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Die Tote von Buckingham Palace

Die Tote von Buckingham Palace

Titel: Die Tote von Buckingham Palace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Haushaltsangelegenheit.«
    »Ein Stück Porzellan geht in der Mordnacht zu Bruch«, sagte Pitt finster. »Jemand hat sich in dem Raum befunden und eine ungewöhnliche Gewalttat begangen, möglicherweise in einem Wutanfall. Ich möchte wissen, welcher Raum das war und wer sich dort befunden hat. Rufen Sie das Personal zusammen, Mr Tyndale.«
    Der Oberdiener ging gehorsam hinaus, wie ein Mann, der weiß, dass er mit einer entsetzlichen Strafe rechnen muss.
    Pitt wartete. Er hatte ein schlechtes Gewissen. Ließ die Fährte, der er folgte, wirklich erwarten, dass er den Fall aufklären und zweifelsfrei feststellen konnte, ob Julius Sorokine Sadie und seine eigene Frau getötet hatte? Oder gab es keinen objektiven Grund, der Sache weiter nachzugehen, und er zwang dem armen Tyndale lediglich deshalb seinen Willen auf, weil sich dieser ihm widersetzt hatte? Ärgerte es ihn, dass Minnie Sorokine fähig gewesen war, die Dinge einander zuzuordnen und daraus auf die Hintergründe zu schließen? War ihr etwas bekannt geworden, worauf er immer noch nicht gestoßen war?
    Genau fünfzehn Minuten später ging er nach unten in die Leutestube, wo das gesamte Personal erhitzt und furchtsam aufgereiht
wartete. Gracie stand in der vordersten Reihe, wahrscheinlich, um nicht hinter größeren und kräftigeren Dienstmädchen versteckt zu sein. Er vermied es, sie anzusehen.
    »In der Nacht des Mordes an der Prostituierten ist ein Gegenstand aus Limoges-Porzellan in Stücke gegangen«, sagte er freundlich. »Vermutlich hat es sich dabei um einen Tafelaufsatz gehandelt, überwiegend weiß mit Golddekor und einem überwiegend blauen Bild in der Mitte. Umgeben war es von winzigen Rosengirlanden in einem dunklen Rosaton. Ich nehme nicht an, dass jemand von Ihnen ihn zerbrochen hat, sondern einer der Gäste. Entweder war es derjenige, der die Frau getötet hat, oder einer, der Zeuge dieser Tat geworden ist.« Damit wich er bewusst von dem ab, was er in Wahrheit vermutete. »Ich möchte nur wissen, in welchem Raum sich dieser Gegenstand ursprünglich befunden hat.«
    Alle sahen ihn verständnislos an. Niemand sprach.
    »Wer ist für das Staubwischen verantwortlich?«, fragte er.
    »Meistens Norah und ich«, sagte Ada nervös. »Und Gracie, seit die hier is’.«
    »In welchem Raum befand sich der Tafelaufsatz?«, fragte Pitt.
    »Weiß nich’.«
    »Haben Sie ihn nicht abgestaubt?«
    »So ein’ wie Se sagen hab ich noch nie geseh’n.«
    Pitt wandte sich an Mrs Newsome. »Sind Sie als Wirtschafterin nicht für diese Gegenstände verantwortlich? Vor allem dann, wenn sie wertvoll sind?«
    »Doch«, sagte sie steif. Sie wirkte verwirrt und betroffen. Es war unübersehbar, dass sie es bewusst vermied, zu Mr Tyndale hinzusehen.
    »Wo befand sich dieser Tafelaufsatz, Mrs Newsome?«
    »Ich kann mich nich’ erinnern, so was schon ma’ geseh’n zu ha’m«, sagte sie tonlos.
    »Haben Sie am Morgen nach dem Mord Frauen nach oben geschickt, die einen bestimmten Raum in Ordnung bringen sollten?«

    »’türlich. Die Wäschekammer. Aber ers’, nachdem Se mir das aufgetragen hatten«, sagte sie steif.
    »Vorher! Am Ende dieses Flügels oder irgendwo im Ostflügel?«
    »Nein. Für ’n Osten bin ich sowieso nich’ zuständig. Da darf ich kei’m sagen, was er tun soll.«
    Er wusste nicht weiter. Alle standen steif da, die Schultern nach hinten genommen, die Gesichter betont ausdruckslos. Niemand war bereit, etwas zu sagen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als die Niederlage mit einem Rest von Würde hinzunehmen.
    Verwirrt und wütend kehrte er zurück. Er ging in seinem Zimmer auf und ab und überlegte, auf welche Weise er Tyndale dazu bringen könnte, ihm die Wahrheit zu sagen. Er war fest überzeugt, dass dieser nicht nur wusste, wo sich der Tafelaufsatz befunden hatte, sondern das Mrs Sorokine auch gesagt hatte. Je mehr sich Tyndale sperrte, desto sicherer war Pitt, dass die Sache wichtig war.
    Warum nur logen alle? Er hatte nicht das leiseste Zucken in ihren Gesichtern gesehen, nicht einmal bei Mrs Newsome. Hätte es einen Sinn, Gracie zu bitten, dass sie mit ihren Kollegen sprach? Oder nachzusehen, ob man irgendeinen Gegenstand an einen anderen Platz gebracht hatte, um die verwaiste Stelle zu kaschieren? Ließen sich irgendwo auf einem Teppich oder in den Fugen zwischen Bodendielen winzige Porzellansplitter finden? Hatte Gracie die möglicherweise sogar schon gesehen, ohne zu erkennen, worum es sich handelte?
    Er trat zum Glockenzug. In dem Augenblick,

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