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Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Titel: Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Hans Rosenfeldt
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nicht so erwachsen, wie er es sich erhofft hatte.
    «Wir versuchen nur herauszufinden, was meinem Vater und Said zugestoßen ist», sagte er.
    «Das verstehen wir», erwiderte Memel nach einer Weile. «Aber wir machen uns Sorgen. Andere Menschen kommen zu uns und fragen sich, ob deine Mutter wirklich weiß, worauf sie sich da einlässt.»
    «Es tut mir leid, dass andere Menschen sich daran stoßen. Aber es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Wir wissen, was wir tun.»
    Memel seufzte leise, Mehrans Antwort gefiel ihm nicht. Glaubte der Junge wirklich, er käme so einfach davon? Memel beugte sich ein wenig zu ihm hin.
    «Mehran, ein schwedischer Mann läuft hier einfach so herum. Ist er verheiratet? Oder ledig? Mit welchen Frauen trifft er sich? Was hat er vor?»
    «Er will einfach nur herausfinden, was passiert ist. Er ist Journalist. Ich bin bei allen Treffen mit ihm dabei.»
    «Ist das wirklich so? Wir haben da etwas anderes gehört.»
    Memel bedachte den Jungen und seine Mutter mit einem eiskalten Blick. Shibeka richtete sich auf. Ihr Mund wurde schmal, wie immer, wenn sie allmählich wütend wurde. Sie kämpfte wirklich darum, ruhig zu bleiben, das sah Mehran. Er nickte ihr zu und richtete sich wieder an Memel und die Männer auf dem Sofa. Seine Stimme war jetzt fester, als gewöhnte er sich mit jedem Wort und jedem weiteren Satz an seine neue Rolle.
    «Meine Mutter hat großen Respekt vor mir und meinem Vater. Sie würde nie etwas ohne mein Wissen tun. Wenn ihr Grund habt, auf jemanden wütend zu sein, dann auf mich.»
    Es wurde erneut still. Mehran sah, dass Memel noch immer zweifelte.
    «Wie auch immer, die Sache gefällt mir nicht, Mehran. So etwas liegt uns nicht, und das weißt du auch.»
    «Und was liegt euch dann?», fuhr Shibeka dazwischen. All die Gefühle, die sie zu unterdrücken versucht hatte, brachen aus ihr heraus. «Dazusitzen? Nichts zu unternehmen? Einfach zu schweigen?»
    «Ausgerechnet du brauchst diese Frage doch gar nicht zu stellen, du kennst die Antwort!»
    Mehran spürte, wie ihm die Situation entglitt. Wenn er etwas wusste, dann, dass man Memel nicht provozieren sollte. Er war kein Mensch, den man gern zum Feind hatte. Mehran begriff, dass er seine Stellung innerhalb der Familie behaupten und die Ordnung wiederherstellen musste. Er wandte sich seiner Mutter zu und fauchte sie an: «Sei jetzt still! Du hältst den Mund.»
    Noch vor einer Sekunde hatte er gedacht, Shibeka würde vor ihm an die Decke gehen. Ihre Augen funkelten schwarz, und sie war nur einen Atemzug davon entfernt, auch auf ihn loszugehen. Aber dann bekam sie sich doch wieder unter Kontrolle. Sie atmete aus, senkte den Blick und fiel in sich zusammen. Mehran genoss das Gefühl, dass sie sich ihm beugte, aber gleichzeitig hasste er es auch. Er wandte sich wieder an Memel und versuchte, möglichst bedauernd auszusehen.
    «Meine Mutter meint es nicht böse. Sie trauert nur. Die letzten Jahre waren sehr schwer für sie. Bitte verzeiht uns.»
    Memel wirkte zunächst zögerlich, doch dann schien er die Entschuldigung anzunehmen. «Es waren für viele von uns schwere Jahre. Aber wir müssen zusammenhalten. Das tun, was richtig ist. Das wollen wir euch doch nur sagen. Verstehst du mich, Mehran?»
    Mehran nickte aufrichtig. «Ja, ich verstehe.»
    «Wenn du das wirklich begreifst, hört ihr jetzt mit diesen Dingen auf. Melika möchte da nicht mit hineingezogen werden, und auch sonst keiner von uns. Ihr könnt nicht immer nur an euch denken, ihr müsst an uns alle denken.»
    Mit diesen Worten erhob er sich aus seinem Sessel. Die anderen Männer standen ebenfalls wie auf Kommando auf. Mehran tat es ihnen gleich. Memel ging einen Schritt auf ihn zu und sah ihm tief in die Augen. Sein Blick war liebevoll und warnend zugleich.
    «Mehran. Dein Vater lebt in dir weiter. Das habe ich heute gesehen. Zeige es mir. Tue das Richtige.»
    Dann klopfte er ihm beinahe kameradschaftlich auf die Schulter.
    «Das verspreche ich dir, Memel. Ich werde dich nicht enttäuschen.»
    Memel lächelte ihn an. «Gut. Dann reden wir nicht weiter davon. Bitte entschuldigt die Störung.»
    Anschließend verschwanden sie genauso schnell, wie sie gekommen waren. Keiner von ihnen warf auch nur einen Blick auf Shibeka, die noch immer auf dem Schemel im Wohnzimmer saß, den Blick auf den Boden gerichtet. Es war, als gäbe es sie nicht mehr.
    Für Mehran allerdings schon. Er legte seine Hand auf ihre Schulter.
    «Alles wird gut, Mama. Am Ende.»
    Er wusste nicht

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