Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall
Haupttore der Stadt bewachen.“ Jupp winkte Theis von Gondorf zu sich.
Theis von Gondorf verbeugte sich ebenfalls, schwieg aber. „Na los, berichte den Herren davon, was du mir gerade erzählt hast!“, forderte er Theis auf.
„Also, ich hatte Torwache an der Kölner Pforte, also an dem Tor, durch das Ihr auch in die Stadt gekommen seid, also an dem Morgen, als …“
„Ja, wir erinnern uns alle gut an diesen Morgen“, unterbrach ihn Anton von Burgund ungeduldig.
„Oh, gut, äh, verzeiht. Also, was ich sagen wollte, war, dass heute früh, kurz nach dem Öffnen der Stadttore, ein Reiter die Köln-Pforte passierte. Es war einer Eurer Gefährten, einer, der mit Euch in die Stadt gekommen ist. Er trug wieder so einen Wollumhang, ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, aber das Wappen auf seinem Wams.“
„Und du behauptest, der Reiter sei Richtung Bonn geritten?“, fragte Philipp lauernd. „W arum sollte er das tun?“
Jupp hatte das Gefühl, Theis würde ein Verhör nicht überstehen. Also ergriff er wieder das Wort: „Das wissen wir natürlich nicht, Exzellenz. Aber wir haben einen Boten ausgeschickt, der den Weg nach Bonn abreitet. Wir alle ho ffen, dass er auf Euren Gefährten trifft. Das gilt es jetzt abzuwarten.“
Die Burgunder schauten sich überrascht und verwirrt an. Anton schickte den Diener los, er solle prüfen, ob alle Pferde noch da seien. Jupp beglückwünschte sich im Stillen dazu, dass er daran gedacht hatte, das Tier aus dem Stall zu holen.
Die Burgunder erhoben sich. Anton schaute Jupp prüfend an. „Wir wissen nichts von den Plänen unseres Gefährten, aber wir danken dir für die Nachricht. Wir erwarten, dass der Bote so schnell wie möglich zurückkehrt und wir dann unverzüglich unterrichtet werden.“
Jupp nickte zustimmend, und ließ sich dann – als die hohen Herren den Raum verlassen hatten – mit einem Seufzer der Erleichterung auf einen Stuhl sinken. Theis von Gondorf verabschiedete sich so schnell es ging von Pater Jacob und dem Bürgermeister. Die beiden konnten es immer noch nicht fassen, dass Burgund dem Kloster und der Stadt noch nicht die Blutfehde angedroht hatte.
Jupp hatte keine Zeit zu verlieren. Er wollte das Pferd holen und zum ‚Kleine n Einhorn‘ bringen, denn der Gasthof besaß einen Stall. Ich muss mich beeilen, dachte Jupp, bevor Hildegard zu viele Fragen stellt.
30
Er hatte die Macht. Er war der Meister. Aber etwas störte ihn. Etwas trübte seinen Sieg. Warum hatte man den toten Burgunder nicht gefunden? Vielleicht war seine Leiche ausgeplündert und in den Fluss geworfen worden? Ja, das war denkbar. So wird es sicher gewesen sein – oder etwa nicht? Er hasste offene Fragen.
Immerhin hatten die Burgunder eine Frist gesetzt. Sie sollten Gernot von Württemberg sogar zum Duell gefordert haben, wurde gemunkelt. Warum hatten sie ihre Vorwürfe gegen den jungen Ritter nicht noch lauter erhoben?
Der Meister schüttelte die Unsicherheit ab wie ein Hund das kalte Wasser aus dem Fell. Solche Fragen lenkten nur ab. Er hatte einen Auftrag zu erfüllen, ein Ziel. Und keiner würde ihn von diesem Ziel abbringen. Gernot von Württemberg stand noch nicht unter Verdacht? Gut, noch bevor es Abend werden würde, gäbe es keinen mehr, der nicht von seiner Schuld überzeugt wäre.
Der Meister beugte sich vor und betrachtete sein Werk. Alles war vorbereitet. Noch ein letztes Pulver – fertig.
Natürlich hatte es ihn enttäuscht, als der unbekannte Lakai an Stelle von Philipp im Hafen eintraf. Aber Burgunder war schließlich Burgunder. Das Knirschen des Mühlsteins, er konnte es jetzt noch hören, wenn er die Augen schloss. Sicher hatte der Armbrustbolzen den Mann nicht sofort getötete … Was für ein wundervoller Gedanke das war. Der Meister stöhnte erregt auf. Und jetzt, jetzt würden sie alle sterben. Denn er hatte die Macht, und seine Macht würde sie alle treffen, Habsburger und Bur gunder. Morgen früh würde nichts mehr so sein, wie es war. Schon im Buche Mose stand geschrieben: Die Rache ist mein, ich will vergelten. Denn die Zeit ihres Unglücks ist nahe, und was über sie kommen soll, eilt herzu.
31
„Also, Gernot ist nicht mein leiblicher Bruder, versteh mich da nicht falsch, Heinrich, aber er ist seit fast sieben Jahren mein Waffenbruder. Wir haben einen Treueeid geschworen. Ich wusste, dass er kein Mörder sein konnte, nicht Gernot.“
Heinric h und ich hasteten durch die Gassen. Er verdiente eine Erklärung. An meinem Haus hatten wir kurz
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