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Die Tote vom Johannisberg

Die Tote vom Johannisberg

Titel: Die Tote vom Johannisberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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in die Diele trat - eine Diele, die größer war als meine gesamte Wohnung.
    Vor mir lag hinter einer großzügigen Glaswand ein riesiges, helles Wohnzimmer mit Marmorboden und einem Natursteinkamin in der Mitte, der die Decke wie eine Säule zu tragen schien. Daneben führte eine mindestens zwei Meter breite Treppe in die obere Etage, wo es - wie ich wußte - weitläufige Flure und eine Fülle von weiteren Zimmern gab. Eine breite Fensterfront im Hintergrund zeigte das gleiche Panorama, das ich einige Minuten zuvor vor dem Platzhoff-Denkmal bewundert hatte.
    »Ich hab dir doch gesagt, daß mein Neffe kommt.«
    Jutta kam die Treppe vom oberen Stockwerk herunter. Sie trug flauschige graue Hausschuhe, die aussehen sollten wie dicke Mäuse und vorne entsprechende schwarzweiße Gesichter aus künstlichem Pelz besaßen. Juttas schulterlange Haare flatterten, als sie heruntergeeilt kam. Außer den Hausschuhen trug sie nichts als einen weißen Bademantel, der jedoch offenstand. Kein Mensch wäre bei ihrem Anblick auf die Idee gekommen, daß sie zehn Jahre älter war als ich.
    »Hallo Remi«, sagte sie und hauchte mir einen Kuß auf die Wange. »Tom, das ist Remi«, stellte sie vor. »Remi - Tom.« Ohne Eile begann Jutta, den Bademantel zuzubinden.
    »Das soll wohl ein Witz sein«, schnaubte Tom. »Neffe? Du willst mich verscheißern, was?«
    Er stürmte die Treppe hoch, streifte sich auf dem Weg das Handtuch ab und warf es einfach ins Wohnzimmer. Kurz darauf knallte oben eine Tür.
    Jutta hatte es sich derweil vor dem Kamin bequem gemacht. Ich sah, daß darin noch ein bißchen Holz glühte. Sie schlug entspannt die Beine übereinander.
    »Was sagst du zu meiner neuen Haarfarbe?«
    »Schön, habe ich gleich gesehen. Gut, daß deine blaue Phase endgültig vorbei ist. Dieses Feuerrot ist ja geradezu harmlos dagegen.«
    »Tja«, grinste sie. »Vielleicht werde ich ja auf meine alten Tage noch konservativ. Möchtest du was trinken?«
    Sie wartete meine Antwort gar nicht ab, sondern stand auf und schlurfte mit ihren Fellmäusen in die Wohnzimmerecke, in der sich eine gigantische schwarze Holzspirale von einem Meter Durchmesser zur weißgestrichenen Decke schraubte. Nur Kenner konnten ahnen, daß sich darin eine Bar befand.
    Jutta kam mit zwei Bourbon zurück, ließ sich wieder in das schneeweiße Sofa fallen, griff in eine runde schwarze Box, die auf dem Glastisch bereitstand. Eine lange, dünne Zigarette kam zum Vorschein. Jutta zündete sie an.
    Mir fiel jetzt erst auf, welch reizvollen Kontrast die karottenroten langen Haare zum weißen Leder und dem Frottee des Bademantels bildeten.
    Wir prosteten uns zu. Tom kam in Jeans und dunkler Jacke die Treppe herunter. Er glotzte uns aggressiv an. Dann zog er die Glastür auf und war in der nächsten Sekunde draußen. Die Haustür donnerte ins Schloß, daß die Scheiben zitterten.
    »Blöder Macho«, giftete Jutta, ließ aber sofort wieder ihr Lächeln sehen. »Na ja, wegen seiner Intelligenz habe ich ihn nicht eingeladen. Soll er platzen vor Eifersucht. Der kommt schon wieder. Vor allem weil er das hier vermissen wird.« Sie zeigte auf den kleinen Couchtisch. Dort lag eine dicke goldene Armbanduhr. »Wer eine Rolex vergißt, der bleibt nicht lange weg. Prost.«
    Wir kippten schweigend die Getränke.
    »Was ist das eigentlich für ein Typ, den du da aufgegabelt hast?« fragte ich.
    »Er arbeitet in einer Sportschule in Barmen. Fitness, Bodybuilding, Kampfsport und so. Täte dir auch mal ganz gut.«
    Ich winkte ab. Ich und Sport - undenkbar.
    »Was machen die Aufträge?« fragte Jutta. »Wie ich sehe, lebst du noch. Es hat dir also nicht geschadet, daß ich dir kein Geld gegeben habe.«
    Ich beschloß, Jutta nichts davon zu erzählen, daß ich ausgerechnet bei Anja hatte Schulden machen müssen. »Ich habe den Stadthallenfall an Land gezogen«, sagte ich statt dessen.
    Jutta staunte. »Clever. Wie kommt’s?«
    Ich erzählte von Regina Mallbergs Besuch und vom Anruf der Mutter.
    »Was hast du bis jetzt herausgefunden?«
    »Nicht viel. Nur daß diese Regina Mallberg nicht nur Pianistin, sondern auch Schriftstellerin war.«
    »Na und?«
    »Sie hat Groschenromane geschrieben. Offenbar hat das niemand gewußt, sonst hätte die Presse etwas daraus gemacht. Beim Verlag weiß man gar nicht, daß sie tot ist.«
    »Lesen die denn keine Zeitung? Wo ist dieser Verlag? In Australien?«
    »In Bergisch Gladbach. Regina Mallberg hat sich dort unter einem Pseudonym eingeführt. Regina Berg. Klingt

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