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Die Toten im Schnee: Kriminalroman (German Edition)

Die Toten im Schnee: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Toten im Schnee: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuliano Pasini
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versteht, ob es sich um eine witzige Bemerkung handelt oder nicht. »Es gibt nur noch einen einzigen anderen Zugang zu dieser Wiese«, fährt er fort. »Eine kleine, unbefestigte Straße, die mit einem Fahrzeug mittlerer Größe befahren werden kann, allerdings nur mit größter Vorsicht. Der gefrorene Boden und dieser scheiß Nebel haben mir nicht gerade geholfen, aber ich habe Reifenspuren gefunden. Wir haben ein paar Abdrücke genommen, ich wette, dass sie alle nur zu einem Fahrzeug gehören, das hin und zurückgefahren ist. Und ich wette auch, dass dieses Fahrzeug weiß ist und höher als zwei Meter. Es hat mit dem oberen Teil der Karosserie einen vorstehenden Ast gestreift.«
    »Diese kleine Straße führt zu Berto Guerzonis Haus«, erklärt Manzini leise. »Aber er hat kein Auto, nur den kleinen Traktor, der am Prà grand war.«
    Sernagiotto schüttelt den Kopf und steht auf. »Es gibt mehrere Spuren eines landwirtschaftlichen Fahrzeugs. Ganz sicher gibt es noch andere, die nicht von ihm stammen. Ich kann so etwas unterscheiden, Agente. Und ich habe keine Ahnung, wer dieser Guerzoni sein soll.«
    »Der Bauer, der die Leichen entdeckt hat. Manzini hat seine Aussage aufgenommen«, mischt Roberto sich ein.
    »Also sind wir da von allen Seiten abgesichert. Die Leichen sind im Moment in der Gerichtsmedizin in Bologna. Ein Freund aus der Pathologie hat mir versprochen, dass die Autopsie gleich morgen durchgeführt wird. Wir werden nach biologischen Spuren aller Arten suchen. Wir haben Steine, Äste, sogar Grasproben genommen. Wenn ich eine Prognose stellen darf, dann würde ich allerdings sagen, dass dabei nichts herauskommen wird. Ich würde ja zu gern einen DNA -Test durchführen lassen, wie es unsere Kollegen in den USA machen. Der würde uns sofort erlauben festzustellen, ob das Mädchen die Tochter der anderen beiden Toten ist. Aber leider braucht so etwas in Italien, fünf Jahre vor dem einundzwanzigsten Jahrhundert, eine Ewigkeit. Wir leben in der Steinzeit.« Sernagiotto macht eine vielsagende verärgerte Handbewegung. »Ich bin fertig. Bevor ich mich jetzt meiner Nikotinsucht hingebe, sag mir noch, was du geschlussfolgert hast, du Analysegenie.«
    »Drei Dinge«, antwortet Roberto mit einer Sicherheit, die ihn selbst am meisten verblüfft. »Vor allem eines: Die Identität der Opfer ist von fundamentaler Bedeutung, weil der Mörder ihnen die Papiere abgenommen hat. Und auch wenn er das alles gemacht hat, ohne Spuren zu hinterlassen, ist er doch kein Profi, sonst hätte er die Trauringe nicht vergessen. Zweitens: Am Monte della Libertà waren zusätzlich zu den Wagen der Polizei noch zwei weitere Fahrzeuge: ein grüner Militärjeep und ein schwarzer, nicht zu vergessen der orangefarbene Traktor. Ein rotes Auto habe ich auch getroffen. Aber kein weißes Fahrzeug. Drittens: Bernini hat recht. Ohne mich würdest du nicht mal eine Spinne aus einem Loch kriegen.«
    »Ach, ihr könnt mich doch mal!«, ruft Sernagiotto aus. In zwei langen Schritten ist er an der Tür. »Ich kehre in die Zivilisation zurück. Aber vorher rede ich noch ein Wörtchen mit den Journalisten.«
    »Journalisten? Hast du die informiert?«
    Sernagiotto breitet die Arme aus, dann winkelt er einen an, um auf eine protzige goldene Uhr zu sehen. Er setzt eine Miene gespielter Unschuld auf. »Die Nachrichten fliegen.«

14
    U m fünf Uhr nachmittags ist bereits die Dunkelheit hereingebrochen. Nebel liegt über dem Platz. Die kleinen schmiedeeisernen Laternen an den vier Ecken geben ein gelbliches Licht ab, das die wenigen Lichterketten mit Sternen und Kometen verzieren.
    Der Raum scheint sogar noch enger, vollgestopft mit Journalisten, die Sernagiotto umringen und ihm mit Mikrofonen und Fernsehkameras auf den Leib rücken. Vor der Osteria verfolgen viele Neugierige atemlos die Szene.
    »Eins, zwei, drei, vier … fünf Fernsehsender«, zählt Manzini hinter der Scheibe eines der großen Fenster des Wohnraums im ersten Stock. »Sogar die RAI ist da, jetzt wird landesweit über die Sache berichtet werden.« Er lenkt Robertos Aufmerksamkeit auf einen Mann, der hektisch mitschreibt. »Sieh nur, wie Bondi sich reinhängt. Diese Tragödie ist die Chance seines Lebens.«
    »Mit dem müssen wir mal ein Wörtchen reden«, meint Roberto. »Der darf die Fotos, die er gemacht hat, auf keinen Fall veröffentlichen.« Wieder hat er das misshandelte Gesicht des Mädchens vor Augen. Fühlt die freudige Aufregung, die es empfand, vor dem Fest. Zumindest das muss

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