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Die Tote vom Johannisberg

Die Tote vom Johannisberg

Titel: Die Tote vom Johannisberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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Berg aus Papier und Holz. Was hatten die hier gewollt? Ich überlegte fieberhaft.
    Ich kam am Bad vorbei. Die Noten! Ich dachte daran, wie Wolf das Notenblatt ins trübe Licht gehalten hatte. Dämlich grinsend wie einer, der die Wahrheit in der Hand hält. Und dann das ständige Gefasel von den »überdeutlichen Zeichen«.
    Ich betrat den engen Raum und suchte den Lichtschalter. Währenddessen versuchte ich mich zu erinnern, was Wolf an dieser Stelle getan hatte. Er war in die Hocke gegangen, um das Schriftstück hervorzuholen.
    Etwas Dunkles füllte die Badewanne. Es war Wolf. Er lag halb im Wasser. Der Kopf war zur Seite gesunken. Die Augen standen starr offen. Die Brille war weg. An der Schläfe klebte Blut.
    Ich unterdrückte ein Würgen und hockte mich hin. Ich saß genau vor der Wanne. Meine Nase berührte fast den Rand. Nur wenige Millimeter vor mir befand sich Wolfs käsige Hand. Ich tastete mich vor. Die Wanne war gelb gekachelt, an einigen Stellen waren die Kacheln schon lose. Vor allem unten. Ich drückte dagegen.
    Schließlich brach ein Stück heraus und gab den Hohlraum dahinter frei, in dem sich der Wanneneinsatz befand. Ich steckte meine Hand hinein. Meine Finger berührten erst schmierigen Dreck, dann etwas Glattes. Plastik. Ich zog. Eine Tüte kam zum Vorschein. Darin befand sich ein kleiner Pappkarton, etwas größer als DIN-A-4 und ziemlich schwer.
    Ich nahm, was ich da hatte, und verließ die Wohnung. Vor der Tür stand Frau Müller. »Zu spät«, stellte sie befriedigt fest.
    Ich hastete die Treppe hinunter und kam genau in dem Moment auf die Straße, in dem ein Polizeiwagen hielt. Das Blaulicht flackerte gespenstisch. Sofort nahm ich die Beine in die Hand und rannte die hundert Meter zum Wagen.
    Ich kam am Auto an, bevor sie mich erreichten. Verzweifelt überlegte ich, wo ich das Päckchen verstecken konnte. Dann ließ ich es in letzter Sekunde einfach unter Juttas BMW gleiten. Mit dem Fuß schob ich nach; das Ganze verschwand hinter einem der Reifen.
    Ich bückte mich wie jemand, der seinen Schnürsenkel schließen will. Seelenruhig stand ich auf und sah demonstrativ auf die Uhr. »Verdammt, ist das spät geworden«, sagte ich laut. »Jetzt aber los.«
    Ich kramte in meiner Tasche und zog den Autoschlüssel hervor. Natürlich wußte ich, daß sie bereits hinter mir standen. Trotzdem tat ich überrascht.
    Es waren zwei Schutzmänner in Uniform.
    »Polizei«, sagte der eine überflüssigerweise. »Können Sie sich ausweisen?«
    *
    Der Wachtmeister hackte auf eine mechanische Schreibmaschine ein.
    »Also«, stellte er fest und blickte auf die ersten Zeilen, die er in schwerster Tipparbeit niedergeschrieben hatte. Dann las er mit monotoner Stimme vor: »Frau Müller sagte aus, daß Sie heute gegen achtzehn Uhr bei Herrn Frank Wolf waren und nach einer halben Stunde wieder gingen. Sie sagte, sie habe Sie gesehen, als sie nach Hause kam. Sie sagte, sie sei nach dem Einkäufen noch bei einer Freundin gewesen. Nachdem Sie bei Herrn Wolf gewesen seien, wären irgendwelche Leute gekommen. Vorher hätte sich Frau Müller schlafen gelegt, sei aber wach geworden, weil ein starker Lärm aus der Nachbarwohnung drang. Sie habe sich aber nicht weiter darum gekümmert. Sie habe dann aber doch nachgesehen und bemerkt, daß die Wohnungstür kaputt sei. Sie habe gerade überlegt, ob sie die Polizei holen solle …«
    »Danach war sie aber ziemlich schnell dabei«, warf ich ein.
    Der Beamte guckte streng zu mir herüber. Dann befaßte er sich wieder mit seinem Schreibmaschinenblatt.
    »… die Polizei holen solle. Dann seien Sie plötzlich die Treppe heraufgekommen.« Offensichtlich war das Blatt zu Ende. Er zog es heraus und spannte umständlich ein neues ein.
    »Haben Sie was dazu zu sagen?«
    »Stimmt nicht.«
    »Ja, ist klar, das kennen wir schon.«
    »Nein wirklich. Es war nicht heute abend, daß ich bei Wolf war, sondern gestern. Wir haben längst null Uhr durch.«
    »Äh - ach so.« Der Beamte war etwas verwirrt, sah erst auf seine Armbanduhr, dann wieder auf sein Blatt.
    »Sonst ist alles richtig.«
    Der Beamte begann wieder zu tippen und gleichzeitig zu lesen, was er tippte. »Aussage von Herrn Remigi…« An der Stelle verschrieb er sich, und das Spiel mit dem Blatteinspannen begann von neuem. Beim zweiten Mal klappte es. Diesmal kam er über meinen Vornamen hinweg.
    »Aussage von Herrn Re-mi-gi-us Rott, Doppelpunkt. Er gibt zu, daß …«Er blickte mich an. »Was geben Sie also zu?«
    »Daß ich die

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