Die Toten schweigen nicht: Thriller (German Edition)
weiß, was jetzt kommt, bevor ich es höre. Dieser eine Satz. Mein Satz. Und die Stelle ist perfekt.
Ich habe immer noch ein paar Freunde bei der Polizei. Sie versuchen mir zu helfen, so gut es geht.
»Das ist Schwachsinn, Carl.«
»Glaubst du, ich weiß das nicht? Horwell ist der klassische Fall: Sie hat eine vielversprechende Karriere an die Wand gefahren und greift jetzt nach dem letzten Strohhalm, um wieder Oberwasser zu gewinnen. Aber du hast einen Fehler gemacht, Tate. Und es spielt keine Rolle, was du gesagt hast, Mann, es sieht definitiv so aus, als ob du schuldig wärst, wie du da blutverschmiert aus deinem Wagen steigst – du wirkst wie ein Freak. Kannst du dir vorstellen, wie tief du jetzt in der Scheiße stecken würdest, wenn du noch ein Cop wärst?«
Ich spüre Wut in mir aufsteigen. »Ich weiß, ich weiß«, sage ich, denn ich habe keinen Grund, auf Carl wütend zu sein. Ich habe es selbst verbockt. »Aber was hätte ich denn tun sollen? Hätte ich einfach vorbeifahren und gar nicht mehr nach Hause gehen sollen?«
Er begleitet mich zurück zum Aufzug. »Genau das hättest du tun können. Aber hast du überhaupt daran gedacht?«
»Ist das immer noch dein Fall?«, frage ich.
»Landry übernimmt ab jetzt. Ich bin immer noch am Schlächter dran.«
»Hat er die Frau aus dem See identifiziert?«
»Ja. Es handelt sich um eine ältere Frau, die letzte Woche beerdigt wurde.«
»Und der Sarg? Nachdem ihr sie identifiziert habt, habt ihr doch sicher den entsprechenden Sarg ausgegraben? Was war in dem Sarg?«
»Warum hab ich das Gefühl, dass du die Antwort bereits kennst?«
»Bruce Alderman hat so eine Bemerkung gemacht.«
»Ein Mädchen, das seit sechs Tagen vermisst wird.«
»Wie heißt sie?«
»Ihr Name ist … halt, Moment mal. Du arbeitest hier nicht mehr, oder?«
»Und in Henry Martins’ Sarg lag ebenfalls ein Mädchen, richtig?«
Er nickt. »Du weißt das alles bereits, Tate. Hör auf, so zu tun, als würdest du nur spekulieren.«
»Habt ihr sie schon identifiziert?«
»Fast. Wir nehmen, was wir über das Mädchen von letzter Woche wissen, und stellen dieselben Überlegungen an. Wir glauben, dass das Mädchen in Henry Martins’ Sarg etwa zum Zeitpunkt seiner Beerdigung verschwunden ist.«
»Klingt einleuchtend.«
»Ist aber noch nicht bestätigt.«
»Und die anderen zwei?«
»Die anderen zwei werden verdammt schwer zu identifizieren sein, schließlich können wir nicht einfach anfangen, irgendwelche Särge auszubuddeln.«
Als sich die Türen des Fahrstuhls öffnen, bleibe ich einfach stehen.
»Wir hätten das vielleicht verhindern können«, sage ich zu ihm.
»Was?«
»Vor zwei Jahren. Vergessen?«
Ohne den Kopf zu bewegen und mit ausdruckslosem Gesicht starrt er mich einen Moment lang an, dann fängt er langsam an zu nicken. »Ich weiß«, sagt er.
»Ihr werdet weitere Mädchen finden.«
Er sagt nichts. Denn auch das weiß er bereits.
»Wir hätten das vielleicht verhindern können«, wiederhole ich.
Schroder starrt mich unverwandt an, bis sich die Aufzugtüren geschlossen haben.
Statt ins Büro zu fahren, mache ich einen Umweg übers Leichenschauhaus. Wenn Tracey bemerkt hätte, dass ich den Ring gestohlen habe, hätte sie wahrscheinlich inzwischen angerufen.
Sie steckt bis zum Hals in Arbeit und scheint nicht gerade begeistert, mich zu sehen. Das Gleiche gilt für Sheldon West, den Gerichtsmediziner, mit dem ich auf dem Friedhof gesprochen habe. Doch Tracey ist bereit, mir einen Gefallen zu tun, nachdem ich ihr erklärt habe, dass es für sie schneller geht, wenn sie mir hilft, da ich sonst für die nächsten zwei Stunden hier herumlungern und sie immer wieder mit denselben Fragen löchern werde.
»Du bist eine ganz schöne Nervensäge«, sagt sie.
»Du musst nur mehr Zeit mit mir verbringen, das ist alles. Mich etwas besser kennenlernen.«
»Weniger Zeit, Theo. Und nur deswegen werde ich dir jetzt was zeigen. Ach übrigens, saubere Arbeit gestern Nacht. Du solltest dich um einen Job beim Fernsehen bewerben.«
»Wirklich komisch.«
Sie zieht Rachel Tyler aus einem riesigen, metallenen Schubfach und beginnt mit ihren Ausführungen, als wäre sie der Tod, der einem künftigen Kunden eine attraktive Todesart präsentiert.
»Es ist schwer, die genaue Todeszeit festzustellen, aber sie liegt etwa zwei Jahre zurück«, sagt sie, »was mit Henry Martins’ Beerdigung zusammenfällt. Ich hätte eigentlich angenommen, dass sie gleich an seiner statt beigesetzt wurde,
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