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Die Tote vom Johannisberg

Die Tote vom Johannisberg

Titel: Die Tote vom Johannisberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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der Anrufer war.« Krüger holte ein Blatt Papier und einen Stift aus der Schublade.
    »Das ist schwierig. Wissen Sie die genaue Uhrzeit? Wann der Anruf stattgefunden hat? Das Datum ist ja klar. Es war der vierte November.«
    Ich überlegte. »Ich glaube, es war etwa um drei Uhr nachmittags. Ich hatte auf die Uhr geschaut, als Regina Mallberg bei mir war.«
    »Warum?«
    »Weil sie so zögerlich war. Die Zeit verging ewig nicht, und sie war fast zwanzig Minuten bei mir und druckste herum. Außerdem war ich etwas unter Zeitdruck, bevor sie kam. Ich hatte noch was zu erledigen. Sie hatte ja vorher angerufen und wollte eine Stunde später dasein.« Es ging Krüger nichts an, daß ich die Stunde mit Aufräumen verbracht hatte.
    Krüger schrieb etwas auf und fuhr sich durch die Haare. »Wir wissen natürlich nicht, welches Netz sie benutzt. Aber vielleicht kriegen wir was raus. Ich gebe das weiter. Das war alles?«
    Ich nickte. »Das war alles.«
    »Eine Frage noch«, sagte ich. Krüger zog die Augenbrauen hoch.
    »Ist die Leiche eigentlich freigegeben?«
    »Wollen Sie auf die Beerdigung gehen? Können Sie. Heute mittag um zwölf auf dem evangelischen Friedhof in Ronsdorf. Soviel ich weiß. In aller Stille. Die wollen keine Presse dabeihaben.«
    »Ich nehme an, die Gerichtsmedizin hat heraus gefunden, daß Regina Mallberg schwanger war. Können Sie mir sagen, im wievielten Monat?«
    Krüger stutzte. »Wer auch immer Ihnen diese Information gegeben hat - es hat nichts mit unserem Deal zu tun.«
    »Alles klar.« Ich stand auf und verabschiedete mich.
    Als ich das Gebäude verließ, war es endgültig hell geworden. Oder das, was man an einem Novembertag in Wuppertal »hell« nennen konnte. Ich ging zur Bushaltestelle und wälzte drei Fragen hin und her. Erstens: Warum hatte Regina Berg seit Monaten keinen Roman geschrieben? Zweitens: Warum war das Papier, auf dem Regina den Abschiedsbrief geschrieben hatte, an der oberen Kante abgeschnitten worden - so daß durch den Schnitt das Datum verschwunden war? Drittens: Warum merkte die Polizei nicht, daß sie einen Abschiedsbrief als Beweismittel hatte, der wahrscheinlich uralt war?
    Genauer: fast zehn Jahre alt.
    So alt wie Regina Mallbergs erster Selbstmordversuch.
    *
    Als ich in meine Wohnung zurückkehrte, klingelte das Telefon.
    »Mallberg hier.«
    »Guten Tag, Frau Mallberg.«
    »Haben Sie etwas herausgefunden?«
    »Ich habe mit einigen Informanten gesprochen und die Bestätigung erhalten, daß Ihre Tochter schon einmal einen Selbstmordversuch unternommen hat. Auch weiß ich, daß sie ein Kind erwartete.«
    Sie war nicht überrascht. »Das ist jetzt nicht mehr wichtig«, sagte sie leise.
    »Das stimmt. Allerdings bin ich da auf eine Ungereimtheit gestoßen.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Ich muß leider noch einmal auf Reginas Tat vor etwa zehn Jahren zurückkommen«, sagte ich und versuchte, das Wort »Selbstmord« zu vermeiden. »Ihre Tochter hat damals auch einen Abschiedsbrief hinterlassen?«
    »Nicht daß ich wüßte.«
    »Haben Sie den Abschiedsbrief gesehen, den sie jetzt geschrieben haben soll?«
    »Nein. Mein Mann hat sich darum gekümmert. Was sollen diese Fragen?«
    »Ich glaube, daß etwas mit dem Abschiedsbrief nicht stimmt.«
    »Warum? Meinen Sie, daß er …«
    »Gefälscht ist? Nein, das nicht. Ich glaube einfach, daß die Polizei sich irrt. Was auf dem Präsidium liegt und die Selbstmordtheorie untermauern soll, ist in Wirklichkeit der Brief, den Ihre Tochter vor zehn Jahren geschrieben hat.«
    Sie sagte nichts. Sie schien nachzudenken.
    »Das ist ja merkwürdig. Ich verstehe das nicht. Mein Mann war so davon überzeugt, daß -«
    »Wer hat den Brief gefunden? Wo befand er sich?«
    »Auf Reginas Schreibtisch. Mein Mann hat ihn der Polizei gegeben. Wollen Sie etwa damit sagen, daß mein Mann … ?«
    Ich merkte, wie Frau Mallberg die Fassung zu verlieren drohte.
    »Frau Mallberg, Sie müssen mir helfen«, sagte ich energisch. »Frau Mallberg?«
    Sie sagte nichts. Ich hörte, wie sie weinte.
    »Frau Mallberg, Sie müssen mir noch etwas sagen.«
    Es hatte keinen Zweck. Ich hörte sie nur noch schluchzen. Nach einer Weile schien sie sich zu schneuzen, dann sprach sie weiter. »Mein Mann ist dagegen«, erklärte sie. »Ich kann Ihnen nicht weiterhelfen. Ich muß auf meinen Mann hören.«
    »Aber Frau Mallberg. Sie haben mich engagiert. Ich habe herausgefunden, daß etwas mit Reginas Tod nicht stimmt. Das haben wir doch schon vermutet, als ich bei Ihnen

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