Die tote Stadt: Frankenstein 5: Roman (German Edition)

wollen, der beweist, dass du Arzt bist, und dann müssten wir uns die Mühe machen, dir von irgendeiner Online-Universität einen Doktortitel zu kaufen. Aber wenn wir sagen, du hättest nicht nur die Welt gerettet, sondern gleichzeitig gegen eine Horde von gewalttätigen Klonen gekämpft, die versucht haben, den Sender an sich zu bringen – denk daran, von vier von ihnen haben wir bereits die Leichen –, wer könnte dann behaupten, du seist nicht, wofür wir dich ausgeben?«
    »Burt und Ralph. Sie wissen Bescheid.«
    »Burt und Ralph werden zum Mason-Morrell-Team ge hören. Ihre Karriere wird gemeinsam mit deiner einen Höhenflug antreten. Sie werden mitspielen.«
    »Ich glaube nicht, dass sie das tun.«
    »Sie werden es tun.«
    »Nein, das glaube ich nicht.«
    »UND OB SIE DAS TUN WERDEN!«, schrie Sammy und fügte augenblicklich hinzu: »Tut mir leid. Es frustriert mich einfach, dass du dich derart unterschätzt. Du bist immer so selbstbewusst, wenn du auf Sendung bist.«
    »Auf Sendung, ja. Aber das hier ist das Leben.« Endlich schlug er die Augen auf. »Aber vermutlich werde ich es tun, alles, was du willst.«
    »Du wirst nicht noch mal versuchen abzuhauen?«
    »Nein. Davor kann ich nicht weglaufen. Es gibt kein Entkommen. Das sehe ich jetzt ein.«
    Sammy sagte: »Mein Held.«
    »Ich glaube, diese Tür könnte verzogen sein. Wenn du Platz machst, krieche ich über das Armaturenbrett und komme durch die Beifahrertür raus.«
    Sammy sagte mit einem breiten Grinsen: »Lass uns Radio machen.«
    »Ja, klar. Lass uns großes Radio machen.«
    »Unvergessliches Radio.«
    Während Mason kopfüber dahing und Sammy innen auf dem Wagendach kniete, versuchten sie sich gegenseitig abzuklatschen, doch die irre Perspektive durchkreuzte ihr Vorhaben. Mason gab Sammy aus Versehen eine schallende Ohrfeige, und Sammy erwischte voll die Hupe des Sequoia.

19.
    Frost und Dagget hielten ihre Pistolen im Anschlag und bezogen zu beiden Seiten der halb offenen Tür zum Badezimmer Stellung, während sie den Stimmen lauschten, die dort drinnen in der Dunkelheit flüsterten. Sie klangen verschwörerisch und eifrig und finster, aber falls etwas von dem, was gesagt wurde, auch nur einen Funken Bedeu tung hatte, redeten die Verschwörer in einer Fremdsprache. Frost konnte kein Wort verstehen.
    Es klang wie eine Sprache, die ausschließlich aus Zisch lauten bestand. Es war ein Zischen und Zischeln, ein Schnaufen und Schnauben, ein Tuscheln und Nuscheln, was äußerst unwahrscheinlich zu sein schien. Dann, nach einem Moment, kam ihm das Flüstern nicht mehr verschwörerisch vor, sondern unruhig und aufgeregt. Als er es so zu sehen begann, wurde ihm klar, dass er gar keinen flüsternden Stimmen lauschte, sondern einer irgendwie gearteten Reibung. Ein Wesen glitt über ein anderes, rutschte darauf herum, schob sich darüber. Oder eine Horde von kleinen Wesen krabbelte über eine andere Horde, und all ihre Rückenschilde und zuckenden Fühler und spröden Beinchen rieben sich aneinander.
    Die Tür hing mit der linken Seite in den Angeln, und Frost stand rechts von ihr. Er griff mit der linken Hand um den Türrahmen herum, fand den Lichtschalter drinnen und schaltete das Licht im Badezimmer an. Dagget setzte sich bereits in Bewegung, trat ein, sagte ein Wort, das Frost noch nie aus seinem Mund – oder dem eines anderen Mormonen – gehört hatte, und wich so schnell in das Schlafzimmer zurück, dass Frost ihm noch gar nicht gefolgt war.
    Das geräumige Badezimmer war mit weißen Keramikfliesen gekachelt, zwischen denen blaue Schmuckfriese farbliche Akzente setzten. In einen langen Waschtisch waren zwei Waschbecken eingelassen, direkt vor ihnen befand sich eine Duschkabine und links eine Badewanne, die groß genug war, um Mann und Frau gleichzeitig Platz zu bieten. Über der Badewanne hing von der Decke bis in die Wanne hinein an einem dicken, klumpigen organischen Seil, das wie die Nabelschnur des Antichrist aus sah, ein schmierig wirkender Sack, der größer als ein Mensch war und in einer Vielzahl von Silber- und Grautönen schillerte.
    Die Tränenform suggerierte Schwangerschaft. Die glei tenden Geräusche, die aus dem Sack drangen, das Zischeln, das er durch die offene Tür gehört hatte, wiesen vielleicht auf einen unruhigen Fötus von einer unvorstellbaren Natur hin. Und der Gesamteindruck war der eines Kokons. Die Bewegung innerhalb dieses bedrohlichen Brutapparats verformte den Kokon nicht; die Oberfläche beulte sich weder aus, noch