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Die Tote im roten Cadillac

Die Tote im roten Cadillac

Titel: Die Tote im roten Cadillac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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albernen Leuten und viel Geld. Vielleicht, wenn man Sekretärin oder Blumenverkäuferin oder sonst irgendwas wäre, und wenn man nur das Geld hätte, das man selbst verdient — vielleicht könnte man dann etwas anderes finden. Aber soll ich hier alles liegen- und stehenlassen? Soll ich wirklich versuchen, Sekretärin oder Blumenverkäuferin zu werden?«
    Ich schüttelte nur leicht den Kopf, und sie fuhr fort:
    »Sehen Sie! Um einen Beruf auszuüben, muß man etwas gelernt haben und etwas können. Ich habe nichts gelernt, höchstens, nach der letzten Mode gekleidet zu sein. Meinen Sie, daß man davon leben könnte?«
    »Hmm«, machte ich, »und weil Sie das nicht können, müssen Sie mal ganz schnell heiraten, um zwei Millionen zu verdienen, die sich jetzt auch noch auf drei erhöht haben?«
    »Ja«, sagte sie entschlossen, »genau das will ich! Ich will das Geld haben, und dann will ich irgendwo ein kleines Haus haben, und ich will ein Kind haben, vielleicht auch zwei, und dann will ich meine Kinder so erziehen, wie ich nicht erzogen worden bin. Ich will einen Jungen haben, und der soll gar nicht wissen, daß wir Geld haben. Er soll irgendwo in die Schule gehen und soll was lernen, und dann soll er in einer Tankstelle arbeiten, oder in einer Fabrik, und er soll müde sein, wenn er abends heimkommt, und er soll nicht wissen, was Kaviar ist, und er soll sich die ganze Woche darauf freuen, daß er am Sonntag Baseball spielen kann.«
    Als ich vom Haus her zu ihr gegangen war, da hatte ich daran gedacht, diesen kleinen Fratz in den Arm zu nehmen und zu küssen. Jetzt hatte ich diesen Gedanken nicht mehr. Ich vergaß sogar, daß sie nur einen winzigen Bikini anhatte, daß ihre Haut duftete und daß ihr Haar nach kaltem, klarem Wasser roch.
    Ich merkte, daß sie mich anschaute und blickte ihr in die Augen. Sie brach in ein helles, übermütiges Lachen aus.
    »Wenn Sie Ihr Gesicht jetzt im Spiegel sehen würden — köstlich! Ich glaube, wir sollten doch etwas trinken.«
    Sie steckte den Zeigefinger und den Ringfinger ihrer rechten Hand in den Mund und pfiff zweimal kurz und gellend.
    Fast augenblicklich kam der Diener angetrabt, bekam Kulleraugen, als er mich hier sitzen sah, und fragte mit devot gekrümmtem Rücken nach den Wünschen von Miss Audrey.
    »Whisky«, sagte sie, »Eis und Soda. Aber bitte schnell!«
    Der Diener machte kehrt wie ein dressiertes Zirkuspferd und trabte zum Haus zurück.
    »Irgend jemand«, fing ich an, »sagte mir, Sie hätten eine ganze Menge Skandale hinter sich, und ein Bankdirektor hätte sich Ihretwegen beinahe erschossen.«
    Wieder lachte sie.
    »Und ob, Mister Scott, und ob! Ich gebe mir redliche Mühe, das zu tun, was man hierzulande von einer Millionärstochter erwartet. Aber nicht ich habe Bobby Stronton ruiniert, sondern er sich selbst. Es hat mir Spaß gemacht, einen Haufen Geld von ihm zu verlangen, immer wieder; aber konnte ich wissen, daß er mir mehr gegeben hatte, als er überhaupt besaß?«
    »Wozu haben Sie so viel Geld gebraucht?«
    »Sie werden’s wahrscheinlich nicht glauben«, kicherte sie, »aber ich habe alles Robby geschenkt. Robby ist wie ein Faß ohne Boden. Ich nehme auch an, daß er kein Jahr braucht, um meine Mitgift durchzubringen.«
    »Und trotzdem wollen Sie ihn heiraten?«
    »Klar«, sagte sie. »Ich weiß ja, was mir blüht. Aber ehe er alles verjubelt hat, habe ich mein Häuschen und vielleicht auch schon die Kinder. Glauben Sie, daß sie Sommersprossen haben werden?«
    »Das weiß ich nicht. Hoffen wir’s!«
    »Ja, hoffen wir’s. Denn dann werden sie eines Tages nur Sommersprossen und kein Geld haben, und dann werden sie womöglich glücklicher sein, als ich es bin.«
    »Ihre Theorien, Audrey, könnten selbst einen alten Cowboy aus dem Sattel heben. Ich würde gern privaten Unterricht in Weltanschauung bei Ihnen nehmen.«
    »Abgemacht«, lachte sie. »Ich habe noch eine ganze Portion davon auf Lager.«
    Geoffrey kam mit einem Tablett, den Flaschen und dem Eis vom Haus her. Er tat bedächtig zwei kleine Eisblöcke in die beiden Gläser, goß Whisky drauf und spritzte ein wenig Soda drüber. Dann reichte er sie uns mit einer tiefen Verbeugung.
    »Sehr zu Ihrem Wohle, Miss Audrey! Sehr zu Ihrem Wohle, Sir!«
    Dann machte er kehrt und verschwand wieder.
    Wir tranken, und Audrey sagte:
    »Ist er nicht zum Kotzen, dieser Geoffrey? Er macht Verbeugungen und trieft vor Höflichkeit, weil wir Geld haben. In Wirklichkeit hat er uns jetzt höchstwahrscheinlich die

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