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Die toten Mädchen von Villette

Die toten Mädchen von Villette

Titel: Die toten Mädchen von Villette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Hedström
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das du, glaube ich, hören solltest.
    Martine winkte die ältere Frau dankbar in den Raum. Die Konfrontationen mit Yves Deshayes und Brigitte Onckelinx hatten ihr den Appetit verschlagen, und sie hatte nichts zu Mittag gegessen. Es brauchte einen reellen Fortschritt in der Untersuchung, damit sie jetzt nicht deprimiert wurde.
    Alice ließ sich auf ihrem Verhörstuhl nieder und reichte ihr einen Zettel mit einer Telefonnummer in Paris hinüber.
    – Du hast wohl ein Telefon mit Lautsprecher hier? sagte sie. Ich habe mit einem meiner alten Lehrer, Pierre Montanard in Paris, geredet, ich habe ihn heute morgen zu Hause angerufen. Er ist jetzt Professor emeritus, etwas über siebzig, aber er hat sich seit den fünfziger Jahren mit Gerichtsmedizin beschäftigt und hat ein phantastisches Gedächtnis. Er hat immer noch ein Arbeitszimmer an der Universität, ich habe das Obduktionsprotokoll und die Bilder dorthin gefaxt, und er wollte hingehen und es sich ansehen. Er dürfte jetzt da sein.
    Martine wählte die Pariser Nummer und drückte auf den Lautsprecherknopf des Telefons.
    – Pierre Montanard, sagte eine Stimme, die dünn und heiser, aber dennoch respekteinflößend klang, die Stimme eines alten Mannes, der sein Leben lang viel zu viele Zigaretten geraucht hat.
    – Guten Tag, Pierre, sagte Alice Verhoeven, jetzt sitze ich hier im Justizpalast in Villette zusammen mit unserer Untersuchungsrichterin Madame Poirot. Haben Sie mein Fax bekommen?
    – Das habe ich, Alice, sagte er, und ja, wie ich gedacht habe, erinnern mich die Details des Falles stark an eine Geschichte, die sich im Juni 1984 in Fontainebleau ereignet hat. Alles stimmt, die Mordmethode, der Mageninhalt, die Art, wie die Tote arrangiert wurde. Ich habe die Gendarmerie angerufen, die mit der Untersuchung befaßt war, und es hat sich gezeigt, daß der Fall immer noch ungelöst ist.
    – Guten Tag, Professor Montanard, sagte Martine, ich bin Martine Poirot, Untersuchungsrichterin in Villette, und ich bin Ihnen sehr dankbar, daß Sie uns helfen wollen. Können Sie erzählen, woran Sie sich bei diesem Fall von 1984 erinnern?
    – Leider, Madame Poirot, sagte er, erinnere ich mich an nicht sehr viel. Ich hatte mit dem Fall nicht direkt zu tun, und ich glaube, Sie müssen sich mit denen in Verbindung setzen, die die Verantwortung für die Untersuchung hatten, wenn Sie mehr wissen wollen. Ich bin mit dem Fall in Kontakt gekommen, weil ich mich zufälligerweise genau zu diesem Zeitpunkt in Fontainebleau befand. Wie Sie vielleicht wissen, gibt es dort eine Polizeihochschule, und ich hatte dort in dieser Woche eine Reihe Vorlesungen. Die Obduktion des Mordopfers wurde von einer meiner Schülerinnen vorgenommen, kurz nach ihrem Examen, und als wir auf einem Korridor zufällig aneinander vorbeiliefen,nutzte sie die Gelegenheit, um mich um Rat zu fragen. Ich erinnere mich an das Foto, weil Catherine, meine Schülerin, noch kommentierte, wie raffiniert das Opfer arrangiert worden war.
    – Erinnern Sie sich an Einzelheiten über das Opfer und die Umstände um den Mord? fragte Martine gespannt.
    Es klang, als ob Pierre Montanard den Mund öffnete, um etwas zu sagen, aber statt dessen brach er in einen trockenen Hustenanfall aus, der das Plastikgehäuse des Telefons zum Vibrieren brachte.
    – Entschuldigen Sie, sagte er, als er fertiggehustet hatte, rauchen Sie, Madame Poirot? Wenn Sie es tun, rate ich Ihnen, sofort aufzuhören, so klingt man, wenn man sechzig Jahre lang geraucht hat. Nun, das Mädchen, das ermordet wurde, ich glaube, sie hieß Fabienne, war ein hübsches, liebes Mädchen, das im Touristenbüro von Fontainebleau gearbeitet hat. Sie ging am Mordtag nach der Arbeit aus und wurde nie mehr gesehen, bis man ihren toten Körper am Rand des Waldes von Fontainebleau, am Ufer des Kanals, fand. Es ging natürlich in diesen Tagen im Touristenbüro von Fontainebleau drunter und drüber, denn da war ein großes europäisches Gipfeltreffen mit François Mitterand und Margaret Thatcher und Helmut Kohl und allen möglichen großen Namen und ihrem ganzen begleitenden Gefolge.
    Martine setzte sich auf dem Stuhl kerzengerade auf. Etwas bewegte sich in ihrem Hinterkopf. Sie hatte das Gefühl, daß Pierre Montanard gerade etwas gesagt hatte, das für die Untersuchung entscheidende Bedeutung haben würde.
    – Vielen Dank, Pierre, sagte Alice, mit wem sollen wir uns in Verbindung setzen, um mehr über die Untersuchung des Mordes an Fabienne zu erfahren?
    Er las langsam und

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