Die Tote von Buckingham Palace
Offenheit dargelegt. Mehr als das, was ich Ihnen bereits gesagt habe, weiß ich wirklich nicht, sodass ich Ihnen nichts Nützliches mitteilen könnte.«
Narraway schluckte. »Ich habe mit jemandem gesprochen, der eine Ost-West-Verbindung zu den Häfen an der Atlantikküste für sinnvoller hält als die Nord-Süd-Linie. Der Mann hat gesagt, dass die Stärke unseres Landes auf den Meeren liegt. Seiner Ansicht nach sollten wir uns auf diese Säule unserer Macht stützen und Afrika eine Gelegenheit geben, sich selbst zu entwickeln.«
Forbes schien die Augen kaum wahrnehmbar ein wenig mehr zu öffnen, so, als wolle er nicht, dass man seine Verblüffung erkannte. »Tatsächlich! Dieser Standpunkt scheint mir ein wenig … nun, sagen wir, konservativ, aber vielleicht hat der Mann ja recht. Besonders auf Abenteuer scheint er nicht aus zu sein. Vermutlich ein älterer Herr?«
Narraway lächelte. »Erkennen Sie in dem, was er gesagt hat, die Vision eines alten Mannes?«
»Ist es das denn nicht?«
»Ich denke eher, dass er es als Vision eines Mannes verstanden wissen wollte, dem daran liegt, auf dem aufzubauen, was wir besitzen, physisch wie moralisch, statt alles auf die Karte eines Abenteuers zu setzen, das für uns auf der einen wie auf der anderen Ebene Gefahren mit sich bringen kann.«
Forbes lächelte seinerseits. »Möglich. Ich billige sein Zögern, Afrika wie einen Kuchen in der Mitte zu durchschneiden, mit dem Ziel, strategische Positionen fest in britische Hand zu bringen. Sind Sie gekommen, um mir das zu berichten?«
»Nein. Zwei oder drei Personen haben mir gegenüber einen Vorfall in Kapstadt erwähnt, eine Tragödie, die mit dem gegenwärtigen Geschehen zusammenhängen könnte.«
»Sie meinen Dunkelds Projekt?«, fragte Forbes.
Im Raum herrschte abwartende Stille.
»Möglich.« Narraway versuchte zu überlegen, wie er von Forbes
etwas erfahren konnte, ohne ihn mit der Nase darauf zu stoßen, worum es ging. Sofern sich Sorokine als schuldig erwies, wäre das unerheblich, denn dann bestünde die Gefahr eines Skandals nicht mehr. Das Verbrechen konnte öffentlich bekannt gemacht werden, und man brauchte Minnie Sorokines Tod nicht zu verschweigen. Über die Einzelheiten, vor allem, was den Ort und die näheren Umstände anging, konnte und würde man die Unwahrheit verbreiten. Vielleicht müsste man sogar behaupten, dass auch Julius tot sei.
»Worum geht es denn?«, fragte Forbes mit fester Stimme.
Unter Umständen war es nötig, weiterhin seine Zuflucht zu Unwahrheiten zu nehmen. »Einen Mord, zu dem es vor einigen Jahren in Kapstadt gekommen ist«, sagte Narraway, so beiläufig er konnte.
»Ach ja?« Die Stille verdichtete sich.
Narraway wollte fortfahren, zögerte aber, als er auf Forbes’ Zügen widerstreitende Empfindungen erkannte. Offensichtlich kämpfte der Mann mit sich. Narraway schluckte herunter, was er im Mund hatte, bestrich ein weiteres Stück Brot und legte die letzte Scheibe Fleisch darauf. Er hatte sie fast vollständig verzehrt, als Forbes endlich sprach.
»Da Ihnen daran liegt, etwas über Sorokine zu erfahren, nehme ich an, dass Sie den Mord an der Frau meinen, der meines Wissens nie aufgeklärt worden ist.«
Narraway schluckte den letzten Bissen herunter. »Ja. Leider. Ich habe verschiedene Gerüchte gehört. Nichts Greifbares, aber sie reichen aus, um sich Gedanken zu machen.«
Forbes schien überrascht. »Und das hat mit Sorokines Beteiligung an dem Eisenbahnprojekt zu tun?«
Vielleicht musste er zumindest teilweise mit der Wahrheit herausrücken, um Forbes zur Offenheit zu veranlassen. »Ja. Es besteht die Möglichkeit, dass der Kronprinz das Projekt unterstützt.«
»Ich verstehe. Jetzt ist mir klar, warum sich der Staatsschutz mit der Sache beschäftigt.« Forbes’ Gesicht verriet nicht, was er
dachte. »Ich würde Sie gern beruhigen können. Für die diplomatische Seite des Unternehmens wüsste ich wirklich keinen Besseren als Sorokine. Sein Vater war tüchtig und verfügte über glänzende Beziehungen. Ich vermute, dass Julius ebenso tüchtig ist – und die Beziehungen existieren selbstverständlich nach wie vor. Wenn er will, kann er einen gewissen Mangel an Einsatzbereitschaft sicherlich überwinden. Ich glaube, er hat das Zeug dazu.«
»Aber …«, setzte Narraway an. Bildete er sich ein, dass es im Zimmer mit einem Mal kalt geworden war, als neige sich der Sommer bereits dem Ende zu?
»Aber ich kann Ihnen unmöglich sagen, dass er nicht in den Mord an der Frau
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