Die Tote im roten Cadillac
durchkommt.
Als ich an der Vorderfront vorbeikam, war Eddies bunter Chevrolet noch nicht zu sehen. Es war auch erst halb acht Uhr.
Ich fand dann auf der Hinterseite, nicht weit vom Eingang, einen Parkplatz, und als ich gerade rückwärts einparkte, kam ein Mann aus der Tür, der haargenau Lloyd Webster glich. Ich paßte nicht auf und zog dem Wagen neben mir eine hübsche kleine Schramme über den Kotflügel. Trotzdem sauste ich gleich los, um den Mann noch zu erreichen.
Auf der Straße sah ich ihn auch gerade noch in einen Wagen einsteigen und wegfahren. Die Nummer konnte ich nicht mehr erkennen, aber ich hätte jeden Eid geleistet, daß es Webster gewesen war.
Da ich noch viel Zeit hatte und außerdem Zigaretten brauchte, schlenderte ich um den Block herum, kaufte mir zwei Päckchen Chesterfield und betrat das Haus durch den Haupteingang.
Ich war noch nicht richtig drin, als mindestens vier Blitzlichter aufflammten. Reporter umringten mich.
»Ein Interview, Mister Scott — bitte, ein Interview! Sie bearbeiten doch den Fall Olivia Anderson. Warum hat man Sie verhaftet? Wie sind Sie wieder freigekommen? Wen halten Sie für den Mörder? Haben Sie schon Spuren? Warum hüllt sich die Polizei in Schweigen? Wo ist Mister Anderson? Wann findet die Beisetzung statt?«
Von Rechts wegen hätte ich nun eigentlich erklären müssen, daß ich noch weniger wußte als sie. So was schadet aber nicht nur dem Ruf und der Publicity, sondern es wäre auch nicht höflich gewesen. Überall auf der Welt wäscht eine Hand die andere, und oft genug war ich auf die Reporter angewiesen; jedenfalls öfter, als sie auf mich.
Ich deutete auf einen freien Tisch in der Ecke der Eingangshalle.
»Bitte, meine Herren — machen wir’s uns dort gemütlich.«
Wir setzten uns, und ich beantwortete ihre Fragen nach der Art von astrologischen Horoskopen; das heißt, ich erzählte ihnen eine ganze Menge, ohne dabei irgend etwas Bestimmtes zu sagen.
»Mister Scott — wer hat Ihrer Ansicht nach Olivia Anderson erschossen?«
»Vermutlich war es jemand, der mit einer Pistole gut umgehen konnte. Ich glaube, daß der Mann ein Rechtshänder war.«
»Wer hat die Tote zuerst entdeckt?«
»Das läßt sich im Augenblick noch nicht genau sagen, meine Herren — jedenfalls habe ich die Polizei alarmieren lassen.«
»Glauben Sie, Mister Scott, daß zwischen dem Mörder und seinem unglücklichen Opfer ein Kampf stattgefunden hat?«
»Meiner Ansicht nach hat er sie ohne Kampf erschossen. Gewisse Anzeichen sprechen jedoch dafür, daß zwischen dem Mörder und seinem Opfer eine Meinungsverschiedenheit bestanden hat.«
Und so ging dieser blühende Unsinn noch mindestens eine Viertelstunde weiter. Erst als ich Eddie durch die Drehtür kommen sah, machte ich Schluß.
»Entschuldigen Sie mich jetzt bitte, meine Herren — ich habe eine dringende Besprechung.«
Eddie und ich mußten uns trotzdem nochmals in Positur werfen, um fotografiert zu werden. Das Bild ging morgen sicherlich durch die Presse, und ich hatte bereits Erfahrung genug, um zu wissen, wie die Unterschrift lauten würde:
>Randolph Scott, der in den Mordfall Olivia Anderson verwickelte Detektiv, spricht dem völlig gebrochenen Schwager der unglücklichen Toten Trost zu und stellt ihm die baldige Entlarvung des Mörders in Aussicht.<
Wir fuhren in mein Stockwerk hinauf, und ich sagte Eddie, daß ich Webster gerade gesehen hatte. Dies gab uns Anlaß zu einer angeregten Debatte, die wir dann auch noch in meinem Büro fortsetzten. Wir sprachen alles, was wir bisher wußten, nochmals durch.
Da Eddie außerdem meine persönliche Ansicht über diesen Fall kennenlernen wollte, erklärte ich ihm:
»An Tatsachen haben wir bisher nur, daß Olivia erschossen worden ist, und zwar mit einer Luger-Pistole. Weiter wissen wir, daß mir irgend jemand ein Schlafmittel oder so was Ähnliches in meinen Martini praktiziert hat. Das sind zwei Steinchen, zwischen denen noch einige andere fehlen; so weiß ich beispielsweise nicht, ob die Person, die mir das Schlafmittel verabreicht hat, die gleiche ist, die Olivia erschossen hat. Es kann sein — es kann aber auch anders sein. Die dritte Tatsache ist, daß mir irgend jemand in dem Augenblick, wo ich betäubt am Boden lag, die Mordwaffe zusteckte. Es kann nun wiederum sein, daß es der Mörder selber war, was voraussetzt, daß er an der Party teilgenommen hat. Damit wäre der Kreis der Verdächtigen von vorneherein begrenzt. Es könnte jedoch auch eine andere Person
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