Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
dennoch war Sebastian hier.
«Worum genau geht es?», fragte Håkan schließlich, und Sebastian beugte sich auf seinem Stuhl ein wenig vor.
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A nitha hatte den Tag an ihrem Platz verbracht, tief versunken in die Betriebsanleitung des Datenverbundsystems. Sie bestand aus drei dicken Ordnern, die über dem Gemeinschaftskopierer der Abteilung im Regal standen. Ordner Nummer eins war ziemlich zerfleddert. Er enthielt die Bedienungshinweise für Laien und sollte die häufigsten Fragen beantworten. Nachdem sie darin kurz ergebnislos geblättert hatte, konzentrierte Anitha sich auf Ordner Nummer zwei und drei. Sie wollte wissen, wie das Backup-System und die Wiederherstellung von Dateien nach einem Absturz funktionierten. Nachdem sie einige Stunden recherchiert hatte, fand sie heraus, dass es zwei Backup-Systeme gab. Eines, bei dem, wenn sie es richtig verstand, ein Spiegelserver alle drei Minuten sämtliche Informationen des Hauptservers kopierte. Dies war das wichtigste Backup des Systems und seine primäre Verteidigungslinie. Es funktionierte vollkommen automatisiert und stellte sicher, dass höchstens ein minimaler Anteil an Daten verlorengehen konnte. Wo sich der Spiegelserver rein physisch befand, ging aus dem Text nicht hervor, aber Anitha stieß auf einen Hinweis, dass die Firma I-Tech, die das System einst entwickelt hatte und laut Betriebsanleitung auch für die Updates zuständig war, für ihn verantwortlich war.
Das zweite Backup-System war dagegen richtig altbacken, eine Bandsicherung, die jeden Tag eine Kopie erstellte. Sie wurde manuell vorgenommen, und die Bänder mussten ausgetauscht und gelagert werden. Wer sich darum kümmerte, ging aus dem Handbuch nicht hervor, aber Anitha vermutete, dass es die IT-Abteilung der Polizei war. Einerseits war es günstiger, derartige Aufgaben hausintern zu erledigen, andererseits war die IT-Abteilung auch nach dem Einkauf dieses Systems von I-Tech voll besetzt, keiner war entlassen worden. Je länger sie darüber nachdachte, desto überzeugter war sie davon, dass die Bandsicherung weiterhin im Haus durchgeführt wurde. Und wenn es ein schwaches Glied in der Sicherheitskette gab, dann war es die interne IT-Abteilung. Über I-Tech an die gelöschten Daten zu kommen, schien dagegen aussichtslos. Das waren richtige Profis. Im Grunde war dieses Programm ein israelisches Produkt, obwohl I-Tech formal gesehen eine schwedische Firma war. Aber die Software war einst für den Geheimdienst Mossad und die israelische Armee entwickelt und erst später auch an andere Institutionen oder Firmen verkauft worden. Allerdings war sich Anitha sicher, dass I-Tech noch immer von den Israelis kontrolliert wurde. Wie man ja wusste, waren die Juden gute Geschäftemacher, und sie würden es nie zulassen, dass irgendwelche schwedischen IT-Nerds das große Geld machten, da war sich Anitha sicher.
Als die Kaufverhandlungen im Gange waren, hatte Anitha die Firma kritisch in Augenschein genommen und sogar einen anonymen Brief an die Polizeiverwaltung geschrieben, in dem sie darauf hinwies, wie unangemessen es sei, ausgerechnet I-Tech zu wählen, da die Firma eine Verbindung zum zionistischen Staat hatte. Bei denjenigen, die die Entscheidung trafen, hatte das offenbar nichts bewirkt, so wie es bei ihren anonymen Briefen eigentlich immer der Fall war. I-Tech bekam den Auftrag. Gleichzeitig musste sie wohl oder übel zugeben, dass die Israelis ein unglaublich gutes System geliefert hatten. Es war stabil, und die Suchvariablen und Filterfunktionen waren sehr effektiv. Kein Wunder, die Israelis waren ja auch von Feinden umzingelt, eingezwängt zwischen Muslimen und anderen Terroristen, da mussten sie Qualität liefern, ganz im Gegensatz zu den Schweden, die außer politischer Korrektheit und Einfältigkeit nicht viel zu bieten hatten.
Anitha arbeitete sich weiter durch die Ordner, um sicherzugehen, dass sie auch nichts übersehen hatte. Sogar in die Error-Liste vertiefte sie sich eine Weile, um zu sehen, ob sie dort fündig würde. Und tatsächlich entdeckte sie genau den Anhaltspunkt, den sie brauchte.
«Error 237» nannte er sich.
Die lange Erklärung war auf Englisch und trug die Überschrift: «Soft write error with backup-exec». Sie las weiter, und ganz unten in der langen unverständlichen Erklärung, gespickt mit technischen Fachbegriffen und Abkürzungen, stand schließlich: «Please contact RPS EDV support.» Man sollte sich also an die EDV-Abteilung der
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