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Die Tote von Buckingham Palace

Die Tote von Buckingham Palace

Titel: Die Tote von Buckingham Palace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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ge’m. Das sieht eher aus, wie wenn jemand mit Absicht drauf rumgetrampelt wär’.« Sie sah ratlos auf die Reste. »Warum sollte jemand so was mit Absicht kaputtmachen, bis nur noch Krümel übrig sind?«
     
    »Das kann ich auch nicht sagen, aber ich denke, wir sollten das feststellen.« Auf der Suche nach einem Stück, das groß genug
war, um Genaueres zu erkennen, schob er die Reste vorsichtig auseinander. »Viel ist wirklich nicht übrig geblieben. Hast du schon einmal einen großen Teller zerbrochen, Gracie?«
    Sie errötete unbehaglich. »Ja.« Einzelheiten gab sie nicht preis.
    »Und ist dabei nur so wenig übrig geblieben wie hier?«
    »Nein. Viel mehr, und vor allem viel größ’re Stücke. Mir sind auch schon Tassen runtergefallen, un’ die war’n auch nich’ so zerkrümelt, wenn se aus gutem Porzellan war’n. Mein’ Se, das hier wär was Besondres gewesen, Mr Pitt?«
    »Unbedingt, Gracie. Ich kann mir nur nicht vorstellen, was.« Er zog ein kleines rundes Stück heraus, das an seiner breitesten Stelle knapp zwei Zentimeter messen mochte, drehte es um und betrachtete es aufmerksam. Es war fast vollständig weiß, doch an einer Seite ließen sich einige Buchstaben erkennen – ›imo‹ und ein unvollständiger, der wie ein ›e‹ aussah.
    Mit einem Mal wusste er, was dort gestanden hatte – ›Limoges‹. Diesen Schriftzug hatte er früher schon auf erlesenem Porzellan gesehen: Kerzenleuchtern, Vorlegeplatten, Vasen, Schalen und Tierfigürchen. Vor langer Zeit, als er noch Leiter der Polizeiwache in der Bow Street war, hatte er des Öfteren mit Fällen zu tun gehabt, in denen solche gestohlenen Preziosen als Hehlergut beschlagnahmt worden waren.
    »Vermutlich war das ein Tafelaufsatz«, sagte er ruhig, wobei er das Stück erneut aufmerksam musterte. »Das hier dürfte zum Fuß gehört haben. Der Name der Manufaktur steht darauf. Die Goldverzierung lief vermutlich um den Rand, und das Blau war wohl Teil eines Bildes.«
    »Is es sehr kostbar?«, wollte sie wissen. Auf ihren Zügen spiegelte sich Mitgefühl für den Unglücksraben, der es zerbrochen haben mochte. »Fliegt jetzt jemand vom Personal raus, weil er’s kaputtgemacht hat?«
    »Wäre das deiner Ansicht nach ein Grund dafür, dass Mr Tyndale es versteckt hat?«, fragte er, statt ihr zu antworten.
    Sie schüttelte betrübt den Kopf.
    »Vermutlich ist das in der Nacht zu Bruch gegangen, in der
Sadie ermordet wurde«, führte er seinen Gedankengang fort. »Es muss in irgendeinem Zusammenhang damit stehen, denn ich kann mir keinen anderen Grund dafür denken, dass man sich so sehr bemüht, die Überreste zu verstecken.«
    »Da is’ der Eigentümer bestimmt wütend, wenn er’s erfährt«, sagte sie ernsthaft.
    »Mr Tyndale hat es nicht vor dem Eigentümer versteckt – der würde das ohnehin erfahren«, sagte er, »sondern vor uns.«
    »Mein’ Se?«, fragte sie und verzog das Gesicht.
    »Ja, sonst hätte er uns vertraulich Mitteilung davon machen können, und wir wären der Sache nicht weiter nachgegangen. Normalerweise interessiert den Staatsschutz zerbrochenes Porzellan nicht. Ich wüsste gern, in wessen Zimmer sich das befunden hat.«
    »Mein’ Se, die Frau hat’s gestohlen?« Gracie machte ein zweifelndes Gesicht. »Wie hätt’ se das hinkriegen sollen? So große Sachen fallen doch auf.«
    »Genau«, stimmte er zu. »Und welchen Grund hätte Mr Tyndale, eine Prostituierte zu schützen, die zugleich eine Diebin war? Ich denke, der entscheidende Gesichtspunkt ist, dass es zu Bruch gegangen ist.«
    »Woll’n Se Mr Tyndale danach fragen?« Sie sah ihn aufmerksam an.
    »Ja.«
    Er suchte noch eine Weile nach weiteren Stücken, die groß genug waren, um eine Vorstellung davon zu vermitteln, wie der Gegenstand ausgesehen hatte, und kam anhand ihrer Gestalt zu dem Ergebnis, dass es sich wohl tatsächlich um einen Tafelaufsatz und nicht um eine Servierplatte oder einen Teller gehandelt hatte.
    Er legte die Reste zurück in die Schachtel und ging damit zur Geschirrkammer, wo er Tyndale über seine Bücher gebeugt fand. Offensichtlich stand er im Begriff, die Weinvorräte zu kontrollieren. Er hob den Blick, als Pitt eintrat und die Tür schloss.
    »Was kann ich für Sie tun, Mr Pitt?«, fragte er kühl.

    Pitt lehnte sich an die Wand. »Mir sagen, wo sich der bewusste Tafelaufsatz aus Limoges-Porzellan befand und wie es dazu kam, dass er in Stücke ging.«
    Alle Farbe wich aus Tyndales Gesicht, und es kostete ihn deutlich Mühe zu sprechen.

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