachen verlange ich mindestens fünftausend.«
Sie zuckte zusammen und schaute mich groß an. Die Wirkung der Zwiebel hatte inzwischen nachgelassen.
»Aber, Mister Rodney, wie kommen Sie mir denn vor! Haben Sie gesagt: eine krumme Sache?«
»Verzeihung, gnädige Frau — dieser Ausdruck entstammt nicht Ihren Kreisen. Wir können es auch Schiebung nennen. Sie wollen doch, wenn ich Sie recht verstanden habe, nichts anderes als den Beweis, daß Lloyd Webster ein Dieb ist — um ihn von hier verschwinden zu lassen?«
»Er ist ein Dieb! Und ich muß Cecil — ich meine ...«
»Nun gut, ja! Ich habe schon verstanden. Ich mache Ihnen einen Vorschlag, gnädige Frau: Wenn ich Ihnen den Beweis liefere, bekomme ich von Ihnen dreitausend. Da ich von Olivia bereits zweitausend bekommen habe, um das Gegenteil zu beweisen, kriege ich auf jeden Fall mein volles Honorar zusammen.«
Ich hatte ihr den Brocken mit den zweitausend hingeworfen und war neugierig, ob sie sich vielleicht verplappern würde. Aber sie tat es nicht.
»Zweitausend?« murmelte sie erstaunt. »Sie haben von Olivia zweitausend Dollar bekommen?«
»Ja.«
»Das kann ich nicht verstehen. Woher hatte sie soviel Geld?«
»Das weiß ich auch nicht. Es geht mich auch nichts an. Jedenfalls kostet es Sie jetzt nur noch dreitausend, und wenn ich nichts herausbringe, brauchen Sie auch nichts zu bezahlen — das heißt, einen Vorschuß, einen auf alle Fälle verlorenen Vorschuß von fünfhundert Dollar müßte ich natürlich haben.«
»Sofort?« fragte sie.
»Sofort«, sagte ich.
Sie stand auf und ging an das merkwürdige Möbelstück.
Ich beobachtete sie genau und sah, wie sie aus ihrer Handtasche einen kleinen Schlüssel nahm und ein Fach aufschloß. Da sie mit dem Rücken zu mir stand, konnte ich nicht sehen, was sie machte, aber ich hörte Geldscheine knistern. Dann sperrte sie das Fach wieder zu und verstaute den kleinen Schlüssel in ihrer Handtasche. Sie gab mir das Geld nicht in die Hand, sondern legte es auf den Tisch. Es waren fünf Hundertdollarnoten.
Ich nahm sie und steckte sie in meine Tasche.
»Danke«, sagte ich. »Haben Sie den Schlüssel immer in Ihrer Tasche da?«
»Ja, immer. Tag und Nacht.«
»Und wie könnte Lloyd Webster an den Schlüssel gekommen sein?« fragte ich.
»Ganz einfach«, sagte sie mit entwaffnender Harmlosigkeit, »ich lasse meine Tasche immer irgendwo herumliegen, und irgend jemand findet sie und bringt sie mir zurück.«
»Ja — dann allerdings. Darf ich mir das Schloß mal ansehen?«
Ich wartete ihre Antwort gar nicht erst ab, sondern trat an das antike Möbelstück. Zu meiner Überraschung entdeckte ich an dem bewußten Fach ein modernes Yale-Schloß, das nachträglich eingebaut worden war. Es gehörte schon sehr große Erfahrung dazu, dieses Schloß aufzubringen, ohne es zu beschädigen, oder aber man mußte den Schlüssel haben.
Ich wandte mich zu ihr um.
»Hat jemand einen zweiten Schlüssel?«
»Nur — Mister Anderson.«
»So — Ihr Mann. Glauben Sie, daß er ihn zum Angeln mitgenommen hat?«
»Wohl kaum. Meistens liegt er drüben in seiner Schreibtischschublade.«
»Haben Sie mal nachgesehen, ob der Schlüssel noch da ist?«
Sie schüttelte
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