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Die Tote

Die Tote

Titel: Die Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion
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Ich geh dann mal, hab Schmerzen im Fuß«, fügte er hinzu.
    Charlotte vermutete, dass er schwindelte, denn er war erstaunlich flink von seinem Hocker gesprungen. Sie nahm seinen Platz ein und sah ihren Vater, der gerade sein neues Bier in Empfang nahm, vorwurfsvoll an.
    »Papa, was soll denn das? Was tust du überhaupt hier? Und wieso meldest du dich nicht?«
    Vater Wiegand nahm einen ordentlichen Schluck Bier und leckte sich den Schaum von den Lippen.
    »Man merkt, dass du bei der Polizei bist. Nimmst einen sofort in die Mangel.«
    »Was hat mein Beruf damit zu tun, dass du einfach verschwindest? Ich hab schon bei Alfons angerufen. Der fragt sich auch, wo du bist.«
    »Ach ja?«, sagte Vater Wiegand schnippisch. »Und deine Mutter? Fragt die sich auch, wo ich bin?«
    Charlotte bestellte sich ein alkoholfreies Bier. »Papa, was ist das für eine Geschichte mit der jungen Frau im Bistro.«
    Werner Wiegand zog erstaunt die Brauen hoch. »Junge Frau? Bistro? Wovon redest du?«
    »Du bist gesehen worden«, Charlotte lächelte ihn an, »wie du in einem Bistro eine junge Frau umarmt hast.«
    Ihr Vater starrte sie an, und dann fing er an zu kichern. »Sag ich doch, Polizei.« Er leerte sein Glas und wandte sich seiner Tochter voll zu. »Jetzt will ich dir mal was sagen. Deine Mutter spinnt komplett. Diese Frau … das wollte ich eigentlich noch keinem sagen …«
    »Kann ich mir denken«, unterbrach ihn Charlotte.
    »Quatsch, nicht, was ihr denkt. Diese Frau ist eine Wohnungsmaklerin.«
    Jetzt war es an Charlotte, die Brauen hochzuziehen. »Ah ja?«
    »Genau, und ich … plane was, womit ich deine Mutter überraschen wollte, aber man kann sich ja nicht mehr frei bewegen, nicht mal in einer Großstadt, ohne dass einem gleich irgendwas unterstellt wird. Und dann haut die einfach ab! Anstatt mal mit mir zu reden.« Wiegand sah seine Tochter an und zeigte dabei mit seinem Zeigefinger auf seine Brust.
    Er sieht immer noch gut aus, dachte Charlotte. Volles, wenn auch graues Haar fiel ihm in die Stirn. Die blauen Augen, die Charlotte von ihm geerbt hatte, blickten wach und klug aus einem gebräunten markanten Gesicht, in das sich nur wenige Falten verirrt hatten. Ihr Vater wirkte wie einer dieser gediegenen Inspektoren von Scotland Yard, wie sie oft in alten englischen Kriminalfilmen auftauchten. Ein attraktiver Mann in fortgeschrittenem Alter.
    Wo hatte sie das noch gelesen, dass die männliche Haut langsamer alterte als die weibliche. Wie unfair! Womöglich hatte ihre Mutter einen ausgewachsenen Komplex. Kein Wunder, dass sie überall Nebenbuhlerinnen witterte.
    »Sie hat eben schlechte Erfahrungen gemacht«, sagte Charlotte und trank von ihrem Alkoholfreien. Es schmeckte zwar nicht so gut wie echtes Bier, aber man konnte sich damit behelfen.
    »Ach das«, Wiegand wischte ihren Einwand mit einer Handbewegung weg, »ist Jahre her, und einmal ist keinmal.«
    »Ja. So kann man das natürlich auch sehen«, erwiderte Charlotte und dachte dabei an ihren Exfreund Thomas, der sie mit ihrer Nachbarin betrogen hatte. Gott weiß wie oft, aber ihr hatte das eine Mal, bei dem sie ihn erwischt hatte, gereicht.
    »Ist das auch auf Gesetze übertragbar? So nach dem Motto:   ein   Diebstahl kein Diebstahl oder   ein   Mord kein Mord?«
    »Ach, was redest du denn? Aber ich finde, man kann einem Menschen doch nicht immer seine alten Fehler vorhalten.«
    Charlotte antwortete nicht.
    »… also, diese Frau«, fuhr Vater Wiegand fort, »ja, die ist natürlich attraktiv, aber verheiratet ist sie auch …«
    »Als ob das ein Hindernis wäre.«
    »Nein, natürlich nicht, aber diese Frau, sie heißt übrigens Nadja Gründer …«
    Charlotte stutzte. »Von der Immobilienfirma Gründer?«
    »Genau, die hat für mich eine Wohnung in Spanien ausfindig gemacht, die ich kaufen will.«
    Charlotte erschrak. »Kaufen? Willst du auswandern?«
    »Nein, ich will nur den Winter nicht mehr in Deutschland verbringen. Hab mit deiner Mutter schon etliche Male darüber diskutiert, aber die will ja immer nicht weg von zu Hause.«
    »Und dann kaufst du trotzdem eine Wohnung? Wo ist die überhaupt?«
    »In der Nähe von Tarragona, Ostküste, sehr schön. Ich wollte mit deiner Mutter dahinfahren, aber was macht die? Haut einfach ab und beschuldigt mich Gott weiß was zu machen! Dabei hat mir die Nadja nur die Wohnung beschafft und sonst nichts!«
    Er bestellte sich noch ein Bier. Charlotte war zwar der Meinung, ihr Vater hätte genug getrunken, mischte sich aber

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