Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition)

Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
Vom Netzwerk:
beiden Kriminalbeamten bedankten sich. Endlich ein entscheidender Schritt voran. Beinahe beschwingt verließen sie das Krankenhaus.
     
    Leo und die Kinder wollten gerade aufbrechen, als Ilse aus der Küche kam und ihm einen Wink gab. »Ich muss kurz mit dir sprechen.«
    Sie gingen ins Wohnzimmer und schlossen die Tür. Ilse wirkte verlegen, und er hoffte, dass sie ihm nicht gerade jetzt irgendwelche Geständnisse machen wollte.
    »Worum geht es?«
    »Ich   … es ist nur, ich komme mit dem Geld nicht aus.« Sie sah betreten zu Boden. »Du weißt, ich spare an allen Enden, aber es geht einfach nicht mehr. Das Geld ist wie Asche, ein Haufen Nichts. Georg braucht neue Schuhe für den Winter, doch es gibt kaum welche, meist nur die mit den Holzsohlen, die schlecht für die Füße sind. Die anderen sind unbezahlbar. Und im nächsten Jahr soll er aufs Gymnasium, dann kommt das Schulgeld dazu.«
    Erleichtert legte er ihr die Hand auf den Arm. Wenn es nichts Schlimmeres war als das   …
    »Ilse, ich weiß, dass du dein Bestes gibst. In diesen Zeiten kann niemand vernünftig haushalten.«
    »Aber wo sollen wir es hernehmen?«, fragte sie verzweifelt. »Wenn es so weitergeht, muss ich demnächst aufs Land fahren und nach Kartoffeln buddeln. Das machen viele. Ist keine Schande mehr heutzutage. Dabei habe ich immer gedacht, wenn man eine gute Stelle hat, wenn man Beamter ist, dann ist man sicher.«
    Leo schüttelte den Kopf. »Niemand ist sicher. Die Stadtverwaltung hat Tausende Arbeiter und Angestellte entlassen, um Geld einzusparen. Und die, die etwas hatten, sind besonders schlimm dran. Stell dir vor, du hättest ein dickes Sparkonto gehabt. Alles futsch!« Er holte ein Bündel Scheine aus seiner Aktentasche, die hinter der Wohnzimmertür stand. »Das reicht hoffentlich für die nächsten Tage.« Er überlegte. »Ich habe noch die Uhr von Onkel Franz. Die kann ich verkaufen. Das Geld nehmen wir fürdie Schuhe. Und wer weiß, wie die Welt im nächsten Sommer aussieht.«
    Er drückte Ilses Arm. »Wir müssen jetzt los. Bitte sorge dich nicht.«
    Georg und Marie warteten ungeduldig im Flur auf ihn. »Vati, es ist schon spät«, drängte seine Tochter und hielt ihm Hut und Mantel hin.
    »Ja, Liebes. Wir gehen sofort.« Sie liefen die Emdener Straße entlang, und Marie plapperte drauflos, aber er war in Gedanken woanders. So sorglos er sich Ilse gegenüber auch gegeben hatte, ihm war auf einen Schlag klar geworden, dass auch sie nicht mehr vor dem Elend geschützt waren. In den letzten Wochen waren die Preise so absurd in die Höhe geschossen, dass es überhaupt keine Sicherheit mehr gab. Die Armut konnte jeden treffen, und er musste für vier Personen aufkommen. Für einen Mann wie Robert war es leichter, der war nur für sich selbst verantwortlich.
    Und wie sollte er in dieser Lage an Heirat denken?
    Seine gute Stimmung, die Vorfreude auf den Nachmittag mit den Kindern waren dahin. Er bemühte sich, es Georg und Marie nicht merken zu lassen, doch sein Sohn warf ihm immer wieder fragende Blicke zu. Leo war froh, als sie die Gaststätte erreicht hatten und ins Warme kamen. An der Tür saß eine Frau mit einer Geldkassette, deutete aber auf den Karton, der neben ihr auf dem Boden stand. »Det macht sieben Komma fünf Milliarden, der Herr.«
    Leo warf den Zehn-Milliarden-Schein in den Karton. »Stimmt so.« Dann lächelte er. »Das könnt ihr später euren Kindern erzählen. Das glauben die euch nie.«
     
    Clara schaute sich um. Sie war schon lange nicht mehr auf dem Kurfürstendamm gewesen, kam nur selten aus Moabit heraus. Nun aber stellte sie fest, dass es in Berlin tatsächlich noch eine Gegend gab, in der das Vergnügen den Ton angab.Sie staunte über die Reklameplakate des Alhambra-Kinos, die hell erleuchteten Restaurants und Kaffeehäuser, gut gekleidete Menschen, die sich an ihr vorbeidrängten. Viele von ihnen sprachen eine fremde Sprache.
    Leo schien ihre Gedanken zu lesen. »Amerikaner, würde ich sagen. Die bekommen ihr Vergnügen fast umsonst.« In seiner Stimme lag kein Neid, nur eine sachliche Resignation.
    »Dollars müsste man haben«, sagte sie. »Komm, wir stellen uns vor, wir hätten eine weite Reise nach Amerika gemacht und würden es uns gut gehen lassen.«
    Er seufzte. Es war ein schöner Nachmittag im Marionettentheater gewesen. Georg war ein bisschen zu groß dafür, hatte aber mitgelacht und geklatscht, um Marie eine Freude zu machen. Das hatte Leo von dem Gespräch mit Ilse abgelenkt, doch nun landete

Weitere Kostenlose Bücher