Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Toten befehlen

Titel: Die Toten befehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
Vom Netzwerk:
Lächeln erschien jetzt wieder auf Pepets Gesicht. Er sprach mit Stolz von den Hieben, die er über sich ergehen ließ, ohne einen Laut von sich zu geben. Ein Vater darf schlagen, weil er seine Kinder lieb hat. Aber wehe, wenn ein anderer es wagen wollte; er spräche damit sein eigenes Todesurteil aus.
    Der Vater hatte wütend erklärt, er würde Pepet wie einen Sack auf einen Esel binden und so zum Professor zurückbringen. Aber das Kaplanchen lachte über diese Drohung. Ehe es soweit kam, würde er in die Berge fliehen oder auf den Vedrá, um dort mit den wilden Ziegen zu hausen.
    Der Besitzer von Can Mallorqui hatte über die Zukunft seiner Kinder mit der Starrköpfigkeit des Bauern bestimmt, der, überzeugt, das Richtige zu treffen, keinen Widerspruch erträgt.
    Jaime mußte über den Eifer lächeln, mit dem sich Pepet gegen sein Geschick wehrte. Auf der ganzen Insel gab es außer dem Seminar kein Erziehungsinstitut. Hatten die Bauern und Schiffseigentümer den Ehrgeiz, ihren Söhnen eine höhere Bildung geben zu wollen, so blieb ihnen nichts anderes übrig, als sie zum Seminar zu schicken, wo sie zu Geistlichen erzogen wurden. Ach, diese Priester von Ibiza! ... Auch unter der Sutane behielten sie die wilde Kampflust ihrer Vorfahren. Während sie ihrem Studium nachgingen, nahmen viele von ihnen teil an den Serenaden und Tänzen der Atlòts, und häufig kam es vor, daß diese zukünftigen Seelenhirten das Messer oder die Pistole zogen. Dies bedeutete keinen Mangel an Frömmigkeit.Aber eine devote, entsagende Auffassung des Lebens entsprach nicht ihrer Natur. Alle jungen Geistlichen, die aus dem Seminar der Insel hervorgingen, hatten einen ausgesprochenen Hang zum Abenteuerlichen. Entweder gingen sie nach Spanien und wurden Feldprediger oder sie schifften sich nach Südamerika ein, wo gewisse Republiken ein Eldorado für die spanischen Priester waren. In Chile und Peru gab es viele gläubige Damen, die gern für eine Messe hundert Pesos spendeten. Das ersparte Geld schickten diese guten Söhne von Ibiza ihren Eltern, um Land auf der Insel zu kaufen. Alle kehrten nach Jahren in die Heimat zurück mit der Absicht, ein ruhiges Leben auf ihren Ländereien zu führen. Aber allmählich wurde ihnen dies monotone Dasein unerträglich. Sie verkauften Haus und Land oder überließen es ihrer Familie und schifften sich von neuem ein, um nicht mehr zurückzukehren.
    Pèp war empört über den Eigensinn seines Sohnes, der durchaus Landwirt werden wollte. Umsonst erzählte er von den Söhnen seiner Freunde, die drüben ihr Glück machten. Der Sohn von Treufòch hatte schon sechstausend Duros geschickt. Ein anderer, der im Innern zwischen Indianern lebte, besaß jetzt ein hübsches Gut auf Ibiza, das sein Vater für ihn verwaltete. Und dieser Taugenichts von Pepet, begabter als alle anderen, weigerte sich, ihrem schönen Beispiele zu folgen!
    Als Pèp am vergangenen Abend in der Küche ausruhte, mit lahmem Arm und der traurigen Miene eines Vaters, der gezwungen war, eine außerordentliche Züchtigung vorzunehmen, benutzte der Atlòt diesen Augenblick der Stille, um seinem Vater einen Vorschlagzur Güte zu machen. Gut, er würde gehorchen und Geistlicher werden, aber vorher wollte er ein Mann sein, mit den anderen Atlòts des Kirchspiels zum Tanz gehen, Musik machen, die Festeigs besuchen, eine Braut haben und ein Dolchmesser im Gürtel tragen. Das letzte lag ihm am meisten am Herzen.
    »Gib mir den Dolch vom Großvater«, flehte der Kleine.
    Für dieses Dolchmesser war er bereit, später sogar als Einsiedler von den Almosen der Leute zu leben, wie die Eremiten in der Klause der Cubells. Beim Gedanken an diese ehrwürdige Waffe blitzten die Augen des Kaplanchens. Er beschrieb sie Febrer mit begeisterten Worten. Ein Prachtstück! Eine alte Klinge aus poliertem Stahl, scharf zugespitzt und so stark, daß man mit ihr eine Münze durchbohren konnte. Diese Klinge in der Hand des Großvaters! ... Der Enkel hatte ihn nicht mehr gekannt, aber er sprach von ihm mit großer Bewunderung, während er sich über seinen Vater nur mit mäßigem Respekt ausdrückte.
    Dieser Wunsch, der ihn Tag und Nacht verfolgte, gab ihm auch den Mut, Jaimes Unterstützung zu erbitten.
    »Don Jaime, wollen Sie mir nicht helfen? Wenn Sie den Vater bitten, kann er nicht nein sagen!« Febrer lächelte gutmütig.
    »Sei ruhig, mein Junge. Wenn der Vater das Messer des Großvaters verweigert, werde ich dir ein anderes in der Stadt kaufen.«
    Über diese Zusage geriet

Weitere Kostenlose Bücher