Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall
das Vertrauen Pater Jacobs und seiner Mitbrüder erschlichen hat. Zuvor aber hatte dieser Mann einen der Ratsherren ermordet und den Verdacht auf einen Unschuldigen gelenkt. Mein Freund, der Stadtknecht Josef Schmittges dort drüben, fand den Toten. Nun, selbst der Kaiser weiß nicht, dass ich hier in der Stadt lebe – aber das ist eine andere Geschichte. Wichtig ist nur, der Mörder des Ratsherren kommt nicht aus Andernach. Er hat nichts mit der Stadt zu tun. Warum ich das betone? Weil der gleiche Mann Euren Gefährten Jacques de Brev ermordet hat.“
„Das ist unerhört, wollt Ihr damit sagen, Jacques de Brev ist gar nicht fortgeritten? Dieser Kerl dort drüben hat uns belogen?“ Philipp von Burgunds Empörung war verständlich, und mein Jupp rutschte unbehaglich auf seiner Bank hin und her. „Was hätten wir tun sollen? Ich konnte nicht zulassen, dass Ihr die Verhandlung beendet. W ir wussten aber nicht, wer der Mörder war.“
Anton von Burgund beugte sich vor: „Jetzt aber wisst Ihr es? Wo ist der Mann?“
„Ja, wir wissen es, und er ist tot. Nachdem er versucht hat, Euch und die Männer des Kaisers zu ver giften, hat er auch versucht, mich zu töten. Aber Ihr seht, ich lebe noch. Der Mörder aber hat seine Strafe erhalten, er ist tot.“
„Und das sollen wir Euch glauben?“, fragte Philipp von Burgund misstrauisch. „Wie günstig, dass der Mann nicht mehr reden kann.“
„Jacques de Brev wurde am Hafen gefunden, wir haben ihn im Keller des Pfarrhauses aufgebahrt. Der Mörder aber wollte Euch glauben lassen, dass Gernot von Württemberg hinter allem steckt, und das ist ihm zunächst auch gelungen.“
„W eil schließlich die Nachricht auch sein Siegel trug“, warf Philipp ein.
„War es wirklich sein Siegel, oder doch nur ein Teil davon?“, fragte ich ihn, griff in die Tasche und holte die Bronzeplatte heraus. Ich hielt sie dem jungen Bur gunder entgegen. „Hier, nehmt! Diesen Teil einer gefälschten Siegelplatte habe ich in der Kammer des falschen Mönches gefunden. Der Mörder hat absichtlich einen Teil der Nachricht bei dem Toten gelassen, um den Verdacht auf Ritter Gernot zu lenken. Und hiermit“, ich holte die beiden Fläschchen hervor, „hat er Bruder Nolden, einen Mönch des Klosters, ermordet. In diesem zweiten Fläschchen ist das Gift, mit dem er Euren Kirschkompott vergiftet hatte. Übrigens: Gernot hatte Glück und Ihr habt sogar noch nicht einmal etwas davon gegessen. Für einen jungen Novizen aber kam heute jede Rettung zu spät.“
Alle am Tisch schwiegen, die Siegelplatte und die Fläschchen wurden herumgereicht. Adolf von Kleve brach als Erster das Schweigen.
„Konrad von Hohenstade, Vertreter des Kaisers, schwört Ihr uns, dass der Mörder seine gerechte Strafe erhalten hat?“ Ich nickte: „Ihr habt mein Ehrenwort, und ich schwöre es beim Siegel Habsburgs.“
„Dann, Exzellenzen“, Adolf von Kleve schaute zu seinen Begleitern und nickte Johann von Brandenburg und Gernot von Württemberg zu, „dann sollten wir jetzt über die Hochzeit und die Verbindung der Häuser Burgund und Habsburg sprechen. Meine Herren, wir haben eine Aufgabe zu erfüllen.“
Endlich hatten die Verhandlungen begonnen.
Ich verließ zusammen mit Jupp und Heinrich den Kapitelsaal. Wir hatte getan, was wir konnten, das Übrige lag nun in den Händen der beiden Delegationen. Leise schloss ich die Tür. Meine beiden Freunde standen abwartend im Kreuzgang. Draußen war es schon dunkel geworden. Ihr breites Grinsen konnte ich deshalb mehr spüren als sehen. Jupp klopfte mir herzhaft auf die eine Schulter, und Heinrich schlug zartfühlend, wie er war, auf die andere ein.
„Mensch, Konrad, bei allem, was mir heilig ist: Diese Stunde werde ich nie vergessen. Du hast es tatsächlich geschafft“, sagte Heinrich ehrfurchtsvoll.
„Und wie friedlich die plötzlich zusammen am Tisch saßen“, er gänzte Jupp. „Nur ärgerlich, dass wir Gregor Kreuzer nicht entlasten können.“
„Können wir vielleicht doch“, erwiderte ich und hielt dem ver dutzten Jupp den Siegelring unter die Nase, den ich zusammen mit der Bronzeplatte gefunden hatte. Jupp nahm den Ring und trat an eine der Öllampen im Gang, um besser sehen zu können.
„Teufel auch, das ist Grevenraths Wappen. Wo hast du denn den Ring her?“
„Den hab ich bei den Sachen des falschen Mönchs gefunden. Erinnerst du dich? Grevenrath fehlte ein Ring, der Mörder hat ihn sicher mitgenommen.“
„Dann ist doch alles klar!“ Heinrich rieb
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