Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition)
Gerede beim Einkaufen?«
»Nein, eigentlich nicht.« Sie räusperte sich. »Na ja, nur eins ist mir aufgefallen. In der letzten Zeit ist Frau Dr. Strauss nicht mehr zu Besuch gekommen.«
»Was heißt ›in der letzten Zeit‹? Könnten Sie das bitte genauer erklären?«
Sie überlegte. »Also, im letzten halben Jahr, würde ich sagen. Ungefähr ab Mai vielleicht. Ich dachte, sie hätte viel zu tun oder wäre verreist.«
»Hat es vorher einen Streit gegeben?«, fragte Sonnenschein.
Sie schüttelte den Kopf. »Nicht dass ich wüsste. Sie kam nur nicht mehr her.«
»War sonst noch etwas anders?«
Sie biss sich auf die Lippen. »Die gnädige Frau ist manchmal lange in ihrem Zimmer geblieben, auch wenn sie eigentlich etwas vorhatte oder zum Essen herunterkommen sollte. Dann habe ich geklopft, aber sie hat nicht aufgemacht.« Sie zögerte. »Einmal hat sie gesungen. Aber keinen Schlager, als wenn sie gute Laune hätte, eher leise. Es klang ein bisschen wie ein Schlaflied für Kinder.«
»Erinnern Sie sich an den Tod von Herrn Lehnhardt?«
Frieda zuckte zusammen. »Das war schlimm. Er war ja krank, aber sein Tod kam dann doch unerwartet.«
»Was genau ist Ihnen ungewöhnlich erschienen?«, fragte Leo.
»Er bekam abends im Bett furchtbare Schmerzen, so etwas hatte er vorher noch nie. Wir holten Dr. Behnke. Als es nichtbesser wurde, kam er in die Charité. Da ist er dann gestorben.«
»Wie hat seine Frau seinen Tod verkraftet?«
»Sie hat natürlich getrauert, es war schwer für sie. Aber sie hatte ja zum Glück ihren Sohn, das hat sie wohl getröstet.«
»Gut, Fräulein Welteke, ich danke Ihnen. Dann schicken Sie mir bitte noch den Gärtner herein.«
Zunächst konnte Ernst Blank nicht viel Aufschlussreiches beitragen, da er als Gärtner selten mit der Familie in Berührung kam und kaum das Haus betrat. Dann berichtete er jedoch, dass sich die gnädige Frau mit größter Aufmerksamkeit um ihre Rosen kümmere, die ihr ganzer Stolz seien. »Duftrosen wie General Jacqueminot, Louis XIV., Baroness Rothschild. Wunderbare Sorten. Damit hat se det Rosenwasser für ihre Schwester herjestellt. Det war ihr immer sehr wichtig.«
»Sie hat es selbst hergestellt?«, hakte Sonnenschein sofort nach.
Blank nickte. »Solange Saison war. Aber det hält sich ooch ’ne jewisse Zeit.«
»Haben Sie mal die Sprühflasche gesehen, die Frau Dr. Strauss dafür benutzt hat?«, erkundigte sich Leo.
Der Gärtner schüttelte den Kopf. »Ick hab keene Flasche jesehn. Die gnädige Frau hat die Rosenblätter jepflückt, wenn se am schönsten dufteten. Mehr hab ick nich mitjekriecht.«
Sonnenschein notierte alles und sah Leo mit hochgezogenen Brauen an.
»Ist Ihnen in letzter Zeit etwas an Frau Lehnhardt aufgefallen? Hat sie sich anders verhalten, ist sie öfter oder seltener als sonst in den Garten gekommen?«
Er überlegte. »Nee, ick hab nüscht bemerkt.«
Leo fragte, ob er Herrn Lehnhardt näher gekannt habe.»Iwo, der kam nie in den Jarten, war viel zu beschäftigt in der Firma. Der hat nur mal ’ne Zigarre uff der Terrasse jeraucht, det war allet.«
Sie bedankten sich und verabschiedeten ihn.
Als sie allein waren, sahen sie sich an. »Das Rosenwasser. Wir müssen mit ihr sprechen«, sagte Leo. Dann steckte er den Kopf durch die Tür und bat Frieda, die gnädige Frau zu holen.
Rosa Lehnhardt war angekleidet und frisiert. Als sie hereinkam, schaute sie von Leo zu Sonnenschein und fragte gereizt: »Können Sie mir bitte sagen, weshalb Sie mein Personal verhören? Meine Schwester wurde getötet, und seit zwei Wochen tun Sie nichts anderes, als immer wieder in meinem Haus zu erscheinen und lästige Fragen zu stellen. Man könnte meinen, Sie verdächtigten jemanden aus der Familie oder vom Personal. Bitte bedenken Sie, mit welchen Personen meine Schwester in ihrer Beratung Umgang hatte. In diesem Milieu sollten Sie suchen und nicht bei anständigen Leuten.« Sie hielt inne, um Luft zu holen, was Leo ausnutzte.
»Frau Lehnhardt, es ist immer eine enorme Belastung für die Angehörigen eines Opfers, aber wir müssen allen Hinweisen nachgehen. Warum haben Sie uns nicht gesagt, dass Sie das Rosenwasser für Ihre Schwester selbst hergestellt haben?«
Sie zögerte keine Sekunde. »Sie haben nicht danach gefragt.«
»Und wenn ich Ihnen sage, dass der Mörder unserer Ansicht nach das Rosenwasser in der bewussten Sprühflasche mit Gift versetzt und auf diese Weise Ihre Schwester getötet hat? Und dass diese Flasche aus der
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