Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
derart gute Fälschungen her?»
«Wie meinst du das?»
Torkel zögerte noch einmal. Diese Gedanken hatte er bisher mit niemandem geteilt.
«Kann sie, ich weiß nicht, irgendeine staatliche Angestellte gewesen sein?»
«Wie, staatliche Angestellte?»
«Na, du weißt schon … eine Agentin?»
«Vom CIA?»
«Oder in der Richtung, keine Ahnung.»
«Deutet denn irgendetwas darauf hin?», fragte Börje interessiert.
Torkel antwortete nicht direkt. Ja, er war der Meinung, dass einiges darauf hindeutete. Zwei falsche Identitäten, die perfekt organisierte und effektive Reiseplanung, der Zusammenhang mit dem Massenmord im Fjäll, die Hinweise, dass es sich um einen professionellen Schützen gehandelt haben musste. Gleichzeitig waren es nur reine Theorien, Gedanken, die er im stillen Kämmerlein entwickelt hatte. Und die für den Chef einer Reichsmordkommission verheerende Folgen haben konnten.
«Weißt du was, vergiss es einfach», erwiderte er so unbekümmert wie möglich. «Das war nur so ein verrückter Gedanke. Weit hergeholt. Vergiss es.»
«Okay.»
«Danke für deine Hilfe.»
Anschließend hatte er das Gespräch beendet, eingesehen, dass er ziemlich hungrig war, und im Flur Klara getroffen, die das Wetter kommentiert hatte. Jetzt kam er ins Restaurant. Es war leer bis auf Ursula, die mit den Resten ihres Frühstücks an einem Ecktisch saß und las. Der Kaffee in ihrer Tasse dampfte noch, und Torkel vermutete, dass sie ihr morgendliches Ritual mit Kaffee und Zeitung abschloss.
Während er sich in der Küche ein Frühstück zusammenstellte, überlegte er, ob es an der Zeit war, Jämtland zu verlassen und die Ermittlungsarbeit nach Stockholm zu verlegen. Ursulas entspanntes Frühstücksverhalten machte ihm deutlich, dass sie hier eigentlich zu wenig zu tun hatten. Wo Jennifer und Billy steckten, wusste er nicht. Womöglich schliefen sie noch.
Er nahm sein Tablett und gesellte sich zu Ursula.
«Na, gut geschlafen?»
«Ja, habe ich. Und du?»
«Ja.» Torkel streute etwas Zucker über seine Sauermilch, während er sich noch einmal vergewisserte, ob sie auch wirklich allein waren.
«Ich vermisse dich», sagte er dann leise.
Ursula seufzte. Vor diesem Moment hatte ihr gebangt, seit sie gesehen hatte, wie Torkel hereinkam und dass sie alleine sein würden. Dass es nun privat werden würde und er ihre Beziehung thematisieren wollte. Dass er sie zwingen würde, irgendeine Entscheidung zu treffen. Also seufzte sie, was Torkel offenbar auf den anderen Mann in ihrem Leben zurückführte.
«Ist es wegen Micke?», fragte er.
Ja, so war es. Was sie auch sagen würde – egal, ob sie sich für die Wahrheit entscheiden oder Torkel anlügen würde –, es ging um Micke.
«Ja», antwortete sie deshalb wahrheitsgemäß.
Torkel nickte verständnisvoll. Schweigend aß er einige Löffel Sauermilch.
«Wie … wie läuft es denn zwischen euch?», fragte er schließlich, ohne von seinem Teller aufzusehen, als Ursula schon dachte, sie wäre mit ihrem kurzen Ja noch einmal davongekommen. Sie seufzte erneut. Eigentlich war es ganz einfach. Wahrheit oder Lüge. Getrennt oder glücklich verheiratet. Es sich schwermachen oder noch schwerer.
«Es ist, als würden wir gerade wieder zueinanderfinden», sagte sie in einem wenig bedauernden Ton.
«Ich verstehe», erwiderte Torkel nickend. «Schön.»
«Es käme mir also nicht richtig vor – das mit dir und mir», fuhr Ursula fort. Wenn sie schon log, dann wenigstens richtig. «Deshalb bin ich dir ein bisschen aus dem Weg gegangen. Ich muss der Sache eine Chance geben. Wahrscheinlich ist es unsere letzte.»
«Klar. Das verstehe ich.» Torkel tupfte sich mit der Serviette einige Sauermilchspuren von seinem Kinn. «Viel Glück», fügte er dann hinzu.
Er meinte es ernst. Der gute Torkel. Dass er früher oder später herausfinden würde, dass sie und Micke sich scheiden ließen, damit wollte sie sich jetzt lieber noch nicht auseinandersetzen. Die akute Situation war jedenfalls erst einmal gerettet. Torkel würde sich fernhalten.
Da klingelte Ursulas Handy. Sie meldete sich, stellte zwei kurze Fragen und beendete das Gespräch.
«Das waren die Leute vom Fundort», sagte sie zu Torkel. «Sie haben das Gepäck der Holländer entdeckt.»
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L ennart war gereizt, Linda Andersson euphorisch. Sie saßen in einem der Wagen von SVT und waren auf dem Weg nach Rinkeby. Linda saß am Steuer. Sie lauschte den Vormittagsnachrichten auf P1. Shibeka hatte Lennart am
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