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Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Titel: Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Hans Rosenfeldt
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und sich der alternativen Szene zugehörig gefühlt hatten – dazu bewegt hatte, ihr Leben in einer stillgelegten Grube zu beenden.
    Und Håkan war derjenige, der dieses Erklärungsbedürfnis befriedigen konnte. Plötzlich war er nicht nur Experte für rituellen und kollektiven Selbstmord, sondern in seiner Eigenschaft als Psychologe auch sehr mit dem Thema der Ausgesetztheit junger Mädchen und den ständig wachsenden Ansprüchen der Gesellschaft vertraut. Bald saß er in TV- und Rundfunkstudios und sprach über die Fixierung auf Schönheitsideale, falsche Normen, steigende Leistungsanforderungen und ein schwaches Selbstbild. Er war dort angekommen, wo er hinwollte, dort, wo er hingehörte.
    Bis Sebastian Bergman beschloss, wieder aus Deutschland zurückzukehren.
    Im Nachhinein versuchte Håkan, einen Grund für die Rückkehr seines Kollegen zu finden, kam aber auf keinen anderen als den, dass Sebastian ihn in seine Schranken weisen wollte.
    Was er dann auch nachdrücklich tat.
    Nach nur einem Tag in Sala ging er mit der Theorie an die Öffentlichkeit, dass die drei Mädchen ermordet worden seien. Und wenige Stunden später gab ihm die Rechtsmedizin recht, nachdem man bei einer zweiten Untersuchung Anzeichen dafür gefunden hatte, dass jemand Gewalt angewandt hatte, um den Mädchen das Gift einzuflößen. Die Reichsmordkommission wurde hinzugerufen, und obwohl Sebastian nie aktiv an den Ermittlungen mitgewirkt hatte, erhielt er doch – zu Unrecht, wie Håkan feststellen musste – einen großen Teil der Anerkennung, als man den Mörder schließlich fasste.
    Aber das war noch nicht das Schlimmste. Schon immer hatten Menschen Fehler gemacht und waren wieder zurückgekehrt, hatten eine zweite Chance erhalten. Das Schlimmste war, dass Sebastian anschließend auch noch in einer Nachrichtensendung auftrat und kein gutes Haar an Håkan ließ. Er sagte, wer glaube, dass es sich bei einem solchen Verbrechen um einen kollektiven Selbstmord handele, müsse noch einmal die Schulbank drücken oder solle sich lieber mit anderen Themen beschäftigen. Kriminalpsychologie sei jedenfalls eindeutig nicht das richtige Fach für den Betreffenden. Er hatte Worte und Ausdrücke wiederholt, die Håkan verwendet hatte und die aus Sebastians Mund, vor dem Hintergrund der neuen Erkenntnisse, mit einem Mal vollkommen lächerlich und unangemessen erschienen.
    Ja, Menschen konnten sich rehabilitieren, nachdem sie einen Fehler begangen hatten. Aber nicht, wenn der unbestrittene Meister auf diesem Gebiet all ihre Glaubwürdigkeit zerstört und sie für immer als untauglich abgestempelt hatte. Håkan konnte froh sein, dass er anschließend überhaupt seinen Job in der Polizeiverwaltung behalten durfte. Er wusste, dass man seine Eignung für dieses Amt nach dem Fall in Sala in Frage gestellt hatte. Aber er war noch da, fernab von der Öffentlichkeit, von den großen Fällen und den komplizierten Ermittlungen. Jetzt kümmerte er sich um Personalfragen, Eignungstests, Traumabehandlung und Evaluationen für Beförderungen und Weiterbildungsmaßnahmen. Er saß, wo er saß. Seit dreizehn Jahren. Erledigte dieselben Aufgaben, im selben Büro, ganz ohne Rampenlicht und mit einem kleinen Gehalt. Weit entfernt von dem Erfolg des Mannes, der sich gerade ungebeten ihm gegenüber auf seinem Stuhl niedergelassen hatte.
    «Was willst du?», fragte Håkan noch einmal, diesmal neutraler, mit sichererer Stimme.
    «Ich möchte dich um einen Gefallen bitten», sagte Sebastian mit einer Selbstverständlichkeit, als wollte er sich von seinem Gegenüber einen Kugelschreiber ausleihen.
    Håkan war erneut verblüfft. «Warum sollte ich dir einen Gefallen tun?», fragte er, auch wenn er insgeheim das Gefühl hatte, er hätte sich besser nur nach der Art des Gefallens erkundigt.
    «Weil du eine verdammt gute Verhandlungsbasis hast», entgegnete Sebastian und sah Håkan gelassen an.
    «Wie meinst du das?», fragte Håkan, noch immer auf der Hut. Soweit er sich erinnerte, profitierten nur die wenigsten Menschen von einer Kooperation mit Sebastian Bergman. Vielleicht sogar niemand.
    «Ich meine, ich will, dass du mir bei etwas hilfst und dass du im Prinzip selbst entscheiden kannst, was du im Gegenzug dafür haben willst.»
    Auf Sebastians Gesicht lag noch immer dieser ehrliche, offene Ausdruck. Håkan ließ sich die Sache blitzschnell durch den Kopf gehen. Sebastian mochte ihn umgekehrt genauso wenig. Und er hatte ihn noch nie besucht.
    Die Abneigung war gegenseitig. Und

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