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Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition)

Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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sich nicht blicken lassen, sondern war in seinem Zimmer geblieben. Das Buch und die Doktorarbeit hatte er an Ort und Stelle zurückgelegt, um keinen Verdacht zu erregen. Doch was sollte er mit seinem Wissen anfangen?
    Wissen? Eigentlich wusste er gar nichts, er ahnte nur, und diese Ahnungen machten ihm Angst. Die Angst hatte sich in seinem gesamten Körper ausgebreitet und ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Er wusste, er würde keinen Frieden finden,bevor Tante Jettes Mörder nicht gefasst war. Und keine Kraft, wieder Geige zu spielen.
    Er zog sich an und ging trotz des unfreundlichen Wetters in den Garten. Am Ast einer Linde hing eine Schaukel aus Kindertagen. Sein Vater hatte ihn damals geduldig angeschubst, bis er endlich begriffen hatte, wie er die Beine bewegen musste, um selbst Schwung zu holen. Danach gab es kein Halten mehr. Er hatte Stunden auf der Schaukel verbracht und sich vorgestellt, hoch in den Himmel zu fliegen.
    In einer Ecke des Gartens, nahe der Mauer zur Straße, stand ein Schuppen, in dem der Gärtner seine Geräte untergebracht hatte. Außerdem bewahrte Rosa Lehnhardt dort ihre Utensilien für die Rosenpflege auf, um die sie sich persönlich kümmerte. Sie hatte das Rosenwasser für Tante Jette selbst angefertigt. Es roch zwar nicht so intensiv wie jenes, das man im Handel kaufen konnte, aber seine Tante war sehr gerührt gewesen und hatte es mit Vorliebe verwendet.
    Adrian wandte sich zurück zum Haus. Er schaute hoch zum Schlafzimmerfenster seiner Mutter und sah eine Gestalt hinter der zarten Gardine stehen. Er hob die Hand, doch sie rührte sich nicht. Vielleicht war es auch Frieda. Allmählich kroch ihm die feuchte Kälte in die Knochen.
    Er wollte gerade die Terrassentür öffnen, als sein Blick auf die Kellertür neben der Terrasse fiel. Wie unter einem Zwang änderte er die Richtung und stieg die kleine Treppe hinunter. Das ganze Haus war unterkellert, es gab Vorratsräume, eine Waschküche und eine Werkstatt, in der der Gärtner kleinere Reparaturen vornahm.
    Früher war es die Werkstatt seines Vaters gewesen. An den Wänden hingen Werkzeuge, in einer Ecke lehnte eine große Säge. Es roch nach Holz und altem Leim. Er schaute sich im Raum um. Plötzlich überkam ihn eine Erinnerung.
    Gustav Lehnhardt hatte gern an Dingen herumgebastelt und kleine Experimente gemacht, die er auch seinem Sohnbisweilen vorgeführt hatte. Im Nachhinein hatte Adrian begriffen, dass sein Vater versucht hatte, ihn an die Arbeit in der Firma heranzuführen, doch als Junge hatte er sich nichts dabei gedacht und einfach Spaß daran gehabt, wenn es dampfte, zischte und knallte. Dafür hatte der Vater einen chemischen Experimentierkasten gekauft, der noch im Regal stand. Der Deckel war vor langer Zeit aus den Scharnieren gebrochen und lag daneben. Adrian nahm den Kasten heraus und stellte ihn behutsam auf die Werkbank. Er enthielt einen Brenner, Reagenzgläser, Reagenzglashalter, Glasstäbe zum Rühren, einen Trichter, Pipetten, Filterpapier und diverse Behälter mit Flüssigkeiten und Pulvern. Adrian dachte an die Zeit, als er und sein Vater sich nahegestanden hatten, als Gustav Lehnhardt noch nicht von ihm enttäuscht gewesen war. Einen Moment lang hing er seinen Gedanken nach, bevor er den Kasten zurück ins Regal stellte.
    Er wollte zur Tür gehen, hielt aber inne. Etwas störte ihn. Er zog den Kasten noch einmal hervor und hielt ihn unter die Deckenlampe. Dann erkannte er es. Kaum Staub.
     
    Frau Lehnhardt war auf ihrem Zimmer, ihr Sohn außer Haus, was Leo sehr gelegen kam. Also ließen sie alle Dienstboten antreten, die um diese Zeit zugegen waren. Es handelte sich um drei Personen: die Köchin Else Blaschnik, das Hausmädchen Frieda Welteke und den Gärtner Ernst Blank.
    Die Köchin arbeitete seit zehn Jahren für die Lehnhardts, Frieda seit vier Jahren, der Gärtner seit einundzwanzig Jahren. Folglich hatten alle den verstorbenen Hausherrn gekannt.
    Leo vernahm die drei nacheinander.
    Die Köchin schien etwas schwer von Begriff; aus ihr war überhaupt nichts Sinnvolles herauszubringen, und Leo schickte sie bald wieder ihrer Wege.
    Frieda, das Hausmädchen, war die Nächste. Sie kneteteihre Schürze, als wäre ihr das Gespräch unangenehm. Sie mochte den Kriminalbeamten nicht in die Augen sehen.
    »Ich habe Dr.   Strauss nicht so gut gekannt. Ich bin erst seit vier Jahren hier.«
    »Ist Ihnen in dieser Zeit irgendetwas aufgefallen, das seltsam war? Haben Sie einen Streit in der Familie mitgehört, gab es

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