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Die Tote im roten Cadillac

Die Tote im roten Cadillac

Titel: Die Tote im roten Cadillac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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übernehme, zu Ende zu führen. Auch dann, wenn diese Klienten tot sind. Ich sehe augenblicklich noch keine Möglichkeit, Ihnen zuliebe eine Indiskretion zu begehen.«
    Er nagte an seiner Unterlippe herum, und dann fuhr er plötzlich auf:
    »Aber das ist doch Unsinn! Olivia und ich waren verlobt — sie hatte bestimmt vor mir keine Geheimnisse. Ich müßte es doch wissen, wenn irgend so was gewesen wäre. Aber ich weiß weder von einem Diebstahl noch daß Olivia zu einem Detektiv gehen wollte. Das Ganze kommt mir sehr sonderbar vor.«
    »Mir auch«, versicherte ich. »Aber trotzdem ist es so. Wollen Sie mir nun meine Frage beantworten?«
    »Ich sehe dafür keine Veranlassung. Einem Menschen, der mir hier Schauergeschichten erzählt, gebe ich keinerlei Auskünfte.«
    »Dann werden Sie es vielleicht aus einem anderen Grund tun: Die Polizei ist nicht abgeneigt, mich für einen Mörder zu halten. Sie werden begreifen, daß mir sehr viel daran liegt, sie von dieser Meinung abzubringen. Dazu muß ich aber den wahren Mörder finden, und ich nehme an, daß Sie das auch ein wenig intereessiert. Wann ist Miss Olivia gestern hier weggefahren, und wohin fuhr sie?«
    Er wischte sich mit seinen nervösen, langen Fingern über die Augen und sagte:
    »Ich glaube, das war etwa gegen sechs Uhr. Sie sagte nur, sie habe etwas vergessen und wolle es noch holen. Ich war gerade mit einigen Briefen beschäftigt, als sie es mir sagte, und deshalb fragte ich sie nicht weiter. Mehr weiß ich nicht.«
    »Kann es sein, daß sie zwischendurch wieder hier war?«
    »Das weiß ich nicht. Ich habe Ihnen gesagt, was ich weiß; würden Sie es nun nicht für richtig halten, mir zu sagen, was Olivia von Ihnen wollte?«
    »Tut mir leid, Mister Webster, ich kann es noch nicht sagen. Es würde Sie nur unnötig beunruhigen, vielleicht sogar zu einem Schritt veranlassen, der mich aus dem Konzept brächte. Lassen Sie mir ein paar Tage Zeit und haben Sie bitte Vertrauen zu mir. Ich verspreche Ihnen, den Mörder Olivias zu finden. Das muß Ihnen im Augenblick genügen. Haben Sie Mister Anderson schon vom Tode seiner Tochter verständigt?«
    »Ich versuche es andauernd, aber ich weiß nicht, wo er sich befindet. Ich habe an allen Orten, die er eventuell aufsuchen wird, Nachricht für ihn hinterlassen.«
    »Wie kam er mit Olivia aus?«
    »Sie war ihm von allen die liebste.«
    »Wäre es Ihnen möglich, mir eine Unterredung mit Mrs. Anderson zu vermitteln?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ausgeschlossen. Mrs. Anderson empfängt heute bestimmt keinen Menschen.«
    »Ach nein«, sagte ich. »Ich wußte gar nicht, daß ihre Gefühle für Olivia so herzlicher Art waren. Miss Olivia schien das auch nicht anzunehmen.«
    Wieder traf mich sein mißtrauischer Blick.
    »Ich weiß nicht, wie weit Olivia Sie über ihre Familienangelegenheiten unterrichtet hat. Aber Sie werden verstehen, daß Mrs. Anderson sehr erschüttert ist.«
    Ich nickte und grinste.
    »O ja, das verstehe ich sehr gut. Sagen Sie ihr doch bitte, daß Miss Olivia mich beauftragt hat, einen Dieb zu finden. Sie werden sehen, daß sie mich sofort empfängt, und zwar mit größtem Interesse.«
    Er erhob sich kopfschüttelnd. Seine Bewegungen wirkten alt und müde.
    »Wenn Sie meinen«, sagte er leise. »Ich kann es ja mal versuchen.«
    Ich blickte ihm nach, wie er durch die Tür ging, und überlegte, daß er der einzige war, der von Olivias Tod nichts profitierte.
    Für ihn war nicht nur ein Mensch gestorben, den er vielleicht wirklich geliebt hatte, sondern er hatte nun auch keine Hoffnung mehr, durch eine Heirat Mitglied einer immerhin angesehenen Familie zu werden und zu Geld zu kommen.
    Ich entließ auch Lloyd Webster aus meiner Retorte. Er war bestimmt nicht der Mörder ...

6

    Ich stand auf, ging zu der offenen Hallentür und blickte zu Audrey hinüber. Sie schwamm ein bißchen herum, tauchte, kam wieder hoch, kletterte aus dem Bassin, sprang wieder hinein; kurz, sie tat alles, was ein junges Mädchen in einem Swimming-Pool tun kann.
    Leider tat sie das allein, und ich hätte schon was geopfert, um mitzumachen.
    Ganz versunken in diese Szene fiel mir der Brief ein, den ich in meiner Wohnung gefunden und den ich immer noch in der Tasche hatte. Ich zog ihn heraus und betrachtete ihn zunächst einmal von außen genau. Die Adresse war mit Schreibmaschine geschrieben, der Umschlag mit einer Marke versehen, aber er zeigte keinen Poststempel. Der Schreiber hatte ihn also ursprünglich schicken wollen, es dann aber

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