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Die Tote von Buckingham Palace

Die Tote von Buckingham Palace

Titel: Die Tote von Buckingham Palace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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ließ sie eintreten.
    »Was gibt es, Mrs Dunkeld?«
    »Man hat im Abfall Reste eines Gegenstandes aus Limoges-Porzellan gefunden, nicht wahr?«, begann sie.
    »Ja.«
    »Gehörten sie zu einem Tafelaufsatz, überwiegend weiß mit goldenen Ranken, kleinen Girlanden aus rosa Rosen, der in der Mitte einen Mann und eine Frau auf einer Gartenbank zeigte? Beide sind blau gekleidet, ein kräftiger Kobaltton. Ich glaube, bei ihr ist es eine Art Umhang und bei ihm das Jackett.«
    Seine Müdigkeit war wie verflogen. »Ja. Haben Sie ihn gesehen? Wo?«
    »In einer Kiste, die mein Mann mitgebracht hat.«
    Er sah aus wie vom Donner gerührt, als habe sie das in einer ihm fremden Sprache gesagt. »Mitgebracht?«, fragte er. »Sind Sie sich da ganz sicher?«
    »Absolut sicher. Der, von dem mein Mann gesagt hat, dass er im Schlafgemach Ihrer Majestät zerbrochen ist, kann es ja nicht gewesen sein, aber er war ihm wohl völlig gleich.«

    »Sind Sie Ihrer Sache wirklich ganz sicher, Mrs Dunkeld?«, wiederholte er.
    »Ja.« Sie spürte, wie ihr im Gesicht heiß wurde. Nahm er etwa an, sie habe sich das ausgedacht, um Julius zu schützen? Dass er wusste, was sie empfand, hatte sie bei einer früheren Gelegenheit gemerkt, als er sie mit einem gewissen Mitleid angesehen hatte. Zum Teufel mit seinem Einfühlungsvermögen! »Er kann nicht als Geschenk für die Königin gedacht gewesen sein«, sagte sie, »denn dann müsste er nach wie vor in seiner Kiste sein, die man erst in ihrer Gegenwart hätte öffnen dürfen.« Ihr wurde bewusst, dass sie zu viel redete, daher hörte sie unvermittelt auf.
    »Stimmt. Den Tafelaufsatz, der sich in den Privatgemächern der Königin befindet, hat ihr wohl vor längerer Zeit eine ihrer Töchter geschenkt«, sagte er. Erneut lag der Ausdruck von Verständnis in seinen Augen. »Ist Ihnen bekannt, ob Ihr Mann ein Gastgeschenk für den Prinzen mitgebracht hat?«
    Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Er schien nicht begriffen zu haben, worum es ging. »Ja, aber das war kein besonders persönliches Geschenk. Ein Dutzend Flaschen sehr guten Portweins. Ich nehme an, dass ihn die Herren bereits getrunken haben. Warum? Welche Rolle spielt das? Das ist doch ziemlich üblich.«
    »Portwein?«, wiederholte er.
    »Ja, warum?«
    »Wissen Sie, von welchem Erzeuger?«
    »Nein, aber mein Mann hat gesagt, dass er sehr gut sei. Es ist ja wohl klar, dass er dem Prinzen keinen gewöhnlichen Wein schenken würde.« Auf die Gefahr hin, von ihm wessen auch immer verdächtigt zu werden, zwang sie sich zu der Frage: »Ist denn der Tafelaufsatz nicht wichtig?«
    »Doch, sogar sehr, Mrs Dunkeld. Das gilt aber auch für den Portwein – zumindest für die Flaschen. Bitte erwähnen Sie die weder Ihrem Mann noch sonst jemandem gegenüber.« Er wirkte sehr ernst, während er sie aufmerksam ansah. »Das könnte Sie in Gefahr bringen. Man hat drei dieser Flaschen mit Resten von
Blut darin gefunden. Verstehen Sie jetzt, warum Sie niemandem gegenüber davon sprechen dürfen?«
    »Blut?«, fragte sie verblüfft. Mit einem Mal empfand sie eine so irrsinnige und wunderbare Hoffnung, dass sie kaum atmen konnte.
    »Ja. Gehen Sie jetzt bitte in Ihr Zimmer zurück und schlafen Sie, wenn Sie können. Danke, dass Sie gekommen sind. Sicherlich ist es Ihnen nicht leicht gefallen.« Er erhob sich ein wenig steif, als sei er so müde, dass es ihn anstrengte, sich aufzurichten.
    Ihr ging auf, dass er wohl ebenfalls Angst hatte. Von ihm wurde nicht nur erwartet, dass er die Mordfälle rasch und diskret löste, er musste auch eine Lösung präsentieren, die dem Kronprinzen genehm war. Dieser Mann stand von allen Seiten unter Druck, ganz davon abgesehen, dass ihn seine Menschlichkeit und sein Gerechtigkeitssinn ebenfalls drängten, und zwar wahrscheinlich in eine andere Richtung.
    Mit einem Mal ertönte ein lauter Schlag an der Tür, dann flog sie auf, und Dunkeld trat ein, ebenfalls vollständig angekleidet, wenn auch unrasiert. Wutschnaubend donnerte er: »Ich kann nur hoffen, dass Sie eine Erklärung dafür haben, warum Sie meine Frau um vier Uhr morgens verhören! Für wen zum Teufel halten Sie sich eigentlich? Wenn nicht meine arme Tochter den Fall um den Preis ihres eigenen Lebens enträtselt hätte, was Ihre Aufgabe gewesen wäre, hätte ich mich darum gekümmert, Sie durch einen fähigen Mann ablösen zu lassen. Aber jetzt braucht man nur noch Sorokine fortzuschaffen und dafür zu sorgen, dass Sie von hier verschwinden.« Er wandte sich seiner Frau

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