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Die Tote von Buckingham Palace

Die Tote von Buckingham Palace

Titel: Die Tote von Buckingham Palace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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zusammengebrochen, wie auch für Liliane. Hamilton Quase hat ihnen seine Hilfe angeboten und alles erledigt, die Beerdigung arrangiert und so weiter. Auch hat er dafür gesorgt, dass möglichst wenig über die Sache geredet wurde. Liliane war in
Julius verliebt gewesen, hat aber nach einer angemessenen Trauerzeit Quase geheiratet.«
    »Aus Dankbarkeit?«, wollte Narraway wissen. »Oder hat sie sich für den besseren der beiden entschieden, nämlich Quase, der sich der Lage gewachsen gezeigt, während Sorokine versagt hatte?«
    »Möglich.«
    »Sind Sie anderer Ansicht?«
    Sie lächelte. »Ich nehme an, dass sie eine Dankesschuld abgetragen hat, doch das ist reine Spekulation.«
    »Wie kommt es, dass Sie so viel darüber wissen? Waren Sie an Ort und Stelle?«
    »In Afrika? Der Himmel bewahre mich. Dorthin lockt mich nichts. Aber ich habe eine wunderbare Freundin, Zenobia Gunne, die Forschungsreisen an alle möglichen abgelegenen Orte unternommen hat. Sie war im Kongo wie auch am Sambesi und hat einen großen Teil von Südafrika bereist. Von ihr habe ich diese Geschichte.«
    »So, so, Nobby Gunne«, sagte er lächelnd, während er an die bemerkenswerte Frau dachte, die weder Angst vor Löwen und Elefanten noch vor Tsetsefliegen und Malaria hatte. Sie wurde fuchsteufelswild, wenn jemand sie hinterging, und sie konnte es nicht mit ansehen, wenn Menschen litten. »Wenn sie sagt, dass es so war, glaube ich ihr aufs Wort.«
    »Das wird allerdings kaum etwas nützen«, gab Lady Vespasia mit unglücklicher Miene zu bedenken. »Was ich über die Gattinnen der drei weiß, sind lauter unbedeutende Alltagsdinge: Modeangelegenheiten, persönliche Feindschaften, wer wem was gesagt hat, wohin Liebe oder Träume geführt haben … Ich kann mir nicht vorstellen, dass dazu ein Mord in wessen Wäschekammer auch immer gehört. Die ganze Geschichte scheint mir grotesk.«
    »Das ist sie auch«, gab er ihr recht. »Aber leider ist sie wirklich. Somerset Carlisle hat mir mitgeteilt, Watson Forbes sei der bedeutendste Fachmann, so weit es um Einzelheiten des Eisenbahnprojekts geht, sowohl auf diplomatischer als auch auf technischer Ebene.«

    »Sie meinen, der bedeutendste nach Cecil Rhodes?«, sagte sie, wobei ein Lächeln ihre Lippen umspielte. »Ich könnte mir vorstellen, dass Rhodes mit seinem grenzenlosen Ehrgeiz und Patriotismus das Projekt rückhaltlos unterstützt.« Sie trat einen Schritt von dem Bild fort. »Es dürfte seinen Interessen als Südafrikas Premierminister äußerst dienlich sein, weil damit alle Teile des Kontinents, die der britischen Krone unterstehen, für ihn nicht nur auf dem Seeweg, sondern auch auf dem Landweg zugänglich würden. Es ist zweifellos besser, ihn zum Freund als zum Feind zu haben.«
    »Mit dieser Einschätzung dürften Sie recht haben«, sagte er und folgte ihr. »Aber ich kann mir nicht vorstellen, auf welche Weise er mit dieser Tragödie hier in London zu tun haben sollte.«
    »Das kann ich mir von niemandem vorstellen«, sagte sie bedrückt. »Vermutlich handelt es sich um einen Anfall von Irresein, der äußerst persönliche Gründe hat. Ich denke, die Tat hätte ohne Weiteres auch sonstwo begangen werden können, wenn die dafür nötigen Bedingungen vorgelegen hätten.«
    Sie gingen an einigen weiteren Porträts vorüber, auf die sie aber nur flüchtige Blicke warfen, dann strebten sie dem Ausgang zu. Fast eine ganze Stunde war vergangen. Narraway geleitete sie zu ihrer Kutsche, in der Emily bereits wartete. Er dankte Lady Vespasia sowohl für die Informationen als auch für das wahrhafte Vergnügen, das ihm ihre Gesellschaft bereitet hatte, und Emily dankte er für ihre Geduld.
    Eine halbe Stunde später verließ er am Lowndes Square eine Droschke. Er wollte Watson Forbes einen Besuch abstatten und hatte sich bereits telefonisch vergewissert, dass ihn dieser empfangen würde.
    Das elegante Haus strahlte die unaufdringliche Aura eines Mannes aus, der es nicht nötig hat, seinen Reichtum zur Schau zu stellen. Die Haustür war aus reich geschnitztem Teakholz, das frisch geölt glänzte, und der Parkettboden im Vestibül schimmerte in den tiefbraunen Tönen eines anderen exotischen Edelholzes. Die Bilder an den Wänden strahlten Ruhe aus. Es handelte
sich um häusliche Interieurs, niederländische Szenen mit Grachten, Lichtreflexe auf Wasserflächen, einen Lastkahn mit eingeholtem Segel, ein stilles Gesicht, eine Winterlandschaft, auf deren Eisfläche sich Blau- und Grautöne abwechselten.
    Erst

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