Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall
Wochen im Kloster gelebt. Was uns fehlte, waren Beweise dafür, dass er den Ratsherrn und den Burgunder ermordet hatte.
Einen Beweis hatte ich allerdings bereits eingesteckt: Der Armbrustbolzen, der meinen Brustharnisch fast durchbohrt hätte, hatte in Johannas Flur gelegen. Und dieser Bolzen sah ohne Zweifel genau so aus wie der, den wir aus der Brust des toten Burgunders gezogen hatten.
Aber würde das Anton von Burgund und seine Begleiter überzeugen?
Im Kloster begrüßte uns Bruder Adalbert fast schon wie alte Freunde. Eilig brachte er uns zu Pater Jacob.
„Pater Jacob“, bat ich, „wir wollen keine Zeit verlieren. Könnt Ihr dafür sorgen, dass Eure Besucher zusammenkommen?“
Pater Jacob schaute mich an, als würde ich ihn zwingen, Essig zu trinken. „Ja, glaubt Ihr denn wirklich, dass Johann von Brandenburg bereit sein wird, die Gespräche alleine fortzusetzen? Jetzt, nachdem Gernot von Württemberg tot ist?“
Gernot! Himmel, den hatte ich ja völlig vergessen!
„Nehmt es mir nicht übel, Pater Jacob, aber Gernot von Württemberg erfreut sich bester Gesundheit. Ich musste verhindern, dass der Mörder einen weiteren Anschlag auf ihn verübt, und habe ihn deshalb für tot erklärt. Eine Lüge, ich weiß, aber sagt selbst – wem hätte ich trauen können?“
Seine Verwandlung grenzte an ein Wunder. Pater Jacob sprang von seinem Stuhl auf und ergriff meine Hand:
„Der Württemberger lebt, oh, dem Allmächtigen sei gedankt! Ich verzeihe Euch die Lüge. Nur sagt mir noch eines: Wisst Ihr etwas Neues von Bruder Georg?“
„Den hat sich der Teufel geholt“, brummte Heinrich neben mir, „und er war gar kein Mönch, sondern der Mörder des Ratsherren und des Burgunders.“
„Des Burgunders?“ Pater Jacob blickte den Pastor entsetzt an. „Was meint Ihr damit, Pastor Heinrich?“
Bevor Heinrich antworten konnte, schaltete sich Jupp ein: „Also, wir sind davon überzeugt, dass der falsche Mönch auch diesen Jacques de Brev auf dem Gewissen hat. Aber jetzt fragt nicht länger, sondern beeilt Euch, Eure Gäste zusammenzurufen.“
Zu Heinrich gewandt, zischte Jupp leise: „Sag mal, kannst du nicht einfach die Klappe halten? Ich dachte, ihr Priester seid immer so verschwiegen.“
Während die beiden alten Freunde sich weiter anbrummelten, verließ ich zusammen mit Pater Jacob das Zimmer. Heinrich und Jupp sollten ebenfalls gleich in den Versammlungssaal kommen. Ich selbst aber wollte Georgs Kammer durchsuchen, in der Hoffnung, noch etwas zu finden.
Pater Jacob blieb vor der Tür der Kammer stehen. Offenbar sah er es als seine Pflicht an, mir bei der Suche zu helfen.
„Wirklich, Pater Jacob, ich werde hier nicht lange brauchen. Geht und verständigt die Delegationen“, drängte ich ihn.
Di e Mönche im Kloster besaßen alle nur einen Schlafplatz im großen Gemeinschaftssaal, da war ein e eigene Kammer ein unglaublicher Luxus. Womöglich musst e Bruder Nolden deshalb sterben, dachte ich, als ich mich umschaute. Hier also hatt e der falsche Bruder Georg in den letzten Wochen gewohnt. Was wohl aus dem wahren Georg geworden war? Der Mörder hatte wahrscheinlich nicht lange gezögert, als er eine Möglichkeit sah, Geo rgs Platz im Kloster einzunehmen. Die Mönchszelle bo t nicht viel Platz: Bett, Tisch, Hocker, eine Truhe und an der Wand ein zweiter Tisch, auf dem Becher, Tiegel und Flaschen standen. Bruder Nolden hatte wohl auch außerhalb seiner Krankenstube gearbeitet. Als erstes nahm ich mi r die Truhe vor. Zwecklos – hier drin lagen nur ein alter Wollmantel, Wechselwäsche und ein Reisesack. Der Sack war leer . Ich schaute mich prüfend um, nahm ein paar Flaschen in die Hand und las die Aufschriften . In der hinteren Reihe, nicht ernsthaft versteckt , fand ich zwei Fläschchen: Pulverisierter blauer Eisenhut un d einen Rest getrocknete, konzentrierte Tollkirschen. Was mit dem Inhalt dieses Fläschchens geschehen war , wusste ich ja – und der Eisenhut? Zweifello s ein starkes Gift, absolut tödlich. Wahrscheinlich hielt ich gerade den Grund für Bruder Noldens plötzliche s Ableben in der Hand. Mich überraschte der Leichtsinn , mit dem der Mörder hier seine Gifte offen aufgehoben hatte. Andererseits, wer sollte bei all den Flaschen schon Verdacht schöpfen?
Auf der anderen Seite der Kammer hing an einer Wand der einzige Schmuck des Raumes, ein großes Bild des heiligen Franziskus. Mehr aus Neugierde hob ich den Rahmen an – und fand dahinter zu meinem Erstaunen eine
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