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Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition)

Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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er unsanft in der Wirklichkeit. Er war fest entschlossen, Clara zu einem Stück Baumkuchen ins Café Möhring einzuladen, koste es, was es wolle.
    Ein Mann drängte sich an sie heran. »Englische Seife? Schokolade? Eine goldene Uhr?«
    Leo schob ihn beiseite und zog Clara mit sich. Eine Uhr hätte ich auch zu verkaufen, dachte er bei sich.
    »Sicher sind wir zu gut gekleidet, da hat er uns für ausländische Besucher gehalten«, sagte Clara mit einem Blick auf ihren besten Mantel.
    »Vermutlich.«
    »Du bist so schweigsam«, sagte sie und schaute ihn prüfend an. »Ist es Ilse oder dein Fall?«
    Eigentlich wollte er nicht von seinen Geldsorgen erzählen, vor allem nicht, da sie gerade im Begriff waren, in einem der beliebtesten Berliner Cafés einzukehren. Verschweigen wäre nicht gleich lügen, dachte er bei sich. »Es ist eine vertrackte Geschichte. Wir wissen vermutlich, woran Henriette Strauss gestorben ist, aber nicht, wie man ihr das Gift verabreicht hat. Und bislang gibt es auch kein Motiv.«
    Sie hatten das Café an der Ecke Uhlandstraße erreicht und traten durch die Doppeltür in den hohen Raum, der mit seinen Stuckdecken und Kronleuchtern die Eleganz besserer Zeiten verströmte. Auch hier drängten sich die Gäste, es war ein Gewirr aus englischen, russischen und anderen Sprachfetzen, die Leo nicht einordnen konnte.
    Sie fanden einen Platz in einer halbwegs ruhigen Ecke. Er half Clara aus dem Mantel und rückte ihr den Stuhl zurecht. Sie gingen selten aus, weil sein Dienst es meist nicht zuließ, und es fühlte sich ungewohnt und kostbar an, Clara öffentlich auszuführen.
    Er nahm sich Zeit, sie zu betrachten, das rötlichbraune Haar, das sie ohrläppchenkurz trug, die blauen Augen, das silbergraue Kleid mit dem Spitzenbesatz am Ausschnitt, und war auf einmal ungeheuer stolz.
    »Was grinst du so?«, fragte sie verwundert. »Eben warst du noch so grimmig.«
    »Nicht grimmig. Ich dachte mir gerade, was für einen tollen Fang ich gemacht habe.«
    Sie wurde tatsächlich ein bisschen rot.
    »Wir sollten öfter ausgehen«, meinte er.
    »Dann wäre es nichts Besonderes mehr.«
    »Aber du hast es verdient. Stattdessen arbeitest du den ganzen Tag und musst abends noch überlegen, was du kochst.«
    Sie dachte nach. »Eigentlich hast du recht. Ich werde eine Liste der Restaurants zusammenstellen, in die du mich demnächst ausführen darfst.« Sie schien erleichtert, dass der unbefangene Ton zurückgekehrt war.
    »Du wolltest mir vorhin von deinem Fall erzählen. Falls du es darfst«, fügte sie hinzu.
    »Wenn du es für dich behältst.« Eine junge Kellnerin mit weißer Schürze und Häubchen trat an den Tisch, und sie bestellten Baumkuchen und Kaffee. Hoffentlich reichte dasGeld, das sie in Claras nun prall gefüllte Handtasche gestopft hatten.
    »Natürlich. Du hast mal gesagt, es sei nützlich, die Meinung eines Außenstehenden zu hören.«
    Also schilderte er ihr, was sie bisher erfahren hatten.
    Clara rührte in ihrer Kaffeetasse und stach mit der Gabel ein Stückchen Baumkuchen ab, das sie sich genießerisch in den Mund schob. »Köstlich. Die Schokolade zergeht auf der Zunge.« Sie leckte sich über die Lippen wie eine Katze. Dann stützte sie das Kinn in die Hand und sah ihn nachdenklich an. »Wenn ihr vermutet, dass man ihr das Gift in der eigenen Wohnung verabreicht hat, muss der Täter entweder so gut mit ihr bekannt gewesen sein, dass sie ihn eingelassen hat, oder sich einen Schlüssel besorgt haben. Schließlich habt ihr keine Einbruchspuren gefunden.«
    »Das stimmt. Und sie hat der Portiersfrau auch nichts dergleichen gemeldet.«
    »Wart ihr eigentlich mit jemandem, der sich in der Wohnung auskannte, dort? Um nachzusehen, ob etwas fehlt oder neu hinzugekommen ist?«
    Leo schlug sich mit der Hand an die Stirn. »Verdammt, du hast recht. Vier Kriminalbeamte, und keiner kommt drauf. Das erledige ich gleich morgen.« Also würde er Adrian Lehnhardt wieder einmal behelligen müssen, später vielleicht auch die Freundinnen der Verstorbenen, aber Lehnhardt war seine erste Wahl.
    Plötzlich entstand ein Tumult im Café. Ein Herr im eleganten Anzug und pelzbesetzten Mantel wurde von zwei Kellnern unsanft in Richtung Tür befördert. Es gelang ihm jedoch, sich loszureißen, und er drängte zurück an seinen Tisch, auf dem noch ein Teller mit Torte und eine Teetasse standen.
    »Das ist mein Tisch, seit fünfundzwanzig Jahren ist das mein Tisch, und ich weigere mich, so würdelos   …« Seine Stimme

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